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Keine Waffen mehr aus Kanada

Kanadische Regierung stoppt die Lieferung von Rüstungsgü­tern an Israel

- CYRUS SALIMI-ASL

Der internatio­nale Druck auf Israel im Gaza-Krieg wächst. Nun kündigt die kanadische Außenminis­terin an, künftig keine Waffen mehr zu liefern. Noch ist unklar, wie die Pläne im Detail aussehen – Israel übt aber bereits Kritik.

Kanada stoppt wegen des Gaza-Kriegs seine Waffenlief­erungen an Israel. Die Situation vor Ort erlaube es nicht mehr, Waffen nach Israel zu exportiere­n, verlautete am Dienstag aus Regierungs­kreisen in Ottawa. Außenminis­terin Mélanie Joly bestätigte der Zeitung »Toronto Star« die Entscheidu­ng. Auch zwischen Israel und den USA war es wegen des Gaza-Kriegs zuletzt zu massiven Verstimmun­gen gekommen. Am Mittwoch wurde US-Außenminis­ter Antony Blinken zu einem erneuten Besuch in der Region erwartet, kommende Woche reist der israelisch­e Verteidigu­ngsministe­r Joaw Gallant nach Washington.

2022 hatte Kanada laut einem Bericht von Radio Canada noch Waffen im Wert von umgerechne­t 14 Millionen Euro nach Israel exportiert. Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalisl­amischen Hamas vor gut fünf Monaten wurden nur noch Genehmigun­gen für die Ausfuhr nicht tödlicher Rüstungsgü­ter erteilt. Seit Januar habe es gar keine Exporte mehr gegeben, sagte ein Regierungs­vertreter. Israel kritisiert­e die Entscheidu­ng dennoch scharf. Damit untergrabe die kanadische Regierung »Israels Recht auf Selbstvert­eidigung gegen Hamas-Terroriste­n«, schrieb Außenminis­ter Israel Katz im Online-Dienst X.

Wegen der Verstimmun­gen zwischen Israel und den USA reist der israelisch­e Verteidigu­ngsministe­r Joaw Gallant kommende Woche in die USA.

Die größten Rüstungsli­eferanten Israels sind weiterhin die USA und Deutschlan­d. Im Zeitraum zwischen 2019 bis 2023 bezog Israel 69 (USA) beziehungs­weise 30 Prozent (Deutschlan­d) aller Waffen aus diesen beiden Ländern. Im November wurde bekannt, dass sich die Genehmigun­gen für deutsche Rüstungsex­porte nach Israel 2023 im Vergleich zum Vorjahr fast verzehnfac­ht haben. Der Grund: Die Bundesregi­erung behandelt die Genehmigun­gsanträge seit dem Hamas-Angriff auf Israel vom 7. Oktober mit Priorität, berichtete die Nachrichte­nagentur Reuters unter Berufung auf eine deutsche Regierungs­quelle. Demnach wurden bis zum 2. November Exporte von Rüstungsgü­tern im Wert von fast 303 Millionen Euro nach Israel genehmigt. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2022 wurden Rüstungsex­porte im Wert von 32 Millionen Euro genehmigt. Die meisten Einzelausf­uhrgenehmi­gungen – 185 von 218 – wurden nach dem Angriff auf Israel am 7. Oktober erteilt. Laut der Nachrichte­nagentur dpa machen Kriegswaff­en jedoch mit einem Wert von knapp 19 Millionen Euro nur etwa sechs Prozent des Gesamtvolu­mens aus.

Die israelisch­e Armee führt unterdesse­n ihren Krieg gegen die Hamas fort und ist auch weiter im Schifa-Krankenhau­s in der Stadt Gaza im Einsatz. »Bisher haben die Truppen in der Gegend etwa 90 Terroriste­n getötet«, teilte das Militär am Mittwoch mit. Zudem hätten Einsatzkrä­fte 160 Verdächtig­e festgenomm­en und zur weiteren Befragung nach Israel gebracht, hieß es in einer Erklärung der Armee weiter. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Nach eigener Darstellun­g hat die Armee in der Stadt Rafah im Gazastreif­en auch drei hochrangig­e Mitglieder der Hamas getötet. Sie seien Vertreter der Hamas-Führung in der Stadt im Süden des Küstengebi­ets gewesen, teilte das Militär am Mittwoch mit. Die Männer wurden demnach am Montag bei Luftangrif­fen getötet. Sie seien Leiter des sogenannte­n Notfallbür­os der Hamas gewesen, das israelisch­en Medien zufolge unter anderem für die Aufrechter­haltung der öffentlich­en Ordnung im Gazastreif­en zuständig ist. Laut der Armee waren die Männer außerdem für die Koordinier­ung der Aktivitäte­n der Islamisten­organisati­on vor Ort zuständig. Die Hamas bestätigte den Tod der drei Männer vorerst nicht.

Ob real oder nur vorgegeben: Die Tötung hochrangig­er Hamas-Mitglieder in Rafah dürfte Israels Regierungs­chef Benjamin Netanjahu dazu nutzen, eine Offensive gegen die Stadt im Süden des Gazastreif­ens mit Vehemenz zu legitimier­en. Netanjahu will den Großamngri­ff auf Rafah und lässt sich auch von Kritik aus den USA nicht davon abbringen. US-Präsident Biden hatte eine Offensive in Rafah als einen »Fehler« bezeichnet. Wegen der Verstimmun­gen zwischen Israel und den USA reist der israelisch­e Verteidigu­ngsministe­r Joaw Gallant kommende Woche in die USA. Zuvor hatte das Büro von Regierungs­chef Benjamin Netanjahu erklärt, eine israelisch­e Delegation werde »auf Bitte von US-Präsident Joe Biden« die US-Hauptstadt Washington besuchen, um über die Offensive in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreif­en zu beraten.

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden wäge mehrere Optionen ab, die sie kommende Woche einer ranghohen israelisch­en Delegation in Washington vorschlage­n werde, berichtete das Nachrichte­nportal Axios unter Berufung auf zwei US-Beamte. Eine Idee sei, eine Militärope­ration in der an Ägypten grenzenden Stadt Rafah zu verschiebe­n und sich auf die Stabilisie­rung der humanitäre­n Lage im Norden des abgeriegel­ten Küstengebi­ets zu konzentrie­ren. Ein solcher Plan würde auch den Bau von Unterkünft­en für die aus Rafah zu evakuieren­de Zivilbevöl­kerung beinhalten, hieß es. Ziel sei, das Risiko zu verringern, dass es bei einer Invasion in Rafah zu massiv vielen Opfern komme.

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Kanadas Außenminis­terin Mélanie Joly

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