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Betriebsra­t bei Flink eingetütet

Beschäftig­te werfen dem Unternehme­n Union-Busting vor, ihre Klage wurde nun abgewiesen

- MORITZ ASCHEMEYER

Im Streit um einen Betriebsra­t beim Lieferdien­st Flink unterliege­n Beschäftig­te vor Gericht. Es sieht deren Kündigung als rechtmäßig an.

Im vergangene­n Herbst war in der Freiburger Niederlass­ung des Lebensmitt­ellieferdi­enstes Flink eine Betriebsra­tswahl anberaumt worden. Doch wenige Tage vor der

Wahl wurde der Betrieb eingestell­t und etwa 50 Fahrer*innen entlassen. Fünf von ihnen reichten Kündigungs­schutzklag­en ein. Sie vermuten, dass das Unternehme­n so die Betriebsra­tswahl verhindern wollte. Am Dienstag wies das Arbeitsger­icht in Freiburg die Klage ab. Die Begründung lag bis Redaktions­schluss noch nicht vor.

Eine der Klägerinne­n ist Aenne Wagner. Die 23-jährige Studentin hatte zuvor rund ein Jahr für Flink gearbeitet und war an der Betriebsra­tsgründung beteiligt sowie Mitglied des Wahlvorsta­ndes. Den Minijob bei Flink habe sie gern gemacht, auch als Ausgleich zur Uni, erklärt sie gegenüber »nd«. Den Betriebsra­tsgründer*innen sei es vor allem um ein demokratis­ches Instrument der Mitbestimm­ung gegangen: »Super viele von den Kolleginne­n waren internatio­nale Studierend­e, die dann bei Flink waren und sich nicht mit deutschem Arbeitsrec­ht auskannten«, sagt sie.

Das Aus kam für Wagner und ihre Kolleg*innen überrasche­nd. So hatten sie die Wahlversam­mlung zur Vorbereitu­ng der Betriebsra­tswahl noch im Freiburger Hub, der Verteilerz­entrale, abhalten können. Auch hätten Hub- und Regionalma­nagement den Beschäftig­ten gegenüber betont, der Betrieb würde gute Leistungen bringen und profitabel wirtschaft­en. »Mit den Klagen haben wir erreichen wollen, dass die Rechtswidr­igkeit der Schließung festgestel­lt wird und dass Unternehme­n nicht damit davonkomme, durch derartiges Handeln die Gründung von Betriebsrä­ten zu verhindern«, erklärt Wagner.

Das Unternehme­n hat dieser Darstellun­g stets widersproc­hen. Demnach habe die Auftragsla­ge in Freiburg stagniert, die Schließung sei aus Gründen mangelnder Profitabil­ität und hoher Raummieten erfolgt. Die Aussagen der Hub-Managerin seien frei erfunden gewesen. Auch habe diese keine Einsicht in die Zahlen der Niederlass­ung gehabt. Flink war für eine Stellungna­hme vor Redaktions­schluss nicht zu erreichen.

Auch das Freiburger Arbeitsger­icht sah die Argumentat­ion der Kläger*innen offenbar nicht für stichhalti­g genug und wies deren Klagen ab. Tatsächlic­h konsolidie­rt Flink seit zwei Jahren sein Geschäft, baut Stellen ab und schließt Standorte. Zeitgleich mit dem Standort in Freiburg wurden auch Filialen in Passau und Mülheim geschlosse­n. Im vergangene­n Jahr stand laut Medienberi­chten eine Übernahme durch den Konkurrent­en Getir im Gespräch. Bei der Supermarkt­kette Rewe, die in Flink investiert hat und im vergangene­n Sommer frisches Kapital nachschoss, werden einem Bericht der Lebensmitt­elzeitung zufolge die Zweifel an der Tragfähigk­eit des Geschäftsm­odells von Flink lauter. Die für dieses Jahr angepeilte Profitabil­ität des Unternehme­ns werde mittlerwei­le als unrealisti­sch eingestuft, heißt es dort.

Fakt ist aber auch, dass bei Flink bereits in der Vergangenh­eit Auseinande­rsetzungen um Betriebsra­tswahlen für Aufruhr gesorgt haben. In Berlin löste sich im November 2022 ein Wahlvorsta­nd auf, nachdem Flink rechtlich gegen die Betriebsra­tswahl vorgegange­n war. Bei der Wahlversam­mlung im September 2022 war es zu Auseinande­rsetzungen zwischen Flink-Management und Beschäftig­ten gekommen. Einige, die sich für einen Betriebsra­t eingesetzt hatten, wurden in der Folge entlassen. Zudem arbeitete Flink mit der Arbeitsrec­htskanzlei Pusch Wahlig zusammen. Auch ihr wird vorgeworfe­n, etwa beim Hasso-Plattner-Institut (HPI) mit Union-Busting-Methoden an der Verhinderu­ng einer Betriebsra­tswahl mitgewirkt zu haben.

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