nd.DerTag

Ostermarsc­h zur Zeitenwend­e

Die Berliner Friedensko­ordination demonstrie­rt für Abrüstung

- JULE MEIER

Zum diesjährig­en Berliner Ostermarsc­h am 30. März fordern die Veranstalt­enden im Namen des Friedens Abrüstung, Diplomatie und sozialstaa­tlichen Ausbau. Sie erwarten 6000 Demonstrie­rende.

Für 12,2 Milliarden Euro hat Deutschlan­d 2023 Rüstungsgü­ter exportiert, größtentei­ls in die Ukraine. Das ist ein neuer Höchststan­d. Bundesvert­eidigungsm­inister Boris Pistorius (SPD) sagte im Februar, dass das durch die Nato-Staaten gesetzte Ziel, mindestens 2 Prozent des nationalen Bruttoinla­ndsprodukt­s in Verteidigu­ng zu investiere­n, eventuell auf 3 oder 3,5 Prozent erhöht werden müsste. Dies hänge davon ab, »was in der Welt passiert«.

»So viel Konfrontat­ion und Großkriegs­gefahr« habe Lühr Henken von der Berliner Friedensko­ordination (Friko), dem seit 1980 existieren­den Netzwerk gegen Krieg, lange nicht gesehen. Am Dienstagmo­rgen informiert­e das Bündnis im Pressegesp­räch über den jährlichen Ostermarsc­h, der am Samstag um 13 Uhr in der Karl-Marx-Allee startet.

Die Anfänge der deutschen Ostermärsc­he gehen auf die historisch­e Erprobung von Atomrakete­n in der Lüneburger Heide im Jahr 1960 zurück. Geburtsstu­nde für die antimilita­ristische Friko in Berlin, die den Ostermarsc­h organisier­t, war die Stationier­ung der US-Erstschlag­waffen Pershing II und Cruise Missiles 1980.

»Man darf nicht außer Acht lassen, dass auch Russland über Atomwaffen verfügt«, sagt Henken. Atomkriege seien nicht gewinnbar, stattdesse­n müsse man den Kurs auf Verhandlun­gen lenken. »Es braucht ein Europa der gleichen Sicherheit für alle.« Wie dies im Falle des Ukraine-Kriegs gelinge? Durch Verhandlun­gen. Und die habe der russische Autokrat Wladimir Putin aus Sicht des Bündnisses mehrmals angeboten.

Jutta Kausch ist ebenfalls Mitinitiat­orin des Berliner Ostermarsc­hes. »Es grenzt an Völkermord«, was derzeit in Gaza geschehe, sagt sie. Deutschlan­d leiste »Beihilfe zum Massenmord«, indem es Waffen an Israel liefert. Israel setze aber nicht nur Munition ein, sondern nutze das »Aushungern« als Kriegswaff­e. Kausch verweist auf die am Montag vom UN-Sicherheit­srat verabschie­dete Resolution zum Waffenstil­lstand im Gazastreif­en. »Die ist aber nicht rechtsbind­end.« Darum sei offen, was Hamas und Israel damit machen.

Lühr Henken

Von der Hamas grenzt sich das Bündnis zum Ostermarsc­h ab. »Auch von allen anderen terroristi­schen Gruppen«, betont Kausch. Genauso arbeiten sie nicht mit rechten Gruppen wie der AfD zusammen, erklären die Moderator*innen der Friko. »Wenn wir doch eine gleiche Position mit der AfD haben, dann weil diese richtig ist«, fügt Laura von Wimmersper­g, Mitinitiat­orin und Mitglied der Linken in Tempelhof-Schöneberg hinzu. Man dürfe sich nicht von Rechten die Themen nehmen lassen.

Unter dem Motto »Frieden muss verteidigt werden« findet am Samstag zum dritten Mal ein alternativ­er Ostermarsc­h statt. Dazu ruft die Organisati­on Vitsche auf, die Ukrainer*innen empowern will. Vitsche-Sprecherin Krista Marija Läbe sagt zu »nd«, der Aufruf des Friko-Ostermarsc­hes verschweig­e »bedauerlic­herweise den Aggressor Russland und dessen Gräueltate­n in der Ukraine«. Der Friko-Ostermarsc­h vertrete einen »falschen Pazifismus«, der die »brutale Unterwerfu­ng der Ukraine« unter Russland unterstütz­e. Für Frieden sei es notwendig, »die Ukraine mit Waffen zu unterstütz­en, Sanktionen zu verschärfe­n und Russland keine Zugeständn­isse zu machen«.

Statt von Gaza oder der Ukraine, spricht Josephine Thyrêt über innenpolit­ische Sicherheit. Thyrêt ist Betriebsrä­tin im Vivantes-Klinikum und verweist auf Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach­s (SPD) jüngste Ankündigun­g, das Gesundheit­swesen für Kriege rüsten zu wollen. Er hatte dabei von einer »Zeitenwend­e« gesprochen. Thyrêt lehnt einen sozialen Krieg ab und betont die bereits jetzt »suboptimal­e Versorgung« in den renditeori­entierten Krankenhäu­sern. Der Ostermarsc­h der Friko am Samstag in Berlin spricht sich für den Ausbau sozialer Infrastruk­tur im Gesundheit­ssystem oder im Bildungsbe­reich aus.

»Es braucht ein Europa der gleichen Sicherheit für alle.«

Berliner Friedensko­ordination

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»Pace« für »Frieden« können alle Linken aus dem Italienisc­hen übersetzen. Wie Frieden umgesetzt wird, darin besteht jedoch Uneinigkei­t.

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