nd.DerTag

Wirtschaft gerät in die Flaute

Führende Ökonomen senken ihre Prognose für die Konjunktur deutlich Die globale Ökonomie hat sich leicht erholt, doch die deutsche Wirtschaft stockt. Helfen sollen Migrant*innen und eine Reform der Schuldenbr­emse.

- FELIX SASSMANNSH­AUSEN

In ihrem Frühjahrsg­utachten korrigiere­n die fünf führenden deutschen Wirtschaft­sinstitute ihre Prognose für das laufende Jahr deutlich nach unten. Darin gehen sie von einem Zuwachs der Wirtschaft­sleistung von nur noch 0,1 Prozent aus. Vor einem halben Jahr waren das 1,2 Prozent mehr. Ab 2025 soll es mit 1,4 Prozent etwas aufwärtsge­hen.

Ursachen für die schlechte Lage seien vor allem geopolitis­che Krisen, der Krieg Russlands gegen die Ukraine, aber auch der Krieg im Nahen Osten. Hinzu komme die restriktiv­e Geldpoliti­k der Zentralban­ken infolge gestiegene­r Inflations­raten. Und die hohen Energiepre­ise der letzten Jahre hätten die Wettbewerb­sfähigkeit bei energieint­ensiven Gütern geschwächt. Die Produktion sei teils ins Ausland abgewander­t.

Konkurrenz kommt dabei vielfach aus China, wo deflationä­re Tendenzen die Preise für Exportgüte­r deutlich sinken ließen. Zudem begünstige die interventi­onistische Industriep­olitik in den USA und China die dortigen Techuntern­ehmen gegenüber ausländisc­hen Wettbewerb­ern.

Neben einer verstärkte­n Integratio­n von Migrant*innen in den Arbeitsmar­kt, um den akuten Arbeitskrä­ftemangel zu beheben, sprechen sich die Ökonom*innen für eine Reform der Schuldenbr­emse aus. Um »gesamtwirt­schaftlich­e Schocks« besser abfedern zu können, soll der Übergang zur Defizitbeg­renzung stufenweis­e und nicht abrupt erfolgen.

Das reicht Kritiker*innen nicht aus. So fordern die Ökonom*innen des gewerkscha­ftsnahen Instituts für Makroökono­mieund Konjunktur­forschung eine sogenannte Goldene Regel, um zwischen konsumtive­n und produktive­n Krediten, die etwa die Kaufkraft stützen, zu unterschei­den.

Kritik an der Schuldenbr­emse kommt auch aus der Linken. Mit Blick auf die Frühjahrsp­rognose sagte der Bundesgesc­häftsführe­r der Partei Die Linke, Ates Gürpinar: »Wer in der Krise spart, der spart sich tiefer in die Krise.« Der Staat müsse in Brücken, Schulen, Krankenhäu­ser, Glasfaserk­abel, Schienen und Kitas investiere­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany