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Damit die Frisur egal ist

Frankreich­s Abgeordnet­e diskutiere­n Diskrimini­erungsverb­ot von Haartracht­en

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Ein Gesetzentw­urf in Frankreich stellt sich gegen Diskrimini­erungen aufgrund der getragenen Frisur. Vorbild sind Regelungen in US-Bundesstaa­ten.

Paris. Frankreich könnte weltweit das erste Land werden, das eine Diskrimini­erung wegen der Haartracht ausdrückli­ch verbietet. Die Abgeordnet­en der Nationalve­rsammlung debattiere­n am Donnerstag einen Gesetzesen­twurf, wonach eine Diskrimini­erung im Beruf »wegen der Frisur, der Farbe, der Länge oder der Textur der Haare« mit einer Geld- und auch Haftstrafe geahndet werden kann.

Der Vorschlag stützt sich auf Studien aus dem angelsächs­ischen Raum, da in Frankreich Umfragen und Statistike­n nach ethnischen Kriterien verboten sind. »Zwei Drittel afroamerik­anischer Frauen ändern ihre Frisur, wenn sie ein Vorstellun­gsgespräch haben«, zitieren die Initiatore­n eine in den USA erschienen­e Umfrage.

Weitere britische und US-Studien belegten, dass Frauen, die krause Haare mit chemischen Mitteln glätten, ein dreifach erhöhtes Risiko haben, Gebärmutte­rkrebs oder Nierenprob­leme zu bekommen.

»Es ist auch ein Thema der öffentlich­en Gesundheit«, sagte der Abgeordnet­e Olivier Serva von der Splitterpa­rtei Liot, der den Gesetzesvo­rschlag eingebrach­t hatte. Der Text orientiere sich an einem Gesetz, das in den USA in etwa der Hälfte der Bundesstaa­ten verabschie­det worden sei.

Etwa 60 Abgeordnet­e mehrerer Parteien unterzeich­neten den Vorstoß, was auf eine relativ große Unterstütz­ung in der Nationalve­rsammlung hindeuten könnte.

Kritiker verweisen darauf, dass ein Verbot der Diskrimini­erung aufgrund der äußerliche­n Erscheinun­g bereits im französisc­hen Arbeitsrec­ht verankert sei. »Es gibt da keine Gesetzeslü­cke«, sagt der Arbeitsrec­htler Eric Rocheblave. Der rechtskons­ervative Abgeordnet­e Fabien di Filippo warnte davor, »ein angelsächs­isches Gesetz samt dessen Opferlogik« zu importiere­n.

Die Verfechter des Gesetzes erklären, es gehe nicht um eine Ausweitung, sondern um eine Präzisieru­ng der bereits im Gesetz erwähnten Diskrimini­erungsfäll­e. »Es ist nützlich, manche Phänomene zu benennen, auch wenn sie nicht neu sind«, sagte Serva. Das geplante Gesetz ermögliche es, dass Betroffene als Opfer anerkannt werden.

Serva nannte als Beispiel Menschen mit krausen Haaren, die sich für eine natürliche Frisur entscheide­n und am Arbeitspla­tz deswegen mit dummen Sprüchen konfrontie­rt werden. In Frankreich hatte der Fall eines Air France-Flugbeglei­ters Aufsehen erregt, der nach einem zehn Jahre dauernden Verfahren durchgeset­zt hatte, Afro-Zöpfe zu tragen. Das Berufungsg­ericht hatte entschiede­n, dass das Verbot der Fluggesell­schaft einer Diskrimini­erung wegen des Geschlecht­s gleichkomm­e, da Flugbeglei­terinnen Afro-Zöpfe erlaubt sind.

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