Schluss mit den Kickbacks
Internet-Banken setzen auf ein spezielles Geschäftsmodell. Das ist nun in der EU verboten
Zeitweilig gab es einen wahren Hype um sogenannte Fin-Techs. Die neue EUFinanzmarktverordnung stellt das Geschäftsmodell von günstigen Onlinebrokern infrage.
Um Fin-Techs ist es in letzter Zeit merklich ruhiger geworden. Dabei sind die Start-ups, die irgendetwas mit Finanztechnologie zu tun haben, erstaunlich erfolgreich. Internetbanken wie N26 oder Bunq locken mit Zinsen auf Girokonten vor allem junge Kundschaft millionenfach an und werden meist per Handy genutzt. C24 wiederum ist ein Ableger des Vergleichsportals Check24. Revolut und Monese setzen auf Kunden, die häufig grenzüberschreitend unterwegs sind. Sie können ohne Gebühr Geld versenden, unabhängig von Land und Währung.
Der Onlinebroker Trade Republic aus Berlin-Pankow bietet seit Kurzem eine Debitkarte mit Rückvergütung an, und die Kunden rennen dem populären Fin-Tech offenbar die virtuellen Türen ein. Binnen drei Stunden sollen sich Ende Januar mehr als 100000 Interessenten beworben haben. Für jeden Umsatz mit der Karte erhält man Geld zurück. Die Höhe des »Cashbacks« schwankt je nach Anbieter zwischen 0,05 und 2 Prozent. In besonderen Fällen seien es sogar 15 Prozent, berichten Verbraucherschützer. Bis zu 180 Euro im Jahr sollen drin sein. Berichtet wird aber auch von etlichen Fallstricken. So wird die Rückvergütung nicht per Cash ausgezahlt, sondern auf einem Sparplan geparkt, der extra abgeschlossen werden muss.
Wirtschaftlich spannender ist allerdings die Frage, womit Fin-Techs eigentlich selber Cash machen. Klassische Banken verdienen ihr Geld mit Krediten und kassieren für Beratung direkt oder indirekt Provisionen. Internetbanken vergeben aber meist kaum oder gar keine Kredite, und die Beratung ist üblicherweise minimal. Zudem kaufen sie Dienstleistungen bei Banken und Sparkassen ein, etwa den Zugang zu Bargeldautomaten. Gleichzeitig entfallen die Kosten für teure Filialen, und am Personal lässt sich sparen. Außerdem können junge Fin-Techs im Gegensatz zur älteren Konkurrenz, die oft auf einem digitalen Flickenteppich sitzt, mit der neuesten Computersoftware und moderner KI arbeiten, was ebenfalls Kostenvorteile verschafft. Die schlanke Gebührenstruktur wird von der Bundesfinanzaufsicht Bafin und von Geldratgebern wie »Finanztip« durchaus gelobt. Letztere verweisen per Link auf die preiswerten Fin-Techs und werden im Erfolgsfall dafür bezahlt.
Geld verdienen müssen die Neobroker trotzdem, und das tun sie mit einem sehr speziellen Modell. Trade-Republic-Gründer Christian Hecker und zwei Studienfreunde von der Ludwig-Maximilians-Universität in München starteten einst ein Projekt bei der Commerzbank in Hamburg, bei dem es um
Wertpapieranlagen für den kleinen Geldbeutel gehen sollte. Wie der Name der Plattform sagt, soll der Wertpapierhandel, der in geringer Stückzahl recht kostspielig ist, gewissermaßen demokratisiert werden.
Möglich macht dies eine Geschäftsidee, auf die auch andere Fin-Techs setzen: die Entgegennahme von Zuwendungen Dritter. Solche Kickbacks bewegen sich in einem rechtlichen Graubereich. Neobroker wie Trade Republic oder Robinhood leiten Aufträge von Kleinanlegern gebündelt an Makler weiter, die diese großen Aufträge dann abwickeln. Im Gegenzug erhalten die Broker von den Maklern Mengenrabatte oder Rückvergütungen, streng genommen also eine Provision.
Nun aber steht das Geschäftsmodell auf der Kippe: Die an diesem Donnerstag in Kraft tretende EU-Finanzmarktverordnung Mifir verbietet es den Fin-Techs, Zuwendungen Dritter für die Weiterleitung von Kundenaufträgen entgegenzunehmen. Kurz vor Toresschluss grätschte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) aber noch dazwischen. Deutschland macht von seinem Mitgliedstaatenwahlrecht Gebrauch und verschiebt das Kickback-Aus bis zum Sommer 2026. Damit haben die deutschen FinTechs wertvolle Zeit gewonnen, um neue Geschäftsideen zu entwickeln. Branchenbeobachter erwarten, dass Neobroker wegen ihrer Kostenvorteile dennoch günstiger als die Konkurrenz bleiben werden. Möglicherweise, heißt es beim Finanzportal »Extra ETF«, »müssen wir uns aber von der ›Komplett-Kostenlos-Kultur‹ verabschieden«.
Geld verdienen müssen auch die Neobroker, und das tun sie mit einem sehr speziellen Modell.