Senat setzt auf Pflicht
Senat will obligatorisches KitaJahr und Ehrenrunde für Schulabgänger ohne Ausbildungsplatz Kinder mit Sprachdefiziten sowie Jugendliche ohne Ausbildung sollen zum Unterricht verpflichtet werden. Gewerkschaften zeigen Unterstützung, sehen aber Probleme be
Berliner Schüler und Eltern müssen sich auf Änderungen einstellen: Mit der Novelle des Schulgesetzes beschloss der Senat am Dienstag ein umfangreiches Maßnahmenpaket. Ein großer Teil der nun beschlossenen Punkte war bereits im Koalitionsvertrag festgehalten worden. Unverkennbar trägt der Entwurf die Handschrift von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU).
Eine der weitreichendsten Maßnahmen im neuen Gesetz greift schon vor der Einschulung: Kinder ab dem dritten Lebensjahr, bei denen Sprachdefizite festgestellt werden, sollen künftig verpflichtend entweder eine Kita oder ein äquivalentes Sprachförderungsangebot besuchen. Dafür sollen die Schulämter jährliche Sprachtests durchführen. Die Regelung soll erstmals im KitaJahr 2025/26 Anwendung finden.
Eigentlich besteht schon jetzt eine KitaPflicht für Kinder mit Sprachdefiziten. Die
Regelung wird allerdings kaum durchgesetzt. Zu den Sprachtests erscheint im Schnitt nur ein Drittel der angeschriebenen Familien. Von den etwa 900 Kindern, bei denen 2022 mangelnde Deutschkenntnisse festgestellt wurden, nahmen nur 160 anschließend an der Sprachförderung teil, wie die »B.Z.« recherchierte. Wie diesen Herausforderungen in der Umsetzung beigekommen werden soll, dazu äußert sich der Senatsentwurf nicht.
Franziska Brychcy, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, findet die Idee eines verpflichtenden Kita-Angebots im Vorschuljahr durchaus sympathisch. Sie sieht allerdings Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Viele Schulämter seien personell zu schwach aufgestellt, um die betroffenen Kinder zu erreichen. »Die Schulämter müssten eigentlich Hausbesuche machen«, sagt sie. Angesichts der schwierigen Personalsituation in den Kitas und anhaltender Raumschwierigkeiten müssten zudem die Kapazitäten ausgebaut werden, um die zusätzlichen Kinder aufzunehmen. »Kita-Pflicht und Kita-Ausbau müssen Hand in Hand gehen«, so Brychcy.
Auch an anderer Stelle will der Senat mehr mit Auflagen arbeiten. Schüler, die nach Ende der zehnjährigen Schulpflicht keinen Ausbildungsplatz vorweisen können, sollen künftig verpflichtet werden, noch die 11. Klasse zu absolvieren. Hier sollen sie einen Schulabschluss nachholen und sich mit Betriebspraktika orientieren können. Bereits zum Schuljahr 2024/25 soll die Regelung schrittweise eingeführt werden.
Karin Petzold, die den Vorstandsbereich Schule bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) leitet, wünscht sich, dass in diesem Schuljahr nicht nur Unterricht nach Plan gemacht, sondern der Fokus auf die Berufsorientierung gelegt wird. »Es geht um eine Anschlussperspektive und eine belastbare Lebenseintscheidung«, sagt sie. Die Schulen sollten mit pädagogischen Konzepten experimentieren können, um vor allem berufstechnische Kompetenzen zu vermitteln. Wer während des Pflichtschuljahres einen Ausbildungsvertrag angeboten bekommt, soll dieses nach Petzolds Vorstellungen flexibel beenden können.
Darüber hinaus will der Senat den Übergang in die Sekundarstufe neu regeln und ein Landesinstitut gründen, das Fortbildungen für Lehrkräfte anbieten soll. Religionsunterricht soll künftig von Glaubensgemeinschaften angeboten werden können.