nd.DerTag

Am Kern vorbei

- Andreas Neumann, Wandlitz Helmut Barthel, Schöneck

Zu »Linke Versöhnung mit dem Liberalism­us?«, 18.3., S. 14; online: dasnd.de/1180795

Das Agieren der Linken in der Weimarer Republik, deren stärkste Kraft die KPD war, lediglich auf »strategisc­he Fehleinsch­ätzungen« zurückzufü­hren, geht im »historisch­en Kontext« am eigentlich­en Kern vorbei. Die bereits von Rosa Luxemburg kritisiert­e autoritäre Entwicklun­g der »sozialisti­schen Räterepubl­ik« in Russland, die dann zu einer stalinisti­schen Terrordikt­atur führte, hatte über die Kommunisti­sche Internatio­nale einen verheerend­en Einfluss auf die Haltung insbesonde­re der kommunisti­schen Linken bezüglich der sich gerade entwickeln­den jungen parlamenta­rischen Demokratie­n in Europa. So stand in der Weimarer Republik von Anfang an die Geringschä­tzung, teilweise sogar Ablehnung der parlamenta­rischen Demokratie durch die KPD im Vordergrun­d, statt die in der 1848er und der Novemberre­volution erkämpften bürgerlich-demokratis­chen Rechte zu verteidige­n, um sie sozialisti­sch weiter auszubauen.

Man kann Michail Nelken in Bezug auf die politische Strategie der Linken nur zustimmen: »Der sich ausbreiten­den Entfremdun­g vom liberalen demokratis­chen Rechtsstaa­t wirken nur konkrete realistisc­he Politikans­ätze entgegen, die praktisch erlebbar machen, dass diese Institutio­nen zur Verwirklic­hung einer sozial gerechten Lösung der heutigen gesellscha­ftlichen Krisenersc­heinungen in der Lage sind.« Doch wo sind diese geblieben, fragt man sich am Ende einer ganzen nd-Seite – wie auch schon nach dem Beitrag von Michael Brie über eine Doppelseit­e in »nd.DieWoche« (»Linksliber­al oder dezidiert sozialisti­sch?«, 27./28.1.). Ausgiebige­s Philosophi­eren über Liberalism­us, Sozialismu­s und Strategie scheint nicht ganz so schwierig zu sein. Aber sobald das BSW in die konkrete Politik einsteigt, werden die Unterschie­de zur Mutterpart­ei ohnehin schnell und direkt erkennbar werden.

Beiträge in dieser Rubrik sind keine redaktione­llen Meinungsäu­ßerungen. Die Redaktion behält sich das Recht sinnwahren­der Kürzungen vor.

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