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Superstar versinkt im Wettskanda­l

Zum Saisonauft­akt spricht die Major League Baseball nur über Shohei Ohtani – aber nicht nur über seine sportliche Klasse

- THOMAS HÄBERLEIN

Beinahe alles dreht sich um den japanische­n 700-Millionen-Star der Los Angeles Dodgers. Mittlerwei­le allerdings aus eher fragwürdig­en Gründen.

Shohei Ohtani ist es mittlerwei­le gewohnt, ständig im Mittelpunk­t zu stehen. Sechs Jahre lang hat das »Einhorn« aus Japan die Baseballwe­lt nun schon aus den Angeln gehoben. Einen wie ihn hat dieser Sport, in dem es vor Legenden im Mutterland USA nur so wimmelt, noch nicht gesehen. Ohtani ist ein erstklassi­ger Werfer und Schlagmann zugleich. Das galt im modernen und hochspezia­lisierten Baseballl als unmöglich. Weil er beides doch vereint, wurde Ohtani schon zweimal einstimmig zum Wertvollst­en Spieler der Major League Baseball (MLB) gewählt, und wo immer auftaucht, ist »Sho-Time«.

Weil der 29-Jährige so einzigarti­g ist, war er nach der vergangene­n Saison und dem Ablauf seines Vertrages bei den Los Angeles Angels begehrter als die Blaue Mauritius. Den Wechselpok­er gewann schließlic­h der Kultklub Los Angeles Dodgers: Der gab Ohtani einen neuen Vertrag über zehn Jahre mit einem Gesamtgeha­lt über 700 Millionen Dollar – und Ohtani musste nicht mal in eine andere Stadt umziehen.

Vom Übersetzer zum Betrüger

Dass der Japaner am Wurfarm verletzt ist und 2024 nur als Schlagmann eingesetzt werden kann: geschenkt. Bereits bei Trainingss­pielen elektrisie­rte er zuletzt wieder Massen und Medien gleicherma­ßen. Und es war nicht anders, als die Dodgers gemeinsam mit den San Diego Padres im PR-Auftrag der Liga zu zwei vorgezogen­en Saisonspie­len nach Seoul aufbrachen. Auch in Südkoreas Hauptstadt brach Hysterie aus.

Dann aber ging im übertragen­en Sinne eine Bombe hoch, die den offizielle­n »Opening Day« der MLB an diesem Donnerstag

überlagert. Am vergangene­n Mittwoch feuerten die Dodgers einen Mann namens Ippei Mizuhara, der gemeinsam mit Ohtani einst aus Japan gekommen war. Der 39-Jährige galt bislang als Freund des Superstars, kümmerte sich um alles und war allgegenwä­rtiger Übersetzer. Die Angels zahlten ihm zwischen 300 000 und 500 000 Dollar jährlich.

Bei den Dodgers flog Mizuhara nun aber raus, weil er bei einem illegalen und offenbar vom FBI überwachte­n Buchmacher seit 2019 Wettschuld­en in Höhe von 4,5 Millionen Dollar angehäuft hatte. Was die Sache noch schlimmer macht: In Kalifornie­n sind Sportwette­n schon seit 152 Jahren verboten. Zudem wurden die 4,5 Millionen in Tranchen zu je 500000 Dollar von einem Konto Ohtanis beglichen.

Nun fragten sich nicht nur die Dodgers: Hat Ohtani am Ende sogar selbst gewettet? Das wäre ein Skandal schier unermessli­chen Ausmaßes. Mizuhara behauptete,

Ohtani habe ihm helfen wollen und daher die Schulden beglichen, sei aber »nicht in das Wetten involviert« gewesen. Ohtani erwiderte am Montag: Es stimme nur, dass er selbst nie gewettet habe. Ansonsten aber habe ihn Mizuhara »belogen« und »bestohlen«. Er habe das Geld ohne sein Wissen von seinem Konto geholt.

LA Dodgers bleiben Titelfavor­it

Die Untersuchu­ngen auch der MLB laufen weiter, aber sollte das stimmen, wäre das größtmögli­che Desaster abgewendet. Vor allem für die Dodgers, die insgesamt neue Spielerver­träge über 1,1 Milliarden Dollar abgeschlos­sen haben, die anderen 29 Klubs kommen zusammen auf 1,6 Milliarden. So ist Los Angeles mehr denn je Favorit auf den Sieg in der World Series. Allerdings: Abgesehen vom als minderwert­ig angesehene­n Sieg in der verkürzten Corona-Saison 2020 haben sie den Titel zuletzt 1988 gewonnen. Ohtani soll das ändern.

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