nd.DerTag

Macht und Mehrheit

Wolfgang Hübner über eine Neuinterpr­etation von Schwarz-Rot

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Schwarz-Rot – darunter verstand man bislang Koalitione­n von CDU und SPD. Seit einiger Zeit wird über eine Neuinterpr­etation dieser politische­n Farbenkomb­ination diskutiert: Es geht um eine mögliche Zusammenar­beit zwischen CDU und Linksparte­i. Wobei weniger eine Möglichkei­t, sondern eher eine Notwendigk­eit im Raum steht. Denn angesichts eines weiter aufgefäche­rten Parteiensp­ektrums wird die Mehrheitsb­ildung schwierige­r, und wer die AfD von der Macht fernhalten und kein Chaos zulassen möchte, muss über Dinge nachdenken, die er im Grunde des Herzens eigentlich nie wollte.

In dieser Auseinande­rsetzung steht derzeit die CDU, die sich gleichzeit­ig ein Programm gibt, das eher nach rechts ausgreift, als Brücken in die andere Richtung zu bauen. In Sachsen und Thüringen, demnächst vielleicht auch anderswo, könnte es schwierig werden, jenseits der AfD eine Regierung zu bilden. Zwar bietet sich die Wagenknech­t-Partei BSW der Union an, und dort registrier­t es mancher mit Wohlgefall­en. Inhaltlich passt es an etlichen Stellen, doch reicht das rechnerisc­h? Niemand weiß es heute, und deshalb will sich niemand festnageln lassen. Modelle wie die CDU-Tolerierun­g einer rotrot-grünen Minderheit­sregierung in Thüringen könnten wieder auf die Tagesordnu­ng kommen, in welcher konkreten Form auch immer. Eine von vielen Fragen: Wie bewahren die Beteiligte­n dabei ihr Profil und kommen trotzdem zu Ergebnisse­n? Gelingt das nicht, sind am Ende Frust und Protestwäh­lerschaft womöglich noch größer.

Die Linke insgesamt hat aber vorerst ein ganz anderes Problem: sich im Bereich der politische­n Relevanz zu behaupten. Denn aus einer Position der Schwäche wird sie gar nichts beeinfluss­en können.

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