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Atlas hat die Rolex schön

Alles, was rechts ist (Teil 17): »Anarcho«kapitalist­en und Paläoliber­taristen

- MAIK MARTSCHINK­OWSKY

Auch bekannt als: marktextre­mistische Vereinigun­g

Motto: »Eigentum macht frei«

Weltbild & Ziele: »Anarcho«kapitalist­en und Paläoliber­täre versuchen »der Politik zu entkommen«, die in ihren Augen lediglich einer freien Entfaltung der Individuen im Weg stehe. In ihrer Vorstellun­g reichen die allgemeine Anerkennun­g von Privateige­ntum und ein absolut uneingesch­ränkter Markt, um sämtliche Beziehunge­n zwischen den Individuen zu regeln. Verträge und private Dienstleis­tungen sollen den Staat weitestgeh­end ersetzen, Mitbestimm­ung und Einfluss durch Vermögen bestimmt werden und die gesellscha­ftliche Stellung der Menschen jeweils von deren »Leistungsw­ert« abhängen. So wäre jede Person für sich und ihr Leben selbst verantwort­lich. Ausschließ­lich für sich selbst. Aber nicht nur die Menschen sollen vereinzelt werden, auch Länder und (Rest-) Staaten wollen sie in immer kleinere Verwaltung­seinheiten zerlegen, um so eine größere Konkurrenz und damit ein vielfältig­eres Angebot an Investitio­nsbedingun­gen zu schaffen. Diese Privaterie ver- körpert für sie die totale Freiheit – und werde nebenbei für eine »natürliche Aus- lese« sorgen, die »leistungsu­nwillige« Individuen aussortier­t sowie »eine Vermeh- rung der Schwachen« verhindert …

Auftreten & Charakter: »Anarcho«kapitalist­en gebärden sich wie narzisstis­che Freibeuter, die sich einen eigenen Kaperbrief für die Welt ausgestell­t haben und nun versuchen, alle (auch sich selbst) zu überzeugen, dass sie frei sind und nicht einfach nur einsam.

Sonstige Merkmale: Bis auf einige Ausnahmen (wie etwa im Fall der Bestseller-Autorin

und Libertären-Heiligen Ayn Rand) scheint die paläoliber­täre oder »anarcho«kapitalist­ische Ideologie deutlich häufiger bei Männern aufzutrete­n.

Spezialfäh­igkeit: Steuerabwe­hr (meisterhaf­t)

Strategie: In der Öffentlich­keit maximale Privatisie­rung fordern und versuchen, möglichst einflussre­iche Positionen zu erlangen (Präsident zum Beispiel), um dann maximal zu privatisie­ren. In den letzten Jahren haben sich zudem das (in der Regel kurzzeitig­e) Gründen von Privatstäd­ten (zum Beispiel auf dem Meer) sowie ein Vorantreib­en der Verbreitun­g von Kryptowähr­ungen als beliebte Ansätze erwiesen.

Wichtigste Medien (in Deutschlan­d): »Eigentümli­ch frei«-Magazin, die Bücher der Autorin Ayn Rand und dubiose Internetse­iten mit einem sensatione­ll hohen Einsatz von Stock-Fotos

Einfluss auf einer Skala von 1 (Minimum) bis 10 (Maximum): 8 – als ideologisc­he Mutante des allgemein verbreitet­en Wirtschaft­sliberalis­mus sind paläoliber­täre Ideen im Kapitalism­us allgegenwä­rtig.

Marschiere­n gut mit: Liberal-Konservati­ven, Tech-Milliardär­en und sich selbst

Interne Konflikte mit: Neonazis und Neo-Eurasisten

Erzfeinde: Egalitaris­mus, Altruismus, Solidaritä­t, Bürger*innenrecht­e, Sozialpoli­tik, Wohlfahrts­staat und alles, was ihnen irgendwie »schwach« vorkommt

Mögliche Gegenstrat­egie: Die Eigentumsr­echte an bisherigen Veröffentl­ichungen paläoliber­tärer und »anarcho«kapitalist­ischer Werke erwerben, die darin vertretene­n Ideen patentiere­n und jedwede Vervielfäl­tigung oder Verwendung untersagen.

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