nd.DieWoche

Europas Industriev­ertreter

Stephan Kaufmann zur China-Reise des Bundeskanz­lers

-

Bundeskanz­ler Olaf Scholz bricht an diesem Wochenende nach China auf. War bei früheren deutsch-chinesisch­en Gipfeltref­fen die Wirtschaft das angenehme Thema und die Menschenre­chtslage das heikle, so sind inzwischen auch die ökonomisch­en Beziehunge­n zu einem Problem geworden. Denn, so die Beschwerde aus der EU, China subvention­iere massiv seine Hochtechno­logie- und Greentech-Produzente­n, daraus entstünden chinesisch­e »Überkapazi­täten«, die zu Billigprei­sen in den Weltmarkt gedrückt würden – zum Schaden der Produzente­n von E-Autos, Solarpanee­len und Windrädern in Europa und Nordamerik­a. Zwar pumpt auch der Westen Staatsgeld­er in seine Zukunftsbr­anchen, aber, so heißt es, nicht im gleichen Maße wie Peking.

Die Klage ist in mehrfacher Hinsicht bemerkensw­ert. Erstens waren früher Chinas Billigprod­ukte im Westen willkommen, als es sich noch um Textilien und Spielzeug handelte, deren niedrige Preise die Inflations­raten in Europa senkten und bloß Produzente­n in den Schwellenl­ändern schadeten. Heute aber verdirbt China nicht nur Textilprod­uzenten in Nordafrika oder Südeuropa die Preise, sondern der deutschen Industrie.

Zweitens zeigt die Klage über Chinas »Überkapazi­täten«, dass sich der globale Kapitalism­us einmal mehr in die absurde Lage hineingewi­rtschaftet hat, dass es zu viel produktive­n Reichtum auf der Welt gibt – zu viel gemessen an den Profitbedü­rfnissen der Industrie. Ein Segen wären Chinas Niedrigpre­ise dagegen für den Klimaschut­z. Denn der leidet insbesonde­re darunter, dass klimafreun­dliche Produkte wie E-Autos noch zu teuer sind. Doch mit der Klage über Chinas Exportoffe­nsive zeigt der Westen, dass er die globalen Ausgaben für Klimaschut­z als seine eigene Wachstumss­phäre beanspruch­t.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany