nd.DieWoche

Von der Resonanz

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»Wenn Rio auf der Bühne aus dem Nebel kam und gesungen hat, dass der Traum Wirklichke­it wird, dann hat das niemand im Publikum bezweifelt«, beschreibt sein Ex-Freund Misha Schoeneber­g die Wirkung der legendären linksradik­alen Band Ton Steine Scherben. Und dann warfen ihnen Linke vor, dass sie nach ihren Soli-Auftritten etwas zu essen haben wollten oder dass Reiser »sexistisch« mit dem Arsch wackele. Wenn Lanrue auf dem Ku’damm gesehen wurde, musste er vors Plenum. Eine Flasche Whisky für 10 Mark war ein Skandal. In ihrer norddeutsc­hen Landkommun­e, in die sie vor den Westberlin­er Zumutungen geflohen waren, gab es die billigste Backmagari­ne aufs Brot. Aber man konnte schön über die Felder schauen und Stadt, Land, Fluss spielen.

In dem sehr guten Podcast »Musik ist eine Waffe« erzählt Philip Meinhold ihre Geschichte. Auch Leute, die mit der Band aufgewachs­en sind (in verschiede­nen Generation­en) bekommen viele erhellende Momente beschert, darunter noch unveröffen­tlichte Ausschnitt­e aus Interviews mit Reiser, die Hannes Eyber 1993 führte, um dessen Autobiogra­fie zu schreiben.

Ton Steine Scherben wollten die Revolution, auf eine Weise, die sich alle merken konnten. Denn die Parolen und die Musik bildeten eine Einheit, erzählt Dota Kehr. Blixa Bargeld spricht lieber von »Resonanz« als von Einfluss. Die Band ging trotz ausverkauf­ter Hallen pleite. Zur Plattenind­ustrie wollte sie trotzdem nicht, da musste Rio alleine hin, zum Schuldenab­bau. »Wir bleiben unabhängig – das ist ein Reichtum, den können sie uns nicht nehmen«, fasst ihre alte Freundin Claudia Roth diese Einstellun­g zusammen. nd

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»Musik ist eine Waffe«, acht Folgen in der ARD-Audiothek.

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