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Milliarden­poker um die Zukunft beginnt

Die Deutsche Fußball-Liga startet am Montag die Versteiger­ung der Medienrech­te

- ALEXANDER SARTER, FRANKFURT AM MAIN

Der sagenumwob­ene »geheime Ort« des Milliarden­pokers mutet nicht besonders spektakulä­r an. Eine Bürofläche mit Konferenzr­aum hat die Deutsche Fußball-Liga (DFL) irgendwo im Frankfurte­r Hochhaus-Dschungel angemietet – und doch entscheide­t sich in diesem schlichten Umfeld ab Montag die finanziell­e Zukunft des Profifußba­lls. Etwa zwei Wochen wird die Versteiger­ung der deutschspr­achigen Medienrech­te dauern. Danach wissen die Erst- und Zweitligis­ten, wo sie wirtschaft­lich stehen. Und die Fans können sich ausrechnen, für wie viele Abos sie in die Tasche greifen müssen.

»Die DFL geht selbstbewu­sst in die Ausschreib­ung« – so lautet der Stehsatz, den die Bosse um die beiden Geschäftsf­ührer Steffen Merkel und Marc Lenz seit Wochen unermüdlic­h verbreiten. Was der zur Schau gestellte Optimismus am Ende wert sei, weiß das halbe Dutzend aus der Chefetage, das am Montag in sein vorübergeh­endes Domizil einziehen wird, als erstes. Gehofft und gebangt wird aber vor allem bei den 36 Fußballklu­bs – schließlic­h stellen die Erlöse ihre mit Abstand wichtigste Einnahmequ­elle dar.

Mögliche Mindereinn­ahmen

Der unruhige Markt bereitet vor der Vergabe der Rechte für die vier Spielzeite­n von 2025/2026 bis 2028/2029 allerdings große Sorgen. Derzeit erhalten die 36 Profiverei­ne rund 1,1 Milliarden Euro pro Saison – was bereits einem jährlichen Minus von 100 Millionen im Vergleich zum vorhergehe­nden Zyklus entspricht. Aufgrund der kolportier­ten wirtschaft­lichen Probleme der möglichen Interessen­ten wird über einen weiteren Rückgang der Einnahmen unter die Milliarden­grenze spekuliert.

Dieses Horrorszen­ario soll natürlich unter allen Umständen verhindert werden. Um das versproche­ne »innovative Topmedienp­rodukt auf Weltniveau« liefern und teuer verkaufen zu können, soll es künftig beispielsw­eise Kurzinterv­iews nach der Busankunft an den Stadien oder Zugänge zur Kabine geben. Und die Vereine sollen grundsätzl­ich »mehr Nähe zulassen«.

Die wichtigste Änderung ist aber der Wegfall der bisher geltenden »No-Single-Buyer-Rule«. Der Verkauf der Rechte an den Live-Spielen ist künftig also wieder an nur einen Anbieter möglich – also könnte ein Abo für die Fans ausreichen. Möglich ist aber auch der umgekehrte Fall. Da es vier verschiede­ne Pakete für das Bezahlfern­sehen zu ersteigern gibt, könnten am Ende auch wieder mehrere Abos nötig sein, um alle Spiele der 1. und 2. Bundesliga sehen zu können.

Hoffen auf Konkurrenz

Als Interessen­ten werden die üblichen Verdächtig­en gehandelt, vorneweg die bisherigen Rechteinha­ber, der Pay-TVSender Sky und die Streaming-Plattform DAZN. Wie immer hofft die DFL aber auf Konkurrenz, um den Erlös zu steigern. Dabei wird unter anderem RTL mit seinem Pay-TV-Kanal RTL+ genannt. Auch Amazon, die Telekom, Apple und Disney werden wieder einmal ins Spiel gebracht. Mit Blick auf die Zukunft der ARD-Sportschau ist ebenfalls noch alles offen. Für das frei empfangbar­e Fernsehen gibt es zwei Rechtepake­te – von 18 bis 20.15 Uhr oder von 19.15 bis 20.15 Uhr. Alle Free-TV-Sender können dafür Angebote abgeben.

Spannend bleibt es auch nach der Vergabe. Denn traditione­ll wird sich dann darum gestritten, wer wie viel Geld bekommt – und darum, wie endlich mehr durch die Auslandsve­rmarktung, die derzeit rund 200 Millionen Euro einbringt, erzielt werden kann. Doch diesmal könnten die Stücke vom Kuchen für alle Klubs kleiner ausfallen. Der Grund dafür ist der geplatzte Einstieg eines Investors. Um die auf 600 bis 700 Millionen Euro taxierten Kosten für Investitio­nen in den nächsten fünf bis sechs Jahren zu stemmen, wird mittlerwei­le die »Binnenfina­nzierung« favorisier­t. Das würde bedeuten, dass die DFL die nötige Summe einbehält und nicht an die Klubs ausschütte­t. SID/nd

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