Bayern beschließt Milliardenpaket für Integration
Großinvestitionen in sozialen Wohnungsbau, tausende Stellen für Lehrer, Polizisten und Richter: Einheimische sollen genauso profitieren wie Zuwanderer. Seehofer droht Merkel im Streit um Begrenzung des Zustroms mit Verfassungsklage
München Mit einem milliardenschweren Investitionspaket will die Bayerische Staatsregierung die Folgen des größten Flüchtlingsansturms der vergangenen Jahrzehnte bewältigen. Das Kabinett von Ministerpräsident Horst Seehofer beschloss gestern ein auf mehrere Jahre ausgelegtes Programm zur Integration von Flüchtlingen in Bayern, das sich bis 2019 auf einen Milliardenbetrag summiert. Allein für kommendes Jahr ist ein Volumen von 490 Millionen Euro eingeplant.
Mit dem Integrationspaket sollen in den kommenden vier Jahren 28000 staatliche oder staatlich geförderte Mietwohnungen entstehen. Zudem soll mit Bayerns Wirtschaft ein „Ausbildungspakt“für 60 000 Flüchtlinge finanziert werden. Insgesamt sollen rund 3800 neue Stellen in Verwaltung, Justiz, Sicherheitsbehörden und im Bereich Bildung entstehen. Allein an den Schulen sollen 1700 neue Lehrer eingestellt werden. „Das hat es in diesem Umfang noch nie gegeben“, sagte Ministerpräsident Seehofer. Auch die Sicherheitsbehörden müssten massiv aufgestockt werden, „um die innere Sicherheit zu gewährleisten“. Dabei gehe es „nicht so sehr um Terrorismus, sondern um Kriminalität im weitesten Sinne“.
Bei allen Maßnahmen werde er die Interessen der einheimischen Bevölkerung stets genauso im Blick haben wie die der Zuwanderer, betonte der Ministerpräsident: „Wir machen da keinen Unterschied.“Das Geld sei gut angelegt, warb der CSU-Chef: „Missratene Integration würde unserer Gesellschaft viel teurer kommen.“Zudem werde die Staatsregierung ein bayerisches Integrationsgesetz auf den Weg bringen, das „Grundregeln und gemeinsame Werte“eines gelingenden Zusammenlebens festschreiben soll. „Kernbestand ist dabei das Erlernen der deutschen Sprache.“
Zugleich bekräftigte die Staatsre- gierung ihre Forderung nach einer Begrenzung der Zuwanderung: „Integration wird nur gelingen, wenn es gelingt, das Ausmaß der Zuwanderung zu begrenzen“, betonte Seehofer. Das Kabinett beließ es aber bei der erneuten Androhung eigener „Notwehrmaßnahmen“: „Wenn Berlin nicht handelt, dann tun wir das, was notwendig ist“, sagte Seehofer. Konkret drohte der CSUChef mit einer Verfassungsklage gegen den Bund. Dieser gefährde durch Untätigkeit in der Flüchtlingskrise die „eigenstaatliche Handlungsfähigkeit der Länder“.
Bei der Flüchtlingsaufnahme sei die Belastungsgrenze erreicht: „Die Bevölkerung will keine warmen Worte mehr und auch keine erfolglosen Ortstermine“, sagte Seehofer. Er kritisierte scharf die Aussage von Kanzlerin Angela Merkel, man könne nicht die 3000 Kilometer der deutschen Außengrenze sichern. Dies sei eine „Kapitulation“, die von der Bevölkerung nicht verstanden werde. Kanzleramtsminister und Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier (CDU) sieht die angedrohte Verfassungsklage gelassen. Die Bundesregierung habe überhaupt keinen Anlass, sich deswegen Gedanken zu machen, sagte er.
Konkret verlangt Bayern vom Bund als „Notmaßnahme“, Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen. Vor allem müsse das DublinVerfahren eingehalten werden, nach dem der erste EU-Mitgliedstaat für die Aufnahme von Asylbewerbern zuständig ist. Gelinge dies nicht, müsse sich Berlin „wieder auf sein eigenes Recht besinnen“und einreisewillige Flüchtlinge aus sicheren Drittstaaten wie Österreich abweisen, sagte Innenminister Joachim Herrmann.
„Integration wird nur gelingen, wenn es gelingt, das Ausmaß der Zuwanderung zu begrenzen.“Horst Seehofer