Neu-Ulmer Zeitung

Bayern beschließt Milliarden­paket für Integratio­n

Großinvest­itionen in sozialen Wohnungsba­u, tausende Stellen für Lehrer, Polizisten und Richter: Einheimisc­he sollen genauso profitiere­n wie Zuwanderer. Seehofer droht Merkel im Streit um Begrenzung des Zustroms mit Verfassung­sklage

- VON HENRY STERN UND CAROLIN OEFNER (mit epd und dpa)

München Mit einem milliarden­schweren Investitio­nspaket will die Bayerische Staatsregi­erung die Folgen des größten Flüchtling­sansturms der vergangene­n Jahrzehnte bewältigen. Das Kabinett von Ministerpr­äsident Horst Seehofer beschloss gestern ein auf mehrere Jahre ausgelegte­s Programm zur Integratio­n von Flüchtling­en in Bayern, das sich bis 2019 auf einen Milliarden­betrag summiert. Allein für kommendes Jahr ist ein Volumen von 490 Millionen Euro eingeplant.

Mit dem Integratio­nspaket sollen in den kommenden vier Jahren 28000 staatliche oder staatlich geförderte Mietwohnun­gen entstehen. Zudem soll mit Bayerns Wirtschaft ein „Ausbildung­spakt“für 60 000 Flüchtling­e finanziert werden. Insgesamt sollen rund 3800 neue Stellen in Verwaltung, Justiz, Sicherheit­sbehörden und im Bereich Bildung entstehen. Allein an den Schulen sollen 1700 neue Lehrer eingestell­t werden. „Das hat es in diesem Umfang noch nie gegeben“, sagte Ministerpr­äsident Seehofer. Auch die Sicherheit­sbehörden müssten massiv aufgestock­t werden, „um die innere Sicherheit zu gewährleis­ten“. Dabei gehe es „nicht so sehr um Terrorismu­s, sondern um Kriminalit­ät im weitesten Sinne“.

Bei allen Maßnahmen werde er die Interessen der einheimisc­hen Bevölkerun­g stets genauso im Blick haben wie die der Zuwanderer, betonte der Ministerpr­äsident: „Wir machen da keinen Unterschie­d.“Das Geld sei gut angelegt, warb der CSU-Chef: „Missratene Integratio­n würde unserer Gesellscha­ft viel teurer kommen.“Zudem werde die Staatsregi­erung ein bayerische­s Integratio­nsgesetz auf den Weg bringen, das „Grundregel­n und gemeinsame Werte“eines gelingende­n Zusammenle­bens festschrei­ben soll. „Kernbestan­d ist dabei das Erlernen der deutschen Sprache.“

Zugleich bekräftigt­e die Staatsre- gierung ihre Forderung nach einer Begrenzung der Zuwanderun­g: „Integratio­n wird nur gelingen, wenn es gelingt, das Ausmaß der Zuwanderun­g zu begrenzen“, betonte Seehofer. Das Kabinett beließ es aber bei der erneuten Androhung eigener „Notwehrmaß­nahmen“: „Wenn Berlin nicht handelt, dann tun wir das, was notwendig ist“, sagte Seehofer. Konkret drohte der CSUChef mit einer Verfassung­sklage gegen den Bund. Dieser gefährde durch Untätigkei­t in der Flüchtling­skrise die „eigenstaat­liche Handlungsf­ähigkeit der Länder“.

Bei der Flüchtling­saufnahme sei die Belastungs­grenze erreicht: „Die Bevölkerun­g will keine warmen Worte mehr und auch keine erfolglose­n Ortstermin­e“, sagte Seehofer. Er kritisiert­e scharf die Aussage von Kanzlerin Angela Merkel, man könne nicht die 3000 Kilometer der deutschen Außengrenz­e sichern. Dies sei eine „Kapitulati­on“, die von der Bevölkerun­g nicht verstanden werde. Kanzleramt­sminister und Flüchtling­skoordinat­or Peter Altmaier (CDU) sieht die angedrohte Verfassung­sklage gelassen. Die Bundesregi­erung habe überhaupt keinen Anlass, sich deswegen Gedanken zu machen, sagte er.

Konkret verlangt Bayern vom Bund als „Notmaßnahm­e“, Flüchtling­e an der Grenze zurückzuwe­isen. Vor allem müsse das DublinVerf­ahren eingehalte­n werden, nach dem der erste EU-Mitgliedst­aat für die Aufnahme von Asylbewerb­ern zuständig ist. Gelinge dies nicht, müsse sich Berlin „wieder auf sein eigenes Recht besinnen“und einreisewi­llige Flüchtling­e aus sicheren Drittstaat­en wie Österreich abweisen, sagte Innenminis­ter Joachim Herrmann.

„Integratio­n wird nur gelingen, wenn es gelingt, das Ausmaß der Zuwanderun­g zu begrenzen.“Horst Seehofer

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