Explosive Lage
Immer öfter werden Asylbewerber attackiert. Doch auch in den Unterkünften kommt es häufig zu Streit unter den Flüchtlingen
Berlin Angesichts wachsender Proteste gegen die Flüchtlingspolitik in Deutschland warnt der Verfassungsschutz vor einem „Schulterschluss zwischen rechtsextremistischen Parteien und aufgepeitschten Bürgern“. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht wegen der Gewalt gegen Flüchtlinge „Zivilisationsschranken“fallen.
Ein Sprecher des bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz sagte dem Spiegel, es sei besorgniserregend, dass Rechtsextremisten mit ihren „Hasskampagnen“zunehmend zu bislang „unbescholtenen Bürgern“durchdrängen. Auch von diesen könnten „fremdenfeindlich motivierte Gewalttaten ausgehen“. Das Bundeskriminalamt schreibt in einem aktuellen Lagebild, die Hetze durch „rechte Klientel“entfalte eine „katalysierende Wirkung“.
Innenminister de Maizière präsentiert Zahlen: „Wir haben einen massiven Anstieg fremdenfeindlicher Übergriffe auf Asylbewerber. Insgesamt gab es in diesem Jahr bereits mehr als 490 Straftaten gegen Asylbewerberunterkünfte.“
Doch auch unter den Flüchtlingen kommt es immer häufiger zu Gewalt. In Hamburg mussten Sicherheitsbeamte in zwei Unterkünf- ten einschreiten. Am Donnerstagabend waren dort Flüchtlinge aus Eritrea und dem Irak aus unbekanntem Grund aneinandergeraten. Dabei griffen sich rund 30 bis 40 Asylbewerber teilweise mit zerlegten Bettgestellen an.
In einer anderen Unterkunft in Hamburg kam es der Polizei zufolge bei der Bekleidungsausgabe zu einem Streit zwischen einem Afghanen und einem Iraker. Daraufhin gerieten 50 bis 60 Menschen aneinander. Verletzte gab es nicht.
In Backnang (Baden-Württemberg) gerieten bis zu 20 Menschen in Streit und gingen mit Besen, Pfannen und anderen Gegenständen aufeinander los. Zwei Beteiligte wurden mit lebensgefährlichen Verletzungen in eine Klinik gebracht. In einer Notunterkunft in Schwerin prügelten sich sechs Flüchtlinge. Ein 29-Jähriger wurde leicht verletzt. Auslöser sei nächtlicher Lärm gewesen, sagte ein Polizeisprecher.
In Erstaufnahmeunterkünften haben sich zuletzt immer wieder Flüchtlinge geprügelt. Einem Polizeisprecher zufolge kommt es gerade dort oft zu Streitereien, da viele Menschen unter einfachsten Bedingungen auf engstem Raum leben müssen. Im thüringischen Ohrdruf wurden Polizeibeamte von Flüchtlingen angegriffen und mit Steinen beworfen, als sie einen 29 Jahre alten Iraker aus dem Heim festnahmen. Ihm war der sexuelle Missbrauch eines Kindes aus Syrien vorgeworfen worden, das in der derselben Unterkunft wohnt. Andere Heimbewohner versuchten, den mutmaßlichen Täter in ihre Gewalt zu bringen, um selbst Rache an ihm zu üben. Gegen drei Flüchtlinge wurde Anzeige wegen Landfriedensbruch und versuchter Gefangenenbefreiung erstattet, gegen den Iraker wurde Haftbefehl erlassen.