Neu-Ulmer Zeitung

„Es gibt eindeutig Spannungen“

Antonio Spadaro ist ein enger Vertrauter des Papstes. Wie er die ersten Tage der Synode im Vatikan erlebt hat

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Antonio Spadaro kommt gerade aus der Synodenhal­le im Vatikan. Dort streiten die Bischöfe um den Kurs der katholisch­en Kirche. Der Jesuit, Theologe und Chef der Zeitschrif­t La Civilt Cattolica ist einer der engsten Berater von Papst Franziskus, der den 49 Jahre alten Sizilianer als einen von knapp 270 stimmberec­htigten Teilnehmer­n nominierte. Wir haben mit ihm gesprochen. Was sind Ihre Eindrücke nach den ersten Diskussion­stagen? Spadaro: Wir stehen alle unter einer enormen Aufmerksam­keit, von au- ßen und von innen. Ich empfinde das Klima unter den Teilnehmer­n als positiv, auch wenn man nicht leugnen kann, dass in der Diskussion ganz eindeutig Spannungen zutage gekommen sind. Was will Papst Franziskus? Spadaro: Er will vor allem, dass die Bischöfe mit Freimut sprechen und wirklich ihre Meinung sagen. Aber wichtig ist ihm natürlich auch, dass die Kirche sich nicht hinter einer Wagenburgm­entalität verschanzt. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht unter dem Vorwand, den Glauben zu verteidige­n, nur unsere eigenen Ideen verteidige­n.

Um was geht es bei dieser Synode? Spadaro: Das Thema ist die Familie mit allen ihren Aspekten und Problemen. In Wirklichke­it, also im eigentlich­en Sinn, geht es um das Verhältnis der Kirche zur Welt. Es geht letztendli­ch um dieselbe Frage, die auch das Zweite Vatikanisc­he Konzil zum Inhalt hatte.

Seither sind 50 Jahre vergangen. Warum tut sich die Kirche so schwer mit der Welt? Spadaro: Diese Frage ist einfach schwierig für die Kirche, aber sie ist auch essenziell. Auf dieser Synode messen sich verschiede­ne Modelle von Kirche miteinande­r. Wir müssen auch aufpassen, dass wir uns nicht in Detailfrag­en verlieren. Es geht um Grundsätzl­iches. Muss das eigentlich­e Ziel der Synode sein, dass die Bischofsko­nferenzen mehr Freiheit bekommen? Spadaro: Das Ziel der Synode ist das nicht. Diese Position wurde allerdings vertreten. Es ist eindeutig, dass die Situatione­n in der ganzen Welt unterschie­dlich sind und unterschie­dliche Antworten benötigen.

Als der Budapester Erzbischof Kardinal Peter Erdö, der auch den Synodenber­icht mitverfass­en wird, die Kommunion für wiederverh­eiratete Geschieden­e in seiner Einführung­srede kategorisc­h ausschloss, wirkte es so, als sei man wieder am Anfang des Reformproz­esses . . . Spadaro: Ja, das wirkte wie ein Rückschlag in einigen Punkten. Das Papier, das Arbeitsgru­ndlage der Synode ist, ist viel weiter. Warum also dahinter zurückgehe­n? Nach Erdö hat sich aber in vielen Redebeiträ­gen gezeigt, dass der Wille, nach vorne zu schreiten, vorhanden ist.

Interview: Julius Müller-Meiningen

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Foto: kna Wird er sich durchsetze­n? Der Papst bei der Eröffnung der Synode.

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