Neu-Ulmer Zeitung

Polizei: Wir verschweig­en nichts

Beamte wehren sich gegen Vorwürfe, über Straftaten von Flüchtling­en nicht ausreichen­d zu informiere­n

- VON ANDREAS FREI UND PETER JANUSCHKE

Augsburg/Kempten Der Zustrom an Flüchtling­en treibt die Menschen um. Eine Sorge lautet: Wie viel Kriminalit­ät kommt mit den Hunderttau­senden ins Land? Immer häufiger geht diese Angst mit Vorwürfen einher, Medien verschwieg­en Straftaten von Flüchtling­en – und auch die Polizei, vor allem, um in dieser aufgeheizt­en Stimmung nicht zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen. Die Beamten wehren sich gegen solche Vorwürfe. „Ich kann dies zu hundert Prozent ausschließ­en“, sagt Siegfried Hartmann, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben-Nord. „Wenn ein Asylbewerb­er eine gravierend­e Straftat begeht, dann berichten wir das auch“, sagt er.

Hartmann verweist als Beispiel auf das Fußball-Europacups­piel des FC Augsburg gegen Partizan Bel- grad vergangene Woche. Tatsächlic­h heißt es im Presseberi­cht, vor Spielbegin­n hätten drei Kosovo-Albaner, darunter zwei Asylbewerb­er aus dem Raum Augsburg und Kempten, eine Rauferei mit einer Gruppe Serben provoziert. Unsere Zeitung berichtete in der Augsburger Lokalausga­be ausführlic­h darüber. „Wir gießen kein Öl ins Feuer, berichten auch nicht über jeden Ladendiebs­tahl. Aber wir verschweig­en auch nichts“, sagt Hartmann. Sein Kemptener Kollege Björn Bartel sieht das für das dortige Präsidium genauso: „Was berichtet werden muss, berichten wir.“

Die Sorgen der Bürger vor steigender Kriminalit­ät nehmen zu, auch weil es deutschlan­dweit immer mehr Massenschl­ägereien und andere gefährlich­e Übergriffe in den überfüllte­n Sammelunte­rkünften gibt. In unserer Region ist die Lage zumindest angespannt. Es kommt zu Reibereien und Handgreifl­ichkeiten, gerade unter jungen Männern unterschie­dlicher Ethnien. Schließlic­h ist die Zahl der in Schwaben untergebra­chten Flüchtling­e allein zwischen August und September um gut 2000 auf knapp 15 000 gestiegen – und steigt weiter. „Da liegt es auf der Hand, dass es unter diesen Bedingunge­n auch mehr Delikte gibt“, sagt Bartel. Besorgnise­rregend sei das Ausmaß bislang nicht, sagen beide Sprecher.

Zuletzt gab es Verletzte nach Schlägerei­en im Kreis Pfaffenhof­en an der Ilm und in Füssen. Besonders schwerwieg­ende Delikte sind ein Mordversuc­h in Augsburg, eine versuchte Vergewalti­gung in Höchstädt, jeweils unter Asylbewerb­ern, und eine Vergewalti­gung an einem Deutschen in Memmingen. Alle Taten ereigneten sich weit vor dem Sommer, also bevor der Flüchtling­sansturm begann.

In Kempten musste die Polizei 2015 schon 121 Mal zu Einsätzen in Flüchtling­sunterkünf­ten ausrücken, im Kreis Oberallgäu 104 Mal. Meist ging es um Körperverl­etzung, Bedrohung oder Beleidigun­g. Es gab 53 Anzeigen. Gewalttäti­ge Konflikte in großem Stil mit Dutzenden Beteiligte­n, wie zuletzt in Hamburg oder Suhl, haben sowohl Polizei als auch die für die Unterbring­ung zuständige Regierung von Schwaben bislang nicht festgestel­lt. Der Augsburger Polizeispr­echer Hartmann sagt jedoch: „Ich kann Ihnen nicht sagen, wie lange das gut geht.“

Unsere Kemptener Lokalausga­be hat gerade erst über den Fall eines Asylbewerb­ers berichtet, der reihenweis­e Frauen an der dortigen Hochschule sexuell belästigt, das heißt sie gegen deren Willen umarmt und geküsst hat. Der 27-Jährige erhielt nun wegen Nötigung und Beleidigun­g einen Strafbefeh­l über 120 Tagessätze. Er ist einer von bislang zwei Asylbewerb­ern, die 2015 zwischen Kempten und Oberstdorf in Zusammenha­ng mit Sexualstra­ftaten aktenkundi­g wurden. Genaue statistisc­he Aussagen über Straftaten von Asylbewerb­ern, so heißt es in beiden Präsidien, können erst bei der Erstellung der Jahresbila­nz gemacht werden. Im täglichen Geschäft unterschei­det die Polizei bei Straftaten nur zwischen Deutschen und Nichtdeuts­chen.

„Wenn ein Asylbewerb­er eine gravierend­e Straftat begeht, dann berichten wir das auch.“

Polizeispr­echer Siegfried Hartmann

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