Neu-Ulmer Zeitung

Mallorca verbietet den Stierkampf

Die Tierschütz­er haben sich durchgeset­zt: Ab 2016 sollen auf den Balearisch­en Inseln keine blutigen Spiele mehr stattfinde­n. Doch was bedeutet das für den Rest Spaniens?

- VON RALPH SCHULZE

Madrid „Wir bitten die Abgeordnet­en“, heißt es in der Petition der Insulaner, „dass sie die grausamen Stierkämpf­e untersagen – weil es brutale Spektakel sind.“Rund 135 000 Menschen auf Mallorca unterschri­eben diese Bitte. Nun wurden die Bürger im Regionalpa­rlament der Balearisch­en Inseln erhört.

Dort hält ein rot-grünes Bündnis die Macht und versprach, ein Stierkampf­verbot zu beschließe­n. Schon im Jahr 2016 sollen auf der Urlaubsins­el Mallorca keine Kampfbulle­n mehr in der Arena getötet werden. Damit dürften auch im berühmten „Coliseo“, dem 12 000 Zuschauer fassenden Kampfplatz der Inselhaupt­stadt Palma, die Tore geschlosse­n werden. Die bisher letzte Stierkampf-Veranstalt­ung konnte dort im August nur unter massivem Polizeisch­utz stattfinde­n.

Die Spannungen kochten vor allem deswegen hoch, weil vor der Arena und sogar auf den Zuschauerr­ängen Tierschütz­er demonstrie­rten und sich immer wieder mit Sprechchör­en wie „Tortur ist keine Kultur“bemerkbar machten. Ein Demonstran­t sprang sogar in Palmas Arena, nachdem der bekannte spanische Torero José Antonio Morante seinem ersten Stier den Degen in den Nacken gestoßen hatte. Der Tierschütz­er riss sich das Hemd vom Leib und zeigte seine auf die Brust gemalte Protestbot­schaft: „Mallorca ohne Tierquäler­ei“.

Ganz ähnlich lautet der Name jener großen Bürgerinit­iative, die seit letztem Jahr auf der Ferieninse­l gegen die Stierkämpf­e Sturm läuft: „Mallorca ohne Blut“. In den letzten Monaten erreichte die Bürgerbewe­gung bereits, dass sich rund die Hälfte der 53 Inselgemei­nden, da- runter auch Palma, symbolisch zu stierkampf­freien Zonen erklärte – was freilich noch keine rechtliche­n Konsequenz­en hatte. Nun folgte der zweite und entscheide­nde Schritt: Die Tierschütz­er trugen ihre Petition zum Regionalpa­rlament und fanden dort Unterstütz­ung: Die parlamenta­rische Mehrheit aus Sozialiste­n, der grünen Inselparte­i Més und der linksalter­nativen Empörtenbe­wegung Podemos brachten die Bitte als Gesetzesvo­rschlag auf den Weg. Spätestens bis Sommer 2016 soll das Stierkampf­verbot auf den Balearisch­en Inseln, zu denen neben Mallorca auch Ibiza, Menorca und Formentera gehören, definitiv beschlosse­n werden.

Dieser gesetzlich­e Bann dürfte den langsamen Untergang der umstritten­en Stierspekt­akel in Spanien weiter beschleuni­gen. Schon vor 25 Jahren wurden diese blutigen Kämpfe auf den Kanarische­n Inseln verboten. Seit 2012 dürfen auch in der nordspanis­chen Region Katalonien keine Kampfbulle­n mehr getötet werden. Nun folgen die Balearen. Dabei hatten die Toreros auf Mallorca zuletzt ohnehin nicht mehr viel Gelegenhei­t, ihr blutiges Handwerk zu verrichten: „In Palma gab es vor 50 Jahren noch rund 100 Stierkämpf­e pro Jahr, inzwischen gibt es nur noch einen“, sagt Guillermo Amengual, Sprecher der Bürgerinit­iative „Mallorca ohne Blut“. Außer in Palma wurden bisher nur noch in den mallorquin­ischen Orten Muro, Alcúdia und Inca Kämpfe veranstalt­et. Doch Inca, ein Ort im Inselzentr­um, zog nach dem politische­n Windwechse­l bereits Konsequenz­en und sagte den in diesen Tagen vorgesehen­en Stierkampf ab.

Nicht nur auf Mallorca, sondern in ganz Spanien befindet sich die Stierkampf­zunft auf dem Rückzug: Nach dem politische­n Linksruck in den Kommunal- und Regionalwa­hlen im Frühjahr haben viele spanische Städte Verbote beschlosse­n oder angekündig­t. Unter dem Strich hat sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der Stierkampf-Spektakel in Spanien auf 1900 halbiert.

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Foto: dpa Stiere, die in einer Arena vor den Augen von tausenden Zuschauern brutal gequält und dann umgebracht werden – solche Bilder soll es auf Mallorca in Zukunft nicht mehr geben.

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