Gutmenschen
Goethe, lebte er noch, würde heute von den Leserbriefschreibern, Internetgeiferern und Besorgtbürgern mächtig was zu hören bekommen. Gutmensch, elender! Edel sei der Mensch, hilfreich und gut? Schön gesagt, nettes Gedankengut sogar. Aber dieses naive, blauäugige, kurzsichtige, rührselig-verblendete, wahlweise auch linke, grüne, multikultiselige, pfarrhaushaltsmäßige, real existierende und real ausgeübte Gutmenschentum, wie gesagt, es bringt uns in Schieflage, ins Verderben.
Was ist passiert, dass ein guter Mensch zum Gespött, ja zur Hassfigur werden kann? Man hat ihn, nach dem Modell Schönling, Traumtänzer oder Schlaumeier, zum Gutmenschen substantiviert und ironisiert. Aber was für ein asymmetrischer Meinungskampf ist das, in dem es gar kein Gegenüber für den Gutmenschen gibt? Von Schlechtmenschen jedenfalls war noch nichts zu hören – und jene, die zumal in der FlüchtlingsCausa auf die Hilfreichen und Zugewandten einschlagen, würden sich selbst niemals so nennen lassen wollen.
Denn die Gutmenschen-Aufspürer und Gutmenschen-Feststeller sind ja überzeugt davon, nicht etwa Unmenschen, Miesmacher und Verächtlichmacher zu sein, sondern die besseren, die realistischen Weltverbesserer. Vom finalen Kampf des Herzens (gutmeinender Gutmenschen) gegen den Verstand (weitsichtiger Bürger) unken sie. Und der Mahnbürger liest heute eh nicht mehr Goethe, sondern Gundl.
Boris Gundl. Der hat das Buch „Diktatur der Gutmenschen“geschrieben. Was für Taffmenschen.