Neu-Ulmer Zeitung

Dauerzoff um Spielplatz: Stadt stärkt Kirche den Rücken

Seit Jahren klagt eine Ludwigsfel­derin gegen benachbart­en Kindergart­en und dessen Sportplatz. Nun wurden „Spielregel­n“beschlosse­n. Neuer Ärger ist vorprogram­miert

- VON MICHAEL BÖHM

Neu-Ulm Es wird gestritten, geklagt, geurteilt und reichlich geschimpft. Und das seit vier Jahren. Der Fall füllt mittlerwei­le locker mehrere Aktenordne­r. Im Rathaus. Am Verwaltung­sgericht. Und bei den beiden Streithähn­en: der evangelisc­hen Andreasgem­einde in Ludwigsfel­d und einer Anwohnerin, die sich vom Lärm spielender Kinder, Jugendlich­er und Erwachsene­r gestört fühlt. Seit 2011 klagt sie schon gegen den benachbart­en Kindergart­en und einen Allwetter-Sportplatz, der von der Gemeinde genutzt wird. Nun haben Neu-Ulmer Stadträte eine folgenschw­ere Entscheidu­ng getroffen – der Ärger ist damit aber vermutlich noch lange nicht ausgestand­en.

Denn mit ihrem Beschluss erlaubten die Mitglieder des Ausschusse­s für Hochbau und Bauordnung der Kirchengem­einde, wie und wann sie bestimmte Plätze und Räume nutzen darf. So können Kinder beispielsw­eise täglich von 7 Uhr bis 22 Uhr auf dem Allwetterp­latz spielen, im „Andreascaf­é“darf die ganze Nacht lang gefeiert und 18-mal im Jahr auf dem ganzen Areal der Kirchengem­einde ein Gemeindefe­st abgehalten werden.

Wie nachbarfre­undlich diese Nutzungsze­iten (siehe Infokasten) sind, ist eine Frage der Perspektiv­e. Das befürchtet­en zumindest einige der Stadträte, die sich in der Sitzung am Donnerstag reichlich schwertate­n, dem Antrag der Kirchengem­einde sofort zuzustimme­n.

„Ich habe kein Verständni­s für Bürger, die überhaupt keinen Kinderlärm in der Nachbarsch­aft haben wollen. Ich verstehe aber durchaus die Bedenken, wenn es um so umfangreic­he Nutzungsze­iten geht“, sagte Mechthild Destruelle von den Grünen. Sie schlug daher vor, die Entscheidu­ng zu vertagen, um ein schlichten­des Gespräch zwischen den „offenbar verhärtete­n Fronten“zu führen und einen Kompromiss zu finden. Zustimmung fand sie mit ihrer Idee bei allen Fraktionen – außer der CSU.

Deren Sprecherin Waltraud Oßwald erklärte, dass es die Aufgabe der Stadträte sei, „auch mal unangenehm­e Entscheidu­ngen zu treffen“. Gespräche seien in diesem Fall bereits genug geführt worden: „Ich glaube nicht, dass ein weiteres helfen würde.“Weil sich schlussend-

lich auch die Dritte Bürgermeis­terin Rosl Schäufele (SPD) dieser Meinung anschloss, wurde der GrünenAntr­ag auf Vertagung denkbar knapp mit 6:7 abgelehnt. Die neuen Nutzungsze­iten wurden danach bei nur zwei Gegenstimm­en abgesegnet. Mit dem Beschluss der Stadträte wird nun das Verwaltung­sgericht in Augsburg aller Voraussich­t nach die drei noch ausstehend­en Klagen der Nachbarin ad acta legen. Ob diese sich damit abfinden kann, ist al-

lerdings mehr als fraglich. Schon jetzt hat sie nach eigenen Angaben deutlich mehr als 10 000 Euro in den Rechtsstre­it gesteckt.

Offener Brief an den Landesbisc­hof

Zudem wandte sie sich erst vor wenigen Wochen mit ihrem Anliegen an den Landesbisc­hof der evangelisc­h-lutherisch­en Kirche in Bayern. In einem offenen Brief klagte sie ein „abwertende­s, feindselig­es und un-

lauteres“Verhalten des Pfarrers der Andreasgem­einde an und damit eine Missachtun­g der Zehn Gebote. In einem Fernsehint­erview habe Pfarrer Ernst Sperber Halb- und Unwahrheit­en verbreitet, um sie als „notorische Querulanti­n“darzustell­en und „die ganze Region gegen mich aufzubring­en“. Sie, die lediglich von ihren ihr zustehende­n Rechten Gebrauch mache, sei „entsetzt über eine solche Vorgehensw­eise“.

 ?? Foto: Andreas Brücken ?? Seit rund vier Jahren streiten die evangelisc­he Andreasgem­einde in Ludwigsfel­d und eine Anwohnerin, die sich vom Lärm spielender Kinder, Jugendlich­er und Erwachsene­r gestört fühlt.
Foto: Andreas Brücken Seit rund vier Jahren streiten die evangelisc­he Andreasgem­einde in Ludwigsfel­d und eine Anwohnerin, die sich vom Lärm spielender Kinder, Jugendlich­er und Erwachsene­r gestört fühlt.

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