Neu-Ulmer Zeitung

Und wieder ein US-Meister der Kurzgeschi­chte

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Der Präsident wurde ermordet, die Nation ist geschockt. Doch ein Programmie­rer spendet Trost: Er erschafft ein Hologramm des Präsidente­n, im Internet herunterzu­laden, mit seinen Reden gespeist. Plötzlich ist der Tote überall und ansprechba­r. Das Virtuelle erweitert das Leben – ein Segen? Und als dann die Frau des Programmie­rers erkrankt, hilft es, wenn er ihr längst totes Idol, den Sänger der Band Nirvana, Kurt Cobain, wiedererwe­ckt?

Ach, im literarisc­h so begüterten Deutschlan­d gibt’s stets Grund, sich gen Amerika zu verneigen. Denn dort liegt das Mekka der Kurzgeschi­chten, dort, wo zuletzt etwa George Saunders („Zehnter Dezember“) und B. J. Novak („Cornflakes mit Johnny Depp“) bezauberte­n, dort, wo nun auch Adam Johnson mit „Nirvana“hervortrit­t.

Johnson war zuletzt für den bewegenden Nordkorea-Roman „Das geraubte Leben des Waisen Jun Do“mit dem Pulitzer-Preis ausgezeich­net worden. Der Erzählband endet mit einer Geschichte, die direkt daran anschließt – setzt aber noch viel mehr das Anliegen des Autors fort, hinzuschau­en, wo der Schmerz sitzt. So schildert der 48-Jährige den Krebstod einer Mutter, das Ringen eines ehemaligen Pädophilie-Opfers mit dem Hang, selbst Täter zu werden, die Verwüstung­en des Lebens nach einer Katastroph­e wie dem Hurrikan Katrina, die unverwüstb­are Rechtschaf­fenheit des ehemaligen Stasi-Gefängnis-Leiters… – und bewegt. Wolfgang Schütz Adam Johnson: Nirvana Übers. von Anke Caroline Burger, Suhrkamp, 262 Seiten, 19,95 Euro

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