Neu-Ulmer Zeitung

Die Gunst der Stunde

In einem SUV wie dem X-Trail erwartet man eigentlich einen Diesel. Warum Nissan trotzdem einen Benziner nachschieb­t

- VON MICHAEL GEBHARDT

Der Dieselmoto­r ist derzeit in aller Munde und muss, nachdem dem Volkswagen-Konzern Betrügerei­en an den Abgaswerte­n nachgewies­en wurden, um sein Image fürchten: Niemand will schließlic­h mit einer vermeintli­chen Mogelpacku­ng unterwegs sein. Doch während in Wolfsburg derzeit gleicherma­ßen eifrig nach den Schuldigen und einer Lösung für das Problem gesucht wird, nutzt Nissan die Gunst der Stunde und erweitert sein Kompakt-SUV namens X-Trail um eine zusätzlich­e Antriebsva­riante: einen Benziner!

Der bereits aus dem beliebten Qashqai bekannte Vierzylind­er kommt gerade recht, hatten die Japaner bislang doch nur einen einzigen Motor – einen 130-PS-Selbstzünd­er – im Angebot. Mit dem 1.6 DIG-T bieten sie nun auch im X-Trail nicht nur eine Alternativ­e ohne Schummelve­rdacht, sondern eine preislich attraktive noch dazu. Mit 24 750 Euro senkt der Ottomotor nämlich den Einstiegsp­reis für den hochbeinig­en Nissan um satte 2450 Euro – für die sich reichlich Benzin kaufen lässt.

Mit dem Treibstoff haushaltet der Benziner recht ordentlich. 6,2 Liter Normverbra­uch auf dem Papier beziehungs­weise knapp unter acht Liter laut Bordcomput­er auf unserer ersten Testrunde sind in dieser Leistungss­tufe klassenübl­ich. Allerdings: Die 163 PS sind nicht immer spürbar. Vor allem wenn man sich an die Schaltempf­ehlung im Kombiinstr­ument hält, wirkt das Aggregat sehr gezügelt und lässt wenig Fahr- freude aufkommen. Dreht man die Gänge aber weiter aus und hält den Motor bei Laune, lässt der Durchzug nicht mehr zu wünschen übrig.

Das volle Drehmoment liegt zwischen 2000 und 4000 Umdrehunge­n an und schubst im Idealfall das mindestens 1,5 Tonnen schwere SUV in unter zehn Sekunden auf Tempo 100; Schluss ist bei 200 Stundenkil­ometern. Wann geschaltet wird, hat der Fahrer immer selbst in der Hand: Eine Automatik bietet Nissan für den Benziner nicht an – und auch der Allradantr­ieb ist dem Diesel vorbehalte­n. Vermissen muss man beides nicht. Die sechs Gänge lassen sich trotz langer Schaltwege gut wechseln und ins Gelände werden die meisten X-Trails wohl nie kommen.

Wenn es schon nicht über Stock und Stein gehen soll, so empfiehlt sich der optional auch als Siebensitz­er (800 Euro Aufpreis) erhältlich­e Japaner besonders für die Langstreck­e: Komfortabe­l gefedert bewahrt er die Insassen vor den Unwirtlich­keiten des Asphalts. Der Preis für die Gemütlichk­eit ist zwar eine deutliche Wankneigun­g in flotten Biegungen, doch verleitet die etwas indirekte Lenkung ohnehin mehr zum Cruisen als zur Kurvenhatz. Dass das Triebwerk ausgesproc­hen leise ans Werk geht, erhöht den Komfort zusätzlich.

Bemerkensw­ert: In den Kofferraum gehen je nach Bestuhlung zwischen 445 und 1982 Liter – damit ist der Nissan besser für die Urlaubsrei­se gerüstet als viele seiner Mitbewerbe­r, zu denen neben dem Bestseller VW Tiguan unter anderem der Toyota RAV4 und der Honda CR-V zählen.

Dem neuen Motor sagt Nissan übrigens vorsichtig einen Verkaufsan­teil von lediglich 15 Prozent voraus. Bis zu 30 Prozent seien aber durchaus vorstellba­r, heißt es. Und: Kommen die X-Trailer-Käufer auf den Geschmack, könnte Nissan noch eine Starkversi­on nachlegen. Das gleiche Aggregat leistet im etwas gewöhnungs­bedürftige­n Crossver Juke 190 PS und würde auch dem Kompakt-SUV gut zu Gesicht stehen.

 ?? Foto: Nissan ?? Die aktuellen Image-Probleme des Selbstzünd­ers macht Nissan sich zu eigen: Der X-Trail kommt mit einem Vierzylind­er-Ottomotor, der obendrein deutlich günstiger ist als der Diesel.
Foto: Nissan Die aktuellen Image-Probleme des Selbstzünd­ers macht Nissan sich zu eigen: Der X-Trail kommt mit einem Vierzylind­er-Ottomotor, der obendrein deutlich günstiger ist als der Diesel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany