Schmidt und Schmidtchen
Geh’ nicht zu Schmidtchen, geh’ zu Schmidt, sagt der Volksmund. Gemeint ist: Frage den Chef und nicht den Lehrling. Für Vizekanzler und Außenminister Sigmar Gabriel waren in Washington nur verschiedene „Schmidtchen“zu sprechen. Das war protokollarisch in Ordnung. Aber in der aktuellen Lage wäre es wichtig gewesen, die Ansichten von Schmidt, also USPräsident Donald Trump, aus dessen eigenem Munde zu erfahren.
Mit seinem Amtskollegen Tillerson und Vizepräsident Pence hat sich Gabriel gut verstanden. Kann also Entwarnung gegeben werden? Mitnichten! Die kurze bisherige Amtszeit Trumps hat bereits gezeigt, dass dieser auch ohne Rücksprache mit seinen Fachleuten handelt. So geschehen im Fall des Einreisebanns für Bürger aus sieben muslimischen Staaten. Ob die Meinungen seiner Minister viel Wert sind, ist fraglich.
Über die US-Außenpolitik lässt sich daher im Moment kein sicheres Urteil abgeben. Nicht nur die Gesprächspartner Gabriels, auch Äußerungen anderer Repräsentanten der Trump-Regierung zu Russland und Israel vermitteln immerhin den Eindruck, dass die traditionelle US-Außenpolitik doch nicht gänzlich über den Haufen geworfen wird. Aber Trump hat auch schon anders getwittert. Was zählt nun? Die Tweets von Schmidt oder die Worte der Schmidtchen?
Die USA verschärfen die Gangart gegen den Iran: Als Reaktion auf den jüngsten Raketentest Teherans verhängte das Finanzministerium in Washington am Freitag neue Sanktionen gegen den Iran. Die Maßnahmen richten sich gegen 25 Firmen und Einzelpersonen im Iran und in China, die am Raketenprogramm des Landes beteiligt sind. Der Iran bezeichnete die neuen USSanktionen am Freitag als dilettantisch und zwecklos. Am Abend kündigte das Land Beschränkungen gegen US-Bürger und Firmen an.
Präsident Donald Trump hatte Teheran zuvor mit den Worten gedroht: „Der Iran spielt mit dem Feuer – sie wissen nicht zu schätzen, wie ,nett‘ Präsident Obama zu ihnen war“. Er fügte hinzu: „Ich nicht!“
Vergangenes Wochenende hatte der Iran nach einem Bericht der Zeitung Die Welt erstmals einen selbst gebauten Marschflugkörper getestet, der rund 600 Kilometer weit flog. Zudem wurde am Sonntag eine iranische Rakete gestartet, die 965 Kilometer weit flog, bevor sie explodierte. Dieser Test könnte UNResolution 2231 verletzen. Darin wird der Iran aufgefordert, keine ballistischen Raketen zu starten, die auch nuklear bestückt werden könnten. Allerdings verfügt der Iran nicht über atomare Sprengköpfe.
Trumps Sicherheitsberater Michael Flynn hatte am Mittwoch von einer Provokation gesprochen und dem Iran eine Verletzung von Resolutionen des UN-Sicherheitsrates vorgeworfen. Trump hatte am Donnerstag mit Blick auf das Atomabkommen von einem „schrecklichen Deal“gesprochen. Der Iran sei kurz vor dem Kollaps gewesen, bis mit dem Abkommen Milliarden an das Land geflossen seien.
Das Atomabkommen von 2015 hatten die UN-Vetomächte sowie Deutschland mit der Islamischen Republik ausgehandelt. Darin verpflichtete sich der Iran zur ausschließlich zivilen Nutzung seines Nuklearprogramms. Im Gegenzug wurden viele Wirtschaftssanktionen gegen Teheran aufgehoben.
Eine harte Haltung nimmt die neue US-Regierung auch gegenüber Russland ein. Die wegen der Annexion der Krim-Halbinsel verhängten Sanktionen gegen Moskau sollen aufrechterhalten bleiben. Die Strafmaßnahmen blieben bestehen, „bis Russland die Kontrolle über die Halbinsel an die Ukraine zurückgegeben hat“, sagte am Donnerstag die US-Botschafterin Nikki Haley. Sie verurteilte zugleich das „aggressive“russische Vorgehen in der Ostukraine.
Seit dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten war mit Spannung erwartet worden, ob es eine Veränderung in der US-Position zum Ukraine-Konflikt geben könnte. Ausgelöst worden waren die Spekulationen durch Trumps anerkennende Worte über den russischen Staatschef Wladimir Putin.
Trump hat sich überraschend auch von Israels Siedlungspolitik distanziert. Der Bau neuer und die Ausweitung bestehender Siedlungen seien „vielleicht nicht hilfreich“bei den Bemühungen, den israelischpalästinensischen Konflikt beizulegen, erklärte der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer.
Israelische Regierungsvertreter werteten dies nicht als Kehrtwende. Vize-Außenministerin Zipi Hotovely betonte, „das Weiße Haus selbst vertritt die Ansicht, dass die Siedlungen kein Hindernis für den Frieden sind.“