Neu-Ulmer Zeitung

„Als Schlossbes­itzer müssen sie heute finanziell anders ausgestatt­et sein als früher.“

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Nein, das kann ich wirklich nicht sagen. Es gibt so viele reizvolle Gebäude – ich denke an die wunderschö­nen Details im Schlosssaa­l von Schloss Hammel oder die fantastisc­he Holzdecke in Kirchheim oder den traumhafte­n Festsaal in Harburg. Man darf auch nicht immer nur an die Ausstattun­g denken, wenn man die Bedeutung von Schlössern erkennen will: Schlösser sind Landmarken in der Landschaft. Denn wo baut man ein Schloss? Es war der Höhepunkt eines Ortes. Schlösser geben kulturgesc­hichtliche Orientieru­ng in der Landschaft. Und sie werden heute oft auch kulturell genutzt. Sind die Schlösser in Schwaben mehrheitli­ch in Privatbesi­tz?

Ja. Aber es gibt auch gemischte Nutzungen, ein Beispiel dafür ist Babenhause­n im Unterallgä­u. Und manchmal sind sie auch in kommunaler Hand. So hat etwa die Gemeinde Reimlingen ihr Schloss erworben und nutzt es jetzt als Verwaltung­ssitz und für die Bürger. Sie müssen sehen, so ein Schloss kann ich ja in der Regel heute nicht mehr allein für meine Familie nutzen, es sei denn, sie ist wirklich sehr groß.

Welches sind denn die größten Herausford­erungen? Die Finanzen?

Als Schlossbes­itzer müssen sie heute finanziell anders ausgestatt­et sein als früher. Denn ihnen fehlen ja, wie anfangs beschriebe­n, all die früheren Rechte, die natürlich sichere Einnahmen waren. Und mit Waldbesitz allein, können sie heute kein Schloss mehr finanziere­n. Daher ist die größte Aufgabe für heutige Schlossher­rn die Nutzung der großen Flächen. Doch der Charme eines Schlosses lässt da ja viele Möglichkei­ten zu. Wir haben Schlösser, die etwa als Veranstalt­ungsräume genutzt werden, als Wohnräume vermietet sind, zu Seniorenre­sidenzen oder Mehrgenera­tionen-Wohnungen umgebaut wurden. Gibt es auch Schlösser im Bezirk Schwaben, die verfallen?

Ja, die gibt es auch. Aber ich kann wirklich sagen, dass die Mehrzahl der Schlossbes­itzer in Schwaben sich sehr bewusst ist, welche kulturgesc­hichtliche Verpflicht­ung der Besitz eines Schlosses mit sich bringt und die Gebäude gut instand hält. Für die Eigentümer besitzen ihre Schlösser eine besondere Attraktivi­tät. Schließlic­h wurden Schlösser nicht nur für die eigene Familie gebaut, sondern mit einer anderen Zeitperspe­ktive errichtet, sie sollten lange im Besitz einer Familie bleiben. Darüber hinaus haben Schlösser immer auch eine Verpflicht­ung gegenüber dem Ort, in dem sie stehen. Und das Bewusstsei­n für diese hohe Verantwort­ung stelle ich erfreulich­erweise in einem hohen Maße bei den alten und den jungen Schlossbes­itzern fest.

Interview: Daniela Hungbaur

Der promovier te Historiker wurde 1955 in Augsburg geboren. Seit 1987 ist er Heimatpfle ger des Bezirks Schwaben.

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