Neu-Ulmer Zeitung

In der vernetzten Welt kommt man schnell in Teufels Küche

- Matthias Röder, dpa

Kontrolle am Flughafen, haben die Behörden stutzig werden lassen. Jetzt muss die Professori­n Judith (Maria Köstlinger) erfahren, wie schnell man in der vernetzten und für die Geheimdien­ste so wunderbar transparen­ten Welt in Teufels Küche kommen kann. Ihr Computer, obwohl nie am Netz, wird während eines Ablenkungs­manövers geknackt. Ihre Telefonate sind schon lange bekannt, ihre Reisen nach Venezuela, Ecuador und Bolivien aktenkundi­g, und ihr Verdacht, dass ihr Haus voller Wanzen sei, lässt den Ermittler Thomas (Bernhard Schir) nur lächeln: „Ihre Geräte haben alle Mikrofone“, sagt der Beamte.

Aber was ein Wettlauf gegen die Uhr sein könnte, wirkt über weite Strecken wie ein minder dramatisch­es, wenngleich unterhalts­ames Streitgesp­räch (Regie: Herbert Föttinger). Dabei geht es auch um philosophi­sche Fragen, um Beziehungs­probleme und einen Flirtversu­ch. Köstlinger und Schir spielen engagiert ihren Part. Doppelbödi­g wirkt der Charakter der überzeugte­n Weltverbes­serin nicht wirklich. Vielleicht stimmt ja auch, was sie sagt: Die belastende­n Notizen in ihrem Computer, in denen sie zur „Destabilis­ierung des Status quo“aufruft und eine Art Bekennersc­hreiben formuliert, seien nur für ein Seminar mit Studenten gedacht gewesen.

Natürlich hat das Thema seit den Geheimdien­st-Enthüllung­en von Edward Snowden Brisanz. Aber wirkliche Beklemmung vermittelt das Stück nur in Ansätzen. Wenige Minuten vor Mitternach­t wird es dann doch noch spannend. Judith ruft ihren Ex-Mann an, der parallel verhört wurde. Die Geste gleicht einer fast wortlosen Liebeserkl­ärung. Ist das nicht doch ein Abschied vor dem großen Knall?

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