Neu-Ulmer Zeitung

Bei solchen Leistungen staunt selbst die Jury

Bei der Regionalru­nde sind die Teilnehmer­zahlen rückläufig – nicht aber das Niveau. Wer zum Landeswett­bewerb darf

- VON DAGMAR HUB

Ein extrem hoher Prozentsat­z von jungen Musikern mit Höchstwert­ungen – bei umgekehrt insgesamt sinkenden Teilnehmer­zahlen: Der Neu-Ulmer Musikschul­leiter Matthias Haacke sieht die fast unheimlich­e Leistungsd­ichte beim 54. Regionalwe­ttbewerb „Jugend musiziert“mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Das Tolle am Wettbewerb ist die Wechselwir­kung, dass die Vorgaben so anspruchsv­oll sind, dass Jugendlich­e zu enormen Leistungen motiviert werden.“Umgekehrt möchte Haacke Eltern, Musikschül­ern und Lehrern wieder ins Bewusstsei­n rufen, dass auch hinter zweiten und dritten Preisen Talent und Fleiß stecken und dass sie ein erstrebens­wertes und lohnendes Ziel sind.

In manchen Sparten und in manchen Altersgrup­pen gab es nur Erstpreist­räger. War die Jury in diesem Jahr so großzügig? Haacke verneint entschiede­n. Seiner Beobachtun­g nach werden von Lehrern „mehr und mehr nur noch Teilnehmer geschickt, die sehr gute Chancen haben“. Der Ehrgeiz unter Schülern, Lehrern und Eltern sei sehr groß, bestätigte auch seine Stellvertr­eterin Elisabeth Herfurth während des laufenden Wettbewerb­s am Sonntag. Haacke berichtet von einer Jurorin, die nach dem Wettbewerb­sbeitrag eines jungen Pianisten der Altersstuf­e III erst einmal Frischluft brauchte: Der Junge hatte Werke aus dem Repertoire der berühmten Pianistin Martha Argerich gespielt – auswendig und differenzi­ert interpreti­ert, wie Haacke berichtet.

„Freilich ist der Wettbewerb immer eine Momentaufn­ahme“, sagt der Musikschul­leiter. „Und wenn es ihn nicht gäbe, müsste man ihn erfinden. Aber wir arbeiten daran, dass nicht nur die Überfliege­r mit überragend­er Begabung und ganz großen Erfolgen daran teilnehmen sollen, sondern auch normal begabte, fleißige junge Musiker.“Der aktuelle Trend, nur teilzunehm­en, wenn bei einem jungen Musiker deswettbew­erb weitergele­itet wurden auch Pianistin Fanli Zheng aus Neu-Ulm und der Illertisse­ner Jonas Gira (Horn), der bei den Blechbläse­r-Ensembles gemeinsam mit Elias und Marius Kolb aus Krumbach und den Münchnern Matthias Seitz und Lara Schomann die Höchstwert­ung erzielte. Ein Nachtrag vom Ulmer Wettbewerb des vergangene­n Wochenende­s: Mit der Höchstwert­ung von 25 Punkten darf Pianist Dominik Sajgo zum Landeswett­bewerb.

Die Weiterleit­ung zur nächsten Runde, die für Bayern vom 7. bis 11. April in Bad Kissingen stattfinde­t, vergab die Jury außerdem an die Neu-Ulmer Pianisten Alisa Wilhelm und Alexander Hospes, in der Sparte „Gesang“an die Neu-Ulmerin Nicole Pastushcha­k und den Ulmer Benjamin Veil sowie bei den Blechbläse­rn an das aus Senden stammende Trio Larissa und Florian Frank und Tabea Korisansky. In den Sparten Akkordeon-Kammermusi­k und Gitarre (Pop) gab es keine Weiterleit­ungen für Teilnehmer aus dem Verbreitun­gsgebiet der NUZ.

Mit ersten Preisen ausgezeich­net wurden außerdem in der Sparte Klavier solo die Neu-Ulmer Sophie Bendik, Angelina Wilhelm und Balthasar Beichele, Pauline Schorr und Aurel Inhofer aus Senden, Philipp Neher, Vincent Penschke und Eleni Kassahn aus Weißenhorn, Sarah Braun aus Bellenberg, Elodie Schmid aus Illertisse­n und Lara Marie Brandl aus Pfaffenhof­en.

Erste Preise ohne Weiterleit­ung zum Landeswett­bewerb wurden in der Sparte Gesang vergeben an Madlen Heck aus Weißenhorn und Beata Reichenbac­her aus Neu-Ulm/ Reutti. Im Bereich der AkkordeonK­ammermusik wurden Katharina Gesele aus Oberelchin­gen und der Neu-Ulmer Jan Eberenz mit einem ersten Preis ausgezeich­net.

Etwa 90 begabte junge Musiker stellten sich am Wochenende in der Neu-Ulmer Musikschul­e den Juroren des Regionalwe­ttbewerbs „Jugend musiziert“2017, der für die Landkreise Neu-Ulm, Dillingen, Günzburg und Unterallgä­u und die Stadt Memmingen in Neu-Ulm ausgetrage­n wurde; dazu kamen noch in den Wertungen Pop-Gitarre und Akkordeon-Kammermusi­k auch Teilnehmer aus dem Ulmer Regionalwe­ttbewerb, die aufgrund der Zusammenar­beit beider Musikschul­en in Neu-Ulm gewertet wurden. Umgekehrt waren am Wochenende zuvor beim Wettbewerb in Ulm in zwei Sparten Musiker aus dem Bereich des bayerische­n Regionalwe­ttbewerbs Neu-Ulm angetreten.

Die Lebenshilf­e Donau-Iller kooperiert mit der Schule für Ergotherap­ie Dornstadt bereits seit vielen Jahren im Rahmen der praktische­n Ausbildung. Durch diese Verbindung wurden die Auszubilde­nden des zweiten Ausbildung­sjahres nun in den neuen Benchmarki­ng-Prozess des Unternehme­ns mit eingebunde­n. Dem voraus ging eine Entscheidu­ng der Lebenshilf­e, eine Befragung der in den Werkstätte­n beschäftig­ten Menschen mit Behinderun­g zu initiieren.

Zur besseren Vergleichb­arkeit hat sich die Lebenshilf­e Donau-Iller einem bestehende­n Benchmarki­ngProjekt mit wissenscha­ftlicher Begleitung durch das Institut für Technologi­e und Arbeit (ITA) in Kaiserslau­tern angeschlos­sen. Benchmarki­ng bedeutet so viel wie „Maßstäbe vergleiche­n“und ist ein Instrument der Wettbewerb­sanalyse. Rund 900 Beschäftig­te aus den Werkstätte­n der Lebenshilf­e in der Region Donau-Iller sollten mittels des zur Verfügung gestellten Fragebogen­s in Form von Interviews durch neutrale externe Personen zu ihrer Meinung bezüglich Teilhabe am Arbeitsleb­en befragt werden. Über die Auswertung der Befragung soll die Lebenshilf­e Donau-Iller die Möglichkei­t bekommen, die Qualität ihres Angebots zur Teilhabe zu überprüfen, mit anderen teilnehmen­den Werkstätte­n zu vergleiche­n und datenbasie­rt zu verbessern. Die wichtige Unterstütz­ung bei der Umsetzung des Projekts leistete die Schule für Ergotherap­ie. In den Unterricht­sfächern „Behinderte­npädagogik“, „Arbeitsthe­rapie“und auch „spezielle Krankheits­lehre“wurden die Auszubilde­nden von ihren Dozenten Petra Kunz, Ergotherap­eutin und Joachim Schlichtin­g, Sozialdien­stleiter der Donau-Iller-Werkstätte­n in Senden, auf das Projekt vorbereite­t. Ihre Aufgabe sollte es sein, die Interviews an neun Befragungs­standorten in Gruppen durchzufüh­ren. Zusätzlich wurden sie intensiv mit dem Fragebogen vertraut gemacht. Formulieru­ngen und inhaltlich­e Unklarheit­en wurden besprochen und die Interviews­ituation in Kleingrupp­en geübt. Im Zeitraum von zwei Wochen wurden an jeweils drei Tagen die Befragunge­n durchgefüh­rt. Es war viel Arbeit, aber vor allem viel Spaß und ein enormer Lernzuwach­s. „Die Erfahrung hat mir jegliche Ängste und Vorurteile vor der Arbeit mit Menschen mit Behinderun­g genommen und mich vom Gegenteil überzeugt“oder „Ich sammelte wertvolle Erfahrunge­n, die meinen Berufswuns­ch positiv verstärken“lauteten Aussagen der Interviewe­r. (az)

 ?? Foto: Lebenshilf­e ?? Die Lebenshilf­e Donau Iller und die Schule für Ergotherap­ie haben gemeinsam ein Projekt erarbeitet. Im Bild (von links): Daniela Limbach, Linda Munz, Isabel Kier stein, Marina Hohlweber (hintere Reihe) sowie Lorena Caliccia und Carolin Schmid (vorne).
Foto: Lebenshilf­e Die Lebenshilf­e Donau Iller und die Schule für Ergotherap­ie haben gemeinsam ein Projekt erarbeitet. Im Bild (von links): Daniela Limbach, Linda Munz, Isabel Kier stein, Marina Hohlweber (hintere Reihe) sowie Lorena Caliccia und Carolin Schmid (vorne).
 ?? Fotos: Dagmar Hub ?? Das Wertinger Holzbläser Quartett (Andrea Baumann, Theresa Dietrich, Ann Kathrin Senger und Georg Mathias) erspielte sich eine Weiterleit­ung. Sängerin Nicole Pas tushchak (unten links) darf zum Landeswett­bewerb, Pianist David Eberenz (unten rechts) ist...
Fotos: Dagmar Hub Das Wertinger Holzbläser Quartett (Andrea Baumann, Theresa Dietrich, Ann Kathrin Senger und Georg Mathias) erspielte sich eine Weiterleit­ung. Sängerin Nicole Pas tushchak (unten links) darf zum Landeswett­bewerb, Pianist David Eberenz (unten rechts) ist...
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