Gleiche Arbeit, gleicher Lohn?
Der Gehaltsreport zeigt, dass sich für Fach- und Führungskräfte ein akademischer Abschluss auszahlt. Aber auch, dass Frauen in allen Branchen immer noch schlechter verdienen als ihre männlichen Kollegen
Wer zu den bestverdienenden Deutschen gehören möchte, muss eigentlich nur vier Schritte befolgen. Erstens: Nach Hessen ziehen. Laut des aktuellen Gehaltsreports des Online-Jobportals Stepstone fällt dort der Lohn am Monatsende am großzügigsten aus: Fach- und Führungskräfte verdienen im Jahresdurchschnitt 62000 Euro brutto, inklusive Boni oder Urlaubsgeld.
Schritt zwei: Studieren, am besten bis zum Master-Abschluss oder gar bis zur Promotion. Denn damit ist gegenüber Kollegen ohne akademischen Abschluss durchschnittlich 37 Prozent mehr Gehalt drin. Mit einem Master kann eine Fach- und Führungskraft so auf rund 65000 Euro im Jahr kommen.
Drittens: Auf das richtige Pferd setzen – bloß nicht Sozialpädagogik oder gar Erziehungswissenschaften studieren, sondern Medizin: Wie auch schon in den Jahren zuvor, sind Ärzte die Top-Verdiener aller untersuchten Berufsgruppen und kommen auf ein durchschnittliches Jahresgehalt von 83000 Euro. Sozialpädagogen verdienen dagegen nur etwas mehr als die Hälfte.
Der vierte und letzte der nicht ganz ernst gemeinten Schritte, um hierzulande zu den bestverdienenden Arbeitnehmern in Vollzeit zu gehören: Seien Sie keine Frau. Denn so stehen trotz statistisch vorteilhaftem Bundesland, Hochschulabschluss und gefragtem Beruf durchschnittlich 15 000 Euro weniger auf der Jahresabrechnung als bei den männlichen Kollegen.
Immerhin, ein bisschen kann frau sich auch hier von der Branche leiten lassen: Der sogenannte Gender Pay Gap, also der Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern, ist dem Gehaltsreport zufolge bei den Medizinern mit 30000 Euro am größten. Unter Fach- und Führungskräften in der IT-Branche herrscht dagegen etwas mehr Gleichberechtigung. Trotzdem verdienen Frauen im Jahr auch hier rund 7000 Euro weniger als die Männer.
Während zwar die Berufsgruppe der Mediziner die höchsten Gehälter bekommt, ist es die Chemie- und Erdölverarbeitende Industrie, die die besten Löhne zahlt. Dicht gefolgt von der Pharmaindustrie, Raum- und Luftfahrt sowie der Autoindustrie und dem Bankensektor, die ihren Fach- und Führungskräf- ten im Schnitt um die 67 000 Euro brutto zahlen. Der Report zeigt auch, dass Ingenieure in der Telekommunikationsbranche im Schnitt mit 77 000 Euro die besten Aussichten auf ein hohes Gehalt haben. Aber auch Berufserfahrung macht viel aus: Ein Fahrzeugtechnik-Ingenieur bekommt nach 10 Jahren mit 85000 Euro deutlich mehr als ein Telekommunikations-Ingenieur.
Um die aktuellen Zahlen vorlegen zu können, hat das Jobportal Stepstone im Herbst 60000 Fach- und Führungskräfte in ganz Deutschland befragt und die Ergebnisse nach Berufsfeld, Region, Branche und Berufserfahrung in einem 60-seitigen Report aufgeschlüsselt. Das Unternehmen hat für den aktuellen Report die Daten etwas differenzierter erhoben als in den Vorjahren, daher sind die Ergebnisse nicht eins zu eins mit denen der Vorjahre vergleichbar. Nach Angaben von Stepstone-Sprecherin Inga Rottländer seien die Gehälter auch deswegen insgesamt deutlich höher als in den Vorjahren. Es habe aber keine überraschenden Entwicklungen gegeben.
Trotz aller Details ist der Report eine Statistik, die als solche behandelt werden muss. Er gibt keinen Aufschluss über das Gehalt des Nachbarn, alle Zahlen sind Durchschnittswerte. Auf den ersten Blick kann beispielsweise untergehen, dass ein großes Unternehmen oft bessere Löhne zahlen kann als ein mittelständischer Betrieb. Bis zu einem Drittel kann dieser Unterschied ausmachen.