Neu-Ulmer Zeitung

Ein Mensch ist keine zehn Millionen wert

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Es ist zum Verzweifel­n. Die VWMitarbei­ter bauen zwar gute Autos, den Managern fehlt aber das Gespür für Krisen-Kommunikat­ion. In finanziell­en Dingen geht ihnen jeder Anstand ab. Da soll Christine Hohmann-Dennhardt, die als Ex-Verfassung­srichterin bei Volkswagen moralisch aufräumen wollte, mehr als zwölf Millionen Euro bekommen. Allem Anschein nach wurde sie von VW-Männern, die allergisch auf die Aufklärung­sarbeit der Frau reagiert haben, aus dem Konzern gedrängt. Dafür würde sie in obszöner Weise entschädig­t. Wer bei VW macht solche irrwitzige­n Verträge? Warum ver- zichtet die Managerin nicht freiwillig auf einen großen Teil der Abfindung? Ja, weshalb drängen sie im VW-Aufsichtsr­at sitzende SPDPolitik­er nicht dazu? Schließlic­h will der sozialdemo­kratische Kanzlerkan­didat Schulz Besserverd­ienenden an den Kragen. In der VWWelt passt vieles nicht zusammen. Schon gibt es einen neuen kommunikat­iven Auffahrunf­all. Denn der Konzern will Vorstandsg­ehälter auf maximal zehn Millionen Euro deckeln. Der Schritt ist wohl als Akt der Bescheiden­heit gemeint, hat Ex-VW-Chef Winterkorn doch einst 17,5 Millionen Euro kassiert.

Doch Bescheiden­heit sieht anders aus. In Anbetracht der horrenden Milliarden­zahlungen, die Volkswagen wegen des Abgasbetru­gs leisten muss, wäre eine Obergrenze von drei Millionen Euro ein erstes Signal, dass die Mächtigen begreifen, wie sehr das Unternehme­n moralisch und wirtschaft­lich geschädigt wurde. Die von VW-Chef Müller immer wieder versproche­ne Demut hält dem Praxistest nicht stand.

Wenn die Konzernlen­ker eine grundlegen­de Reform weiter verweigern, entscheide­n sie sich für eine Schreckens­fahrt ohne Ende. Ein Mensch ist jedenfalls nicht zehn Millionen Euro im Jahr wert. Das gilt für Fußballer wie Manager.

Newspapers in German

Newspapers from Germany