Anschieben statt ausbremsen
Kaum ein Thema birgt so viel sozialen Sprengstoff wie das Wohnen. Auf der einen Seite sorgen Rekordpreise für Luxusimmobilien für Kopfschütteln, auf der anderen fehlen hunderttausende Wohnungen für Menschen, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind – unter ihnen zunehmend anerkannte Flüchtlinge. Und für die Mitte der Gesellschaft wird der Anteil von Miete oder Hypothekenrate am monatlichen Budget immer höher.
Schuld ist zu einem großen Teil eine Politik, die entgegen aller Beteuerungen Bauen immer noch teurer gemacht hat. Gut 20 000 Normen gibt es in der Bauwirtschaft inzwischen, eine Wärmeschutzverordnung jagt die nächste. Manche Regeln sind sinnvoll, viele zumindest fragwürdig. Zudem sind Gerichtsund Notarkosten ebenso wie die Grundsteuer in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
Sogar die Vereinigungen von Mietern und Grundeigentümern betonen in seltener Einigkeit, dass in Deutschland mehr, schneller, einfacher und günstiger gebaut werden müsste. Eine deutliche Verschlankung des aufgedunsenen Regelwerks wäre dringend notwendig. Um den Wohnungsbau anzukurbeln, darf die Politik die Bauwilligen nicht länger ausbremsen, sie muss sie anschieben. Und das nicht nur, wenn es um den Bau von MietImmobilien geht. Nichts schützt besser etwa vor Altersarmut als die eigenen vier Wände. Nichts wäre deshalb sozialer, als die Rahmenbedingungen für die Bildung von Wohneigentum zu verbessern.
chere Ausweisung von Baugebieten. Auch eine Diskussion über Standards und Vorschriften am Bau sei dringend notwendig. Kommunale und gemeinnützige Wohnbaugesellschaften müssten ihre Aktivitäten deutlich verstärken, so Gribl. Es dürfe bei einer künftigen Wohnbaupolitik aber nicht nur um Mietwohnungsbau gehen. Auch die Eigentumsbildung müsse der Staat nach Kräften unterstützen – etwa durch ein Baukindergeld.
Laut Gribl sieht auch Kanzlerin Merkel in der Bekämpfung der Wohnungsnot eine vorrangige Aufgabe. Sie wolle seine Vorschläge in die Diskussionen um das UnionsWahlprogramm einfließen lassen.
Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) hat zwei weitere Rentenprojekte auf den Weg gebracht. Das Kabinett verabschiedete ihre Gesetzentwürfe für eine Angleichung der Renten in Ost und West sowie eine höhere Erwerbsminderungsrente für Menschen, die zum Beispiel aufgrund eines Unfalls nicht mehr voll arbeiten können.
Die Renten in Ost- und Westdeutschland sollen bis zum 1. Januar 2025 vollständig angeglichen werden. Die Anhebung auf Westniveau soll 2018 beginnen und in sieben Schritten vollzogen werden. Parallel soll die höhere Bewertung der tatsächlichen Löhne für die Rentenberechnung im Osten gesenkt werden. Für künftige Rentnergenerationen im Osten bedeutet das einen Einnahmeverlust.
Die jährlichen Kosten für die Angleichung sollen bis zu maximal 3,9 Milliarden Euro im Jahr 2025 betragen. Sie werden sowohl aus Beitragsals auch aus Steuermitteln finanziert. Dazu wird der Bundeszuschuss für die Rente erhöht – schrittweise auf bis zu zwei Milliarden Euro ab 2025.
Aus Sicht von Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) erfolgt die Rentenangleichung „später als im Koalitionsvertrag ursprünglich vereinbart“. Das Abschmelzen der Höherwertung erfolge zu abrupt, was spätere Rentenbezieher im Osten benachteilige. Grundsätzlich begrüße er die Gesetzesinitiative aber. Nahles räumte ein, dass Ost-Arbeitnehmer nach der Angleichung künftig bei der Bewertung ihrer Renten benachteiligt würden. Das sei aber ein Problem des unterschiedlichen Lohnniveaus in Ost und West.
Nach dem Gesetzentwurf zur Erwerbsminderungsrente sollen nur jene Menschen bessergestellt werden, die ab dem 1. Januar 2018 neu in eine Erwerbsminderungsrente gehen. Derzeit werden Betroffene bei der Rente so gestellt, als hätten sie bis zum 62. Lebensjahr weiter gearbeitet. Diese sogenannte Zurechnungszeit soll für künftige Erwerbsminderungsrentner bis 2024 stufenweise um drei auf 65 Jahre verlängert werden. Die Anpassung koste 1,5 Milliarden Euro, sagte Nahles. Sie bedauerte, dass nach der üblichen Rentensystematik die Anhebung der Erwerbsminderungsrente nicht auch für jene 1,8 Millionen Betroffenen gilt, die schon in Rente sind. Gerade bei diesen Menschen sei das Risiko von Altersarmut besonders hoch.