Neu-Ulmer Zeitung

Mord in der Abflughall­e

Hat Nordkoreas Diktator seinen Halbbruder umbringen lassen? Die malaysisch­e Polizei hat eine Frau verhaftet

- Christoph Sator, Dirk Godder, dpa

Für den fülligen Mann mit der goldenen Rolex am Arm muss das anfangs alles Routine gewesen sein. Den Vier-StundenFlu­g von Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur in die chinesisch­e Sonderverw­altungszon­e Macau hatte Kim Jong Nam, ältester Halbbruder von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, schon viele Male gemacht. In beiden Städten besaß er Immobilien.

Vor dem Abflug um 10 Uhr morgens ging der 45-Jährige in Terminal 2 noch einige Geschäfte durch. Dann war es mit der Routine vorbei. Plötzlich seien zwei asiatisch aussehende Frauen, Ende 20, von hinten auf ihn zugekommen, berichtete­n am Mittwoch malaysisch­e Zeitungen unter Berufung auf die Polizei. Eine habe Kim Jong Nam ein Tuch über Mund und Nase gedrückt. Andere wollen gesehen haben, wie ihm ein Spray ins Gesicht sprühte.

Eine der Frauen ist auf einem Foto einigermaß­en genau zu erkennen. Die mutmaßlich­e Killerin trägt Rock und ein langärmlig­es T-Shirt – zynischerw­eise mit dem Aufdruck „LOL“. Das steht für „Laughing Out Loud“, was sich mit „laut gelacht“übersetzen lässt. Anschließe­nd fuhren die zwei mit einem Taxi weg. Dem Fahrer zufolge gaben sie sich als Vietnamesi­nnen aus. Spekuliert wird darüber, dass es nordkorean­ische Agentinnen waren. Im Lauf des Mittwochs gab es Gerüchte, dass die beiden Frauen Selbstmord begangen haben könnten. Am Abend meldete die Polizei jedoch, dass eine 28-jährige Frau mit einem vietnamesi­schen Pass festgenomm­en worden sei. Über Einzelheit­en schwiegen sich die Behörden aus – wie so oft in diesem diplomatis­ch äußerst heiklen Fall.

Kim Jong Nam ging nach dem Überfall – der sich bereits am Montag schen Dynastie der Welt eine Zeit lang als potenziell­er Nachfolger. Nach dem Tod des Vaters im Dezember 2011 wurde das jedoch Kim Jong Un, sein jüngerer Halbbruder.

In Nordkoreas Machtappar­at spielte er aktuell keine Rolle mehr. Mehrmals wurden von ihm kritische Äußerungen über die Zustände in seiner Heimat kolportier­t. Aber ein Regimegegn­er war er gewiss nicht. Seit der Hinrichtun­g seines Onkels Jang Song Thaek – bis dahin einer der engsten Berater von Kim Jong Un – soll er jedoch sehr in Sorge um sein Leben gewesen sein.

Doch warum hätte Nordkoreas Machthaber, wiewohl als brutal bekannt, seinen Halbbruder aus dem Weg räumen wollen? Kim Jong Nam lebte zuletzt überwiegen­d im Ausland, genoss nach Berichten südkoreani­scher Medien das Leben. Südkoreas Geheimdien­stchef Lee Byong Ho äußerte die Vermutung, Kim Jong Un habe sich von „Paranoia“leiten lassen, weniger von der Sorge um eine direkte Gefahr für seine Macht.

Zudem wird im Süden spekuliert, ein Anschlag könnte mit den Beziehunge­n zu China zu tun haben. Eine Theorie besagt, Kim Jong Uns größte Furcht sei gewesen, China wolle eine „Marionette­n-Regierung“unter Kim Jong Nam etablieren.

Zuerst ist Jana Gessert gar nicht zu sehen. Die zierliche Frau verschwind­et fast gänzlich hinter einem Strauß aus Strohhalme­n, schwarzen, weißen, rot gestreifte­n. Sie hat ihren gesamten Messestand damit dekoriert, denn schließlic­h soll es ja heute vor allem um sie gehen: die bunten Bio-Röhrchen. Denn Gessert, 58 Jahre, schwarze Haare, offenes Lachen, verkauft keine gewöhnlich­en Plastikhal­me. Die Produkte, die sie gemeinsam mit ihrem Geschäftsp­artner Dominik Wagner herstellt, bestehen aus Papier, aus Kartoffels­tärke oder tatsächlic­h aus Stroh. Bedruckt sind sie mit Lebensmitt­elfarbe, selbst die Verpackung, in der sie ausgeliefe­rt werden, wird aus Zucker gefertigt, nicht aus Plastik.

Die Bio-Strohhalme des Unternehme­ns aus Raubling bei Rosenheim sollen eine nachhaltig­e Alternativ­e zu den herkömmlic­hen Plastik-Röhrchen

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Foto: Ahn Young Joon, dpa Kim Jong Nam (Mitte), der ältere Halbbruder des nordkorean­ischen Diktators Kim Jong Un, starb auf dem Flughafen von Kuala Lumpur. Unser Bild zeigt, wie ein südkoreani­scher TV Sender über den Fall berichtete.
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Foto: Daniel Karmann, dpa Kaffee aus Bambusbech­ern: Die nachhaltig­en Behälter sind im Trend. Denn immer mehr Menschen versuchen, weniger Plastik zu benutzen.

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