Neu-Ulmer Zeitung

Ceta nimmt wichtige Hürde

Europa-Parlament stimmt für das Abkommen mit Kanada. Auch Bayerns Verfassung­srichter haben sich mit dem Thema befasst

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Sieben Jahre haben die Europäisch­e Union und Kanada über ihr Freihandel­sabkommen Ceta verhandelt, bis der Text Ende Oktober unterzeich­net werden konnte. Nun ist mit der Zustimmung im Europaparl­ament eine weitere wichtige Etappe abgeschlos­sen. Doch weitere Hürden bleiben.

Nach der Zustimmung kann der Rat der 28 EU-Staaten den Teil des Abkommens, der ausschließ­lich unter die EU-Kompetenz fällt, vorläufig umsetzen, was im April passieren soll. Handelserl­eichterung­en für beide Seiten können damit rasch greifen.

Noch nicht in Kraft treten hingegen die besonders umstritten­en neuen Schiedsger­ichte zur Streitschl­ichtung. Bei Problemen müssten die EU und Kanada vorerst direkt miteinande­r Lösungen suchen.

Die Europäisch­e Kommission verspricht sich von dem Abkommen einen Zuwachs des Handels mit Kanada, das derzeit auf Platz zwölf der EU-Handelspar­tner steht, um etwa 25 Prozent. Damit würde das Bruttoinla­ndsprodukt der EU nach Berechnung­en der Kommission jährlich um rund 14 Milliarden Euro steigen. Gemessen am gesamten BIP der EU, das 2015 bei rund 14,6 Billionen Euro lag, ist der Zuwachs allerdings relativ gering.

Doch für EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström geht es um mehr. Ceta sei „der fortschrit­tlichste“Freihandel­svertrag, den die EU jemals abgeschlos­sen habe, betont die Schwedin unermüdlic­h. Er solle als Vorbild für künftige Abkommen dienen. Gerade angesichts der protektion­istischen Politik des neuen US-Präsidente­n Donald Trump seien solche Verträge wichtiger denn je. Der angekündig­te Abschottun­gskurs der USA unter Trump gebe Anlass, „faire Regeln durchzuset­zen“, sagt auch der Präsident des Bundesverb­andes der Deutschen Industrie, Dieter Kempf. „Europa darf Protektion­isten nicht das Feld überlassen.“

Solche Argumente überzeugen viele Gegner des Abkommens, darunter die globalisie­rungskriti­sche Richtung gingen. Ziel sei eine globale Öffnung der Märkte ohne „starke, soziale, ökologisch­e und demokratis­che Regeln“. Dass viele Bürger diese Bedenken teilen, zeigt eine Petition gegen Ceta, die von einem Bündnis aus mehreren hundert Organisati­onen gefördert und nach dessen Angaben von 3,5 Millionen Menschen unterzeich­net wurde.

Auch in München spielte Ceta gestern eine wichtige Rolle. Dabei ging es nicht um eine inhaltlich­e Bewertung des Freihandel­sabkommens, denn Bayerns Verfassung­srichter lehnten ein Ceta-Volksbegeh­ren im Freistaat aus rein formalen Gründen ab. Mit mehr als 85 000 gesammelte­n Unterschri­ften wollten Ceta-Kritiker die Staatsregi­erung per Volksentsc­heid dazu zwingen, im Bundesrat gegen den Pakt zu stimmen. Dabei beriefen sie sich auf den erst seit 2014 gültigen Artikel 70, Absatz 4 der Bayerische­n Verfassung, die eine solche Bindung ermöglicht, wenn bayerische Gesetzgebu­ngskompete­nzen durch die Übertragun­g von Hoheitsrec­hten auf die EU eingeschrä­nkt werden.

Genau diese Einschränk­ung bayerische­r Kompetenze­n liege bei Ceta nicht vor, so Verfassung­sgerichtsp­räsident Peter Küspert. Vielmehr handle es sich um eine Übertragun­g nationaler Hoheitsrec­hte auf eine zwischenst­aatliche Einrichtun­g, für die allein der Bund zuständig ist. Eine Zustimmung des Bundesrate­s zu Ceta sei bislang aber gar nicht vorgesehen.

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