Gefährlich für Deutschland
Wenn ein Unternehmen ein anderes schluckt, verdienen daran vor allem Investmentbanker. Ihr Geschäft ist es, Konzernen wie General Motors und der PeugeotMutter PSA den Mund mit Studien und Charts wässrig zu machen. Oft entpuppen sich die von eigennützigen Finanz-Strategen gegebenen Versprechungen nach Jahren nur als heiße Luft. Dann sind die kapitalistischen Kreuzritter längst zu neuen Opfern für ihre SynergieSpiele weitergezogen.
Die gescheiterte Fusion von Daimler und Chrysler, aber auch die misslungene Übernahme von Rover durch BMW sind abschreckende Beispiele dafür. Die Industriegeschichte zeigt immer wieder: Häufig sind Konzerne, die aus sich heraus wachsen, langfristig erfolgreicher als Firmen, die durch immer neue Zukäufe größer werden wollen. So hat Siemens das ein oder andere Mal kein glückliches Händchen mit Akquisitionen bewiesen.
Die zentrale Frage lautet: Worin liegt die industrielle Logik eines Deals? Oder um es marxistisch zu sagen: Gibt es einen Mehrwert durch eine Allianz? Im Falle von Opel und Peugeot sind Zweifel angebracht. Beide Anbieter sind vor allem in Europa stark. Beide buhlen um Kunden im Massenmarkt. Und beide sind für ihre kleineren und mittelgroßen Wagen bekannt.
Nach einem Zusammenschluss – so viel zeichnet sich ab – werden die deutschen Opel-Standorte zu den Leidtragenden gehören. Als Käufer verschonen die Franzosen sicher ihre eigenen Werke und Mitarbeiter, zumal auch der Staat an PSA beteiligt ist. Das führt aus deutscher Sicht zwangsläufig zu einer gefährlichen Job-Logik.
Ist es gut, dass der französische PSA-Konzern und General Motors über den Kauf von Opel verhandeln? Die Meinungen darüber gehen in Deutschland auseinander. Einer, der sich gerade mit Opel sehr gut auskennt, ist AVAG-Vorstandssprecher Roman Still. Unserer Zeitung sagte der Unternehmer gestern: „Wir sehen die Gespräche um die beste Lösung als sinnvoll an.“Die AVAG, deren Zentrale in Augsburg sitzt, gehört zu den führenden Automobilhandelsgruppen in Europa. Die wichtigste Marke ist Opel.
Still ist überzeugt, dass in Rüsselsheim und an den anderen Standorten „sehr gute Autos gebaut werden“. Die Preis-Leistung sei stimmig, die Modellpalette auch. Allein in diesem Jahr kämen sieben neue Opel-Modelle auf den Markt, darunter zwei neue SUVs. „Auf die freuen wir uns sehr“, sagte der Automanager.
Die Entwicklung bei Opel in den zurückliegenden Jahren bewertet Still als „ordentlich“. Dass nun über eine Zukunft der General-MotorsTochter unter dem Dach des französischen Autokonzerns verhandelt wird, stört den Augsburger ebenfalls nicht – im Gegenteil: „Die Ausarbeitung weiterer Optionen für mehr Effizienz in der Produktion und für mehr und bessere Produkte kann – egal welches Ergebnis die Verhandlungen bringen – nur positiv sein.“
Das erfolgreiche Unternehmen AVAG betreibt bekannte Autohäuser wie Opel Sigg und Opel Haas in Augsburg oder das Autohaus Haeberlen mit Hauptsitz in Kempten. Zur AVAG Holding gehören auch weitere Häuser im In- und Ausland. Neben der Hauptmarke Opel werden aber auch Autos anderer Hersteller vertrieben. „Das Jubiläumsjahr der AVAG Holding verlief sehr erfreulich“, berichtete das Unternehmen jüngst (wir berichteten). Im Jahr ihres 25-jährigen Bestehens hat die Firma demnach einen Umsatz von 1,86 Milliarden Euro erwirtschaftet. Im Vorjahr waren es 1,57 Milliarden Euro. „Damit hat die Automobilhandelsgruppe ihre eigenen Erwartungen für das Geschäftsjahr 2015/16 übertroffen“, hieß es.