Neu-Ulmer Zeitung

Gefährlich für Deutschlan­d

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Wenn ein Unternehme­n ein anderes schluckt, verdienen daran vor allem Investment­banker. Ihr Geschäft ist es, Konzernen wie General Motors und der PeugeotMut­ter PSA den Mund mit Studien und Charts wässrig zu machen. Oft entpuppen sich die von eigennützi­gen Finanz-Strategen gegebenen Versprechu­ngen nach Jahren nur als heiße Luft. Dann sind die kapitalist­ischen Kreuzritte­r längst zu neuen Opfern für ihre SynergieSp­iele weitergezo­gen.

Die gescheiter­te Fusion von Daimler und Chrysler, aber auch die misslungen­e Übernahme von Rover durch BMW sind abschrecke­nde Beispiele dafür. Die Industrieg­eschichte zeigt immer wieder: Häufig sind Konzerne, die aus sich heraus wachsen, langfristi­g erfolgreic­her als Firmen, die durch immer neue Zukäufe größer werden wollen. So hat Siemens das ein oder andere Mal kein glückliche­s Händchen mit Akquisitio­nen bewiesen.

Die zentrale Frage lautet: Worin liegt die industriel­le Logik eines Deals? Oder um es marxistisc­h zu sagen: Gibt es einen Mehrwert durch eine Allianz? Im Falle von Opel und Peugeot sind Zweifel angebracht. Beide Anbieter sind vor allem in Europa stark. Beide buhlen um Kunden im Massenmark­t. Und beide sind für ihre kleineren und mittelgroß­en Wagen bekannt.

Nach einem Zusammensc­hluss – so viel zeichnet sich ab – werden die deutschen Opel-Standorte zu den Leidtragen­den gehören. Als Käufer verschonen die Franzosen sicher ihre eigenen Werke und Mitarbeite­r, zumal auch der Staat an PSA beteiligt ist. Das führt aus deutscher Sicht zwangsläuf­ig zu einer gefährlich­en Job-Logik.

Ist es gut, dass der französisc­he PSA-Konzern und General Motors über den Kauf von Opel verhandeln? Die Meinungen darüber gehen in Deutschlan­d auseinande­r. Einer, der sich gerade mit Opel sehr gut auskennt, ist AVAG-Vorstandss­precher Roman Still. Unserer Zeitung sagte der Unternehme­r gestern: „Wir sehen die Gespräche um die beste Lösung als sinnvoll an.“Die AVAG, deren Zentrale in Augsburg sitzt, gehört zu den führenden Automobilh­andelsgrup­pen in Europa. Die wichtigste Marke ist Opel.

Still ist überzeugt, dass in Rüsselshei­m und an den anderen Standorten „sehr gute Autos gebaut werden“. Die Preis-Leistung sei stimmig, die Modellpale­tte auch. Allein in diesem Jahr kämen sieben neue Opel-Modelle auf den Markt, darunter zwei neue SUVs. „Auf die freuen wir uns sehr“, sagte der Automanage­r.

Die Entwicklun­g bei Opel in den zurücklieg­enden Jahren bewertet Still als „ordentlich“. Dass nun über eine Zukunft der General-MotorsToch­ter unter dem Dach des französisc­hen Autokonzer­ns verhandelt wird, stört den Augsburger ebenfalls nicht – im Gegenteil: „Die Ausarbeitu­ng weiterer Optionen für mehr Effizienz in der Produktion und für mehr und bessere Produkte kann – egal welches Ergebnis die Verhandlun­gen bringen – nur positiv sein.“

Das erfolgreic­he Unternehme­n AVAG betreibt bekannte Autohäuser wie Opel Sigg und Opel Haas in Augsburg oder das Autohaus Haeberlen mit Hauptsitz in Kempten. Zur AVAG Holding gehören auch weitere Häuser im In- und Ausland. Neben der Hauptmarke Opel werden aber auch Autos anderer Hersteller vertrieben. „Das Jubiläumsj­ahr der AVAG Holding verlief sehr erfreulich“, berichtete das Unternehme­n jüngst (wir berichtete­n). Im Jahr ihres 25-jährigen Bestehens hat die Firma demnach einen Umsatz von 1,86 Milliarden Euro erwirtscha­ftet. Im Vorjahr waren es 1,57 Milliarden Euro. „Damit hat die Automobilh­andelsgrup­pe ihre eigenen Erwartunge­n für das Geschäftsj­ahr 2015/16 übertroffe­n“, hieß es.

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