Berge, Bewunderung und viel Beton
Wie der berühmte Alpinist Reinhold Messner in Neu-Ulm den Bogen von seinen Abenteuern zur Zukunft der Branche spannt. Carbon spielt hier eine wichtige Rolle
Der Extrembergsteiger Reinhold Messner hat mit Beton wohl mehr am Hut, als den meisten Menschen spontan in den Kopf schießt: Der Südtiroler studierte Hoch- und Tiefbau, hat als Bezwinger sämtlicher Achttausender zwangsläufig ein Gespür für den Werkstoff Stein und er zeigte mit dem Bau des sechsten und letzten Teils seines Museumsprojekts auf dem Gipfelplateau des Kronplatzes auf 2275 Meter, dass Naturerlebnis und Beton kein Widerspruch sein müssen. Dass sich kaum ein anderes Material derart gut in alle denkbaren Formen gießen lässt, ist am Bau der Architektin Zaha Hadid exemplarisch zu erkennen. Und so lag es für Ulrich Lotz, dem Veranstalter der Neu-Ulmer Beton-Tage, auf der Hand den 72-Jährigen als Festredner der am Mittwoch zu Ende gegangenen Veranstaltung zu verpflichten. „Es gibt keinen Mut ohne Angst“, sagte Messner im EdwinScharff-Haus und versuchte so das Bild des vermeintlich furchtlosen Helden zu zerstören und untermauerte, dies mit der Schilderung der Plackerei der Vorbereitungen seiner zahlreichen Expeditionen – vom Mount-Everest bis hin zum Südpol. Sein Credo: Immer an den Rand der Möglichkeiten gelangen, ohne dabei zu scheitern. Egal ob es um Bauten oder Expeditionen geht.
Das Messner-Museum auf dem Kronplatz mit seinen geschwungenen Formen und der Verwendung eines neu entwickelten Betons, der Kohlefasermatten miteinbezieht, gilt als wegweisend. Genauso wie Professor Manfred Curbach, der jüngst mit einem Team der Technischen Universität Dresden rund um das Thema Carbonbeton den Deutschen Zukunftspreis gewann. Das Forscher-Team hat den innovativen Verbundwerkstoff maßgeblich entwickelt und zur Anwendungsreife gebracht, wie Curbach in Neu-Ulm erläuterte. Weil die korrosionsfesten Kohlenstofffasern noch stabiler sind als Stahl, und viel schlankere Bauteile genügen, glaubt Curbach an einen Siegeszug. Denn Carbonstahl senke den Rohstoff- und Energiebedarf und damit den CO2-Ausstoß auf die Hälfte. Zudem ließen sich damit filigrane und außergewöhnlich designte Bauwerke realisieren, deren Lebensdauer die von StahlbetonBauten weit übertreffe.
Noch weitgehend Zukunftsmusik ist für die Teilnehmer des Neu-Ulmer Fachkongresses das Thema Carbonstahl, wenngleich sich am Stand der anbietenden Firma Carbo-Con viele Menschen um die Exponate tummelten. Mit 2100 Teilnehmern verzeichneten die 61. Beton-Tage nach Angaben von Veranstalter Lotz, dem Geschäftsführer der Firma FBF Betondienst, einen neuen Teilnehmerrekord. Ein Großteil davon aus der Fertigteilindustrie. Einer Branche, der es blen- dend geht, wie Friedrich Gebhart, der Präsident des Fachverbandes der Beton- und Fertigteilwerke in Baden-Württemberg betonte. Für das laufende Jahr zeigten sowohl die Auftragseingänge als auch die Baugenehmigungen eine weiter leicht wachsende Tendenz, vor allem im Wohnungsbau.
Trotz der steigenden Fertigungszahlen werde dennoch nach wie vor zu wenig und zudem an vielen Zielgruppen vorbei gebaut. In Großund Universitätsstädten fehle wei- terhin bezahlbarer Wohnraum, der soziale Wohnungsbau ist faktisch kaum noch existent. Geringverdiener, Studenten und viele Rentner seien die Benachteiligten. Ein Problem, das bei Neu-Ulms Oberbürgermeister Gerold Noerenberg angekommen ist. Allerdings seien bezahlbare Grundstücke ein großes Hindernis bei der Beschaffung von Wohnraum. Die Städte haben ihr Tafelsilber oft schon verkauft.
Als bestes Meisterstück eines Absolventen des Meisterjahrgangs an der Ferdinand-von-Steinbeis-Schule für Betonwerker in Ulm wurde der „Unendliche Tisch“prämiert. Eine handwerklich und gestalterisch gekonnte Kombination aus weißem, glattem Betonwerkstein und raffinierter Spiegeltechnik. Die klassische Betonstein-Technologie kam dabei ebenso zur Anwendung wie der Einsatz moderner Materialien und Techniken, etwa in Form von Hochleistungsbetonen wie Nanodur oder Spezialbindemitteln wie Flowstone. Der Medizintechnik-Hersteller Ulrich aus Ulm blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück: 2016 wurde mit einer Umsatzsteigerung im zweistelligen Prozentbereich der Wachstumskurs der vergangenen Jahre weiter fortgesetzt. Zahlen teilt das Unternehmen mit 300 Mitarbeitern nicht mit. „Wir sind stolz auf dieses kontinuierliche, gesunde Wachstum und freuen uns darauf unseren Kunden auch in Zukunft Spitzentechnologie ’Made in Germany’ zu bieten“, sagt Klaus Kiesel, Geschäftsführer von ulrich medical. Ein wichtiger Bestandteil des Erfolgs sei die eigene Entwicklung und Fertigung. (az)