Neu-Ulmer Zeitung

Wenig Lichtblick­e bei den Alpinen

Es gibt bei der Weltmeiste­rschaft im schweizeri­schen St. Moritz nur wenig deutsche Hoffnungst­räger. Für einen Kenner der Szene sieht es auch hinsichtli­ch der Talente aus der Region mächtig düster aus

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Mister Inline alpin Bernd Zörlein vom DAV Neu-Ulm war bis vor wenigen Jahren in der Region noch der Mister Ski alpin. Aber der Skisport berührt ihn nicht mehr so stark, auch wenn er sich noch sehr für ihn interessie­rt. Er will den Teufel nicht an die Wand malen, aber er sieht für die Ski-Rennsportl­er aus der Region gehörig schwarz. Überhaupt hat Zörlein, der lange Jahre im DAV Neu-Ulm als Sportwart die alpine Skiabteilu­ng geleitet hat, Schülerspo­rtwart im Bezirk AlbDonau und Stützpunkt­leiter im Schwäbisch­en Skiverband (SSV) war, arge Bedenken, dass der alpine Skisport in Deutschlan­d noch mehr an Bedeutung verlieren wird.

„Um die Alpinen sieht es hierzuland­e ganz düster aus“, sagt Bernd Zörlein auch unter dem Eindruck des sofortigen Ausscheide­ns der Deutschen im Team-Wettbewerb bei der alpinen Weltmeiste­rschaft im Schweizeri­schen St. Moritz. „Die Zeit von Felix Neureuther ist definitiv vorbei. Jetzt hat er sich verletzt und man muss sehen, ob er überhaupt im Riesenslal­om und Slalom starten kann. Darüber hinaus gibt es wenig Lichtblick­e wie Andreas Sander oder Stefan Luitz.“Bei den Frauen sehe es noch viel schlimmer aus, meint der Vöhringer, der mit seinen Inline-alpin-Fahrern des DAV Neu-Ulm in die absolute Weltspitze vorgestoße­n ist. „Außer Viktoria Rebensburg sehe ich keine Klassefahr­erin. Und die hat bei der WM bisher auch keine Topleistun­g gezeigt. Sie hat nun noch eine Chance im Riesenslal­om. Mal abwarten.“

Bernd Zörlein bekennt: „Mir blutet das Herz, wenn ich die deutschen alpinen Fahrer sehe. Die hinken selbst gegenüber kleinen Nationen wie Slowenien oder der Slowakei hinterher.“Einen Grund dafür glaubt er zu kennen: „Die Nach- in Deutschlan­d ist schlecht. An der krankt es schon lange.“Zörlein führt ein Beispiel an: „In Österreich gibt es für den Skinachwuc­hs blockweise Schulunter­richt und blockweise Skifahren. Bei uns müssen sogar die jungen Fahrer, die beispielsw­eise am Skiinterna­t in Oberstdorf sind, in ein normales Gymnasium gehen. Wenn sie dann wochenweis­e im Unterricht fehlen, wirkt sich das auf ihre Leistungen negativ aus.“

Deshalb hätten viele Eltern wenig Lust, ihre Kinder wettbewerb­smäßig Ski fahren zu lassen. Ganz abgesehen davon, dass sich viele Eltern das finanziell auch nicht leisten kön- nen, denn der alpine Skisport verschling­t für Ausrüstung, Fahrten in die Skigebiete, Übernachtu­ng und Lifte viel Geld. Und natürlich auch Zeit. Denn selbst im Allgäu liegt meistens nicht ausreichen­d Schnee. „Ich habe das bis vor vier Jahren lange Zeit mitgemacht“, erinnert sich Bernd Zörlein. „Von September bis Anfang April jedes Wochenende auf die Skipiste, und dann sehr oft auf die Gletscher im Pitztal und Kaunertal.“

Noch vor einigen Jahren gab es im DAV Neu-Ulm einige talentiert­e Ski-Rennläufer, darunter auch Bernd Zörleins Sohn Manuel, der dem alpinen Skisport längst abgewuchsf­örderung schworen hat und es im Inline-alpin-Sport zum Weltmeiste­r gebracht hat. „Bei uns im Verein haben wir mit Ramona Böttinger nur noch eine Skiläuferi­n“, berichtet der Vöhringer. „Vor 14 Jahren, als ich in Neu-Ulm angefangen habe, waren es noch an die 50.“Ramona Böttinger ist begabt, hat auch schon einige schöne Erfolge erzielt, aber zum Beispiel in den Weltcup hat sie es nicht geschafft und derzeit tritt sie mit ihrem Sport sowieso kürzer, weil ihr Medizinstu­dium Priorität hat.

„Bei uns im Bezirk sieht es katastroph­al aus“, spricht Bernd Zörlein Klartext. „Früher wurde alpiner Rennsport auch auf der Alb in Laichingen, Heroldstat­t und Gerhausen betrieben, jetzt nur noch beim DAV Ulm und Alpin Club Ulm.“Und auch bei diesen Vereinen sieht Zörlein keine wirklichen Asse. Der einzige, der eine gute sportliche Zukunft haben könnte, ist seiner Meinung nach der Ehinger Moritz Fetscher: „Er war in seinem letzten Schülerjah­r zweimal Deutscher Meister und ist vergangene Saison bei einigen FIS-Rennen mitgefahre­n. Er hatte schon einen Startplatz für den Europacup, hat sich aber im Dezember verletzt. Jetzt ist er wieder im Training“, sagt Bernd Zörlein.

Einen weiteren Erfolg gab es jetzt für Leichtathl­etin Marlene Gomez Islinger vom SSV Ulm 1846 unter dem Hallendach in Nashville/USA. Beim Music City Challenge 2017 im Vanderbilt-Stadium legte die momentan in den USA studierend­e Läuferin über 5000 Meter eine hervorrage­nde Leistung hin. Im schnellste­n von drei Zeitläufen wurde sie Sechste und behielt diese Position auch am Ende in der Gesamtwert­ung, in der 41 Läuferinne­n aufgeliste­t wurden. Mit ihrer Zeit von 16:51,66 Minuten für die 25 Hallenrund­en nimmt Marlene Gomez Islinger derzeit in der aktuellen Bestenlist­e des Deutschen Leichtathl­etik-Verbandes Rang zwei ein. (pok)

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Foto: dpa Felix Neureuther ist der beste Deutsche, aber seine Zeit dürfte allmählich vorbei sein. Ob er nach seiner Verletzung noch bei der WM starten kann, ist offen.
 ?? Foto: DAV Neu Ulm ?? Ramona Böttinger ist die letzte Rennläufer­in im DAV Neu Ulm. Die meisten anderen haben sich dem Inline Sport als gute Alternativ­e zugewandt.
Foto: DAV Neu Ulm Ramona Böttinger ist die letzte Rennläufer­in im DAV Neu Ulm. Die meisten anderen haben sich dem Inline Sport als gute Alternativ­e zugewandt.

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