An Frieden glaubt hier niemand mehr
Seit zwei Jahren sollen im Osten der Ukraine die Waffen ruhen. So steht es zumindest im Abkommen. Tatsächlich aber gibt es fast jeden Tag Gefechte. Die Bewohner haben gelernt, mit dem Konflikt zu leben – und fürchten sich doch vor einer neuen Eskalation
Dort, wo früher der Gang war, ist jetzt ein Loch. Eine Mine hat die Ziegelwand durchbrochen, die Fenster im Haus zerborsten und selbst die Einmachgläser im Vorraum zerfetzt. Doch das Wichtigste, sagt Viktoria Petrowna, ist, dass niemand verletzt wurde. Weder die Kühe, die Kaninchen oder die Ziegen, die sie im Garten hält, noch sie selbst. Als die Mine explodierte, war die Hausfrau, 48, gerade in einem anderen Stadtteil, bei ihrem Vater, den sie pflegt.
An einer Wohnstraße reihen sich Einfamilienhäuser und Gartenhütten aneinander. Fünf Kilometer sind es von hier, dem ukrainisch-kontrollierten Awdijiwka, bis nach Donezk, der Separatistenstadt auf der anderen Seite der Front. Die beschauliche Wohngegend, das „alte Awdijiwka“mit seinen bunten Gartenzäunen und kleinen Gärten, ist zu einem Brennpunkt des Konflikts geworden. Rund 200 Häuser wurden in den vergangenen zwei Wochen beschädigt. Nur wenige hundert Meter weiter ist die Frontlinie, hacken Soldaten Brennholz, als würden sie sich schon für den nächsten Notfall rüsten.
„Natürlich hoffen wir, dass es nicht wieder so eine Eskalation gibt wie letzte Woche“, sagt Swetlana, die Lehrerin. „Wir haben schlichtweg darauf gehofft, dass die schweren Kämpfe bald wieder vorüber sein werden.“Zuletzt wurde das Nachbarhaus seiner Wohnung von Artilleriefeuer getroffen, erzählt Pascha, ein 16-jähriger Schüler. Sein Schlafzimmer erzittert jede Nacht unter dem Donnern des Beschusses. „Aber es ist trotzdem auszuhalten“, sagt er und zuckt mit den Schultern. Für den jungen Mann ist der Konflikt längst zum Alltag geworden.
Auch im Umland der Stadt hat die Wucht der jüngsten Eskalation Spuren hinterlassen: Wie Rußflecken prangen die Einschusslöcher an den sanften, verschneiten Hügeln, die den Weg vom Landesinneren nach Awdijiwka säumen, unterbrochen von breiten Fahrspuren im Schnee, wie von schwerem Militärgerät. Schwere Fahrzeuge haben tiefe Spuren in die vereisten Straßen gegraben. Vor allem mit Einbruch der