Neu-Ulmer Zeitung

Was macht eigentlich Ivo Gönner?

Vor einem Jahr verabschie­dete sich der frühere Oberbürger­meister aus der Politik. Als Anwalt hat er ein neues Thema für sich entdeckt. Heute steht er wieder im Rampenlich­t

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Ivo Gönner spaziert noch immer für sein Leben gern durch die Stadt. Er wird dann oft von Bürgern angesproch­en, die fragen, wie es ihm geht. „Dann sage ich immer: Es ist ruhiger“, erzählt der langjährig­e Oberbürger­meister und Ulmer Ehrenbürge­r bei einem Treffen im Museumscaf­é. Vor einem Jahr verabschie­dete sich Gönner aus der Politik – nachdem er 24 Jahre lang an der Spitze des Ulmer Rathauses gestanden hatte. Seitdem sieht er sich als einfacher Bürger der Stadt, der nicht mehr in der ersten Reihe sitzen muss. Das Bad in der Menge, das er früher so genoss? – „Vermisse ich überhaupt nicht“, sagt er. „Die Umstellung ist natürlich schon eine Herausford­erung“, gibt Gönner zu. „Auch der Rhythmus ist ein anderer.“Doch unterm Strich könne er sagen: „Mir geht’s sehr gut.“

Der Alt-Oberbürger­meister, der heute seinen 65. Geburtstag feiert, legt auch im Ruhestand nicht die Hände in den Schoß. Er arbeitet wieder als Anwalt, als freier Mitarbeite­r in der Kanzlei seines Freundes Hans-Jörg Derra in der Frauenstra­ße. In den Fällen, mit denen er sich beschäftig­t, tritt er aber nicht im Gerichtssa­al auf, sondern ist im Hintergrun­d als Berater tätig. „Ich beschäftig­e mich im Moment sehr mit dem Thema Datenschut­z“, sagt Gönner. Dabei geht es um eine EUVerordnu­ng, die nächstes Jahr das Bundesdate­nschutzges­etz ablöst. Viele Firmen und Einrichtun­gen werde diese Umstellung massiv betreffen, schildert der Jurist. Er bereitet beispielsw­eise Seminare für Unternehme­n vor und arbeitet dabei mit der Ulmer Akademie für Datenschut­z und IT-Sicherheit Udis zusammen. Im Gegensatz zu seinem Nachfolger Gunter Czisch gilt Gönner nicht gerade als IT-Experte. Er räumt ein: „Von der Technik verstehe ich wenig, aber von den juristisch­en Konsequenz­en.“Und deshalb finde er das Thema hoch spannend. Privat pflegt er weiterhin einen eher sparsamen Umgang mit dem Computer. Er ist weder auf Facebook noch auf Twitter, hat aber immerhin eine E-Mail-Adresse.

In seiner Freizeit, von der er jetzt reichlich hat, liest er lieber viel, Zeitungen und Bücher. Und er pflegt alte Kontakte, etwa mit Unternehme­rn, um sich über die aktuelle Lage in der Wirtschaft auf dem Laufenden zu halten. Er engagiert sich bei der Stiftung Erinnerung und im Förderkrei­s für das Museum zur Geschichte von Christen und Juden in seiner Geburtssta­dt Laupheim. Natürlich auch fürs Ulmer Münster. Er hat sich vorgenomme­n, öfter ins Theater Ulm zu gehen. Und er malt mehr als früher. In seiner Zeit als Oberbürger­meister hat er immer zum Jahresende eine Art „Abschlussb­ild“gemalt. Jetzt arbeitet er an drei Werken gleichzeit­ig, „die lasse ich dann auch mal ein paar Wochen ruhen“. Dass er im Ruhestand nicht à la Loriot in „Pappa ante Portas“den Haushalt umkrempeln will, hat er bereits vor einem Jahr versproche­n, und daran hat er sich auch gehalten. „In den letzten 25 Jahren hat das bestens ohne mich funktionie­rt“, sagt er. „Da frosch ich nicht hinein, das wäre ja Amtsanmaßu­ng.“Insgesamt habe sich daheim alles gut eingespiel­t. Mit seiner Frau Susanne Schwarzkop­f-Gönner bleibt er weiter im Haus an der Heidenheim­er Straße wohnen. Die Kinder gehen ihre eigenen Wege: Sabina, 21, studiert, Sebastian, 24, macht eine Ausbildung. Gönner hätte jetzt Zeit für lange Urlaube oder gar eine Weltreise, doch geplant hat er erst mal nichts: „Ich bin nicht so der große Reisende.“

Die Stadtpolit­ik verfolgt der 65-Jährige nach wie vor aufmerksam. „Ich habe einen sehr guten Kontakt zum Kollegen Czisch, aber ansonsten halte ich mich völlig raus“, sagt Gönner. „Unterm Strich fühle ich mich als Bürger gut regiert vom Team im Rathaus.“Eine Rückkehr in die Kommunalpo­litik – etwa als Stadtrat – kommt für ihn nicht infrage. „Das ist abgehakt.“Auch die Landes- und Bundespoli­tik beobachtet er nur noch aus der Ferne. Selbst in seiner aktiven Zeit als Politiker hat er sich nie von den Genossen locken lassen, die ihn gerne in einer überregion­al herausgeho­benen Position gesehen hätten. Den derzeitige­n Höhenflug seiner Partei sieht der Sozialdemo­krat als „eine ausschließ­liche Momentaufn­ahme“. Es gebe weder Anlass zu überborden­der Freude für die SPD

noch zu Resignatio­n für die Union. „Wichtig ist, dass da eine Konstanz hineinkomm­t“, sagt er zu den Umfragewer­ten der Sozialdemo­kraten. Über den Kanzlerkan­didaten sagt Gönner: „Martin Schulz als Person schätze ich sehr.“

Heute wird Ivo Gönner für einige Stunden in sein geliebtes Rathaus zurückkehr­en und dabei wieder im Rampenlich­t stehen. Denn die Stadt richtet anlässlich seines Geburtstag­s ab 11 Uhr einen Empfang aus, zu dem Oberbürger­meister Gunter Czisch Stadträte, politische Weggefährt­en und Freunde des langjährig­en Stadtoberh­aupts geladen hat. Gönner freut sich, will aber keine zu große Sache daraus machen: „Bei uns daheim war der Namenstag immer wichtiger.“Der ist erst am 19. Mai. Der heilige Ivo ist passenderw­eise der Schutzpatr­on der Juristen.

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Foto: Andreas Brücken Das Rathaus hat er eigentlich hinter sich gelassen, doch für ein paar Stunden wird er dort wieder im Mittelpunk­t stehen: Ulms Alt Oberbürger­meister Ivo Gönner feiert heute seinen 65. Geburtstag. Unser Bild entstand vor wenigen Tagen.
 ?? Archivfoto: Alexander Kaya ?? Mit einem Bürgerempf­ang im Congress Centrum wurde Gönner vor einem Jahr ver abschiedet. Seitdem lässt er es etwas ruhiger angehen.
Archivfoto: Alexander Kaya Mit einem Bürgerempf­ang im Congress Centrum wurde Gönner vor einem Jahr ver abschiedet. Seitdem lässt er es etwas ruhiger angehen.

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