Was macht eigentlich Ivo Gönner?
Vor einem Jahr verabschiedete sich der frühere Oberbürgermeister aus der Politik. Als Anwalt hat er ein neues Thema für sich entdeckt. Heute steht er wieder im Rampenlicht
Ivo Gönner spaziert noch immer für sein Leben gern durch die Stadt. Er wird dann oft von Bürgern angesprochen, die fragen, wie es ihm geht. „Dann sage ich immer: Es ist ruhiger“, erzählt der langjährige Oberbürgermeister und Ulmer Ehrenbürger bei einem Treffen im Museumscafé. Vor einem Jahr verabschiedete sich Gönner aus der Politik – nachdem er 24 Jahre lang an der Spitze des Ulmer Rathauses gestanden hatte. Seitdem sieht er sich als einfacher Bürger der Stadt, der nicht mehr in der ersten Reihe sitzen muss. Das Bad in der Menge, das er früher so genoss? – „Vermisse ich überhaupt nicht“, sagt er. „Die Umstellung ist natürlich schon eine Herausforderung“, gibt Gönner zu. „Auch der Rhythmus ist ein anderer.“Doch unterm Strich könne er sagen: „Mir geht’s sehr gut.“
Der Alt-Oberbürgermeister, der heute seinen 65. Geburtstag feiert, legt auch im Ruhestand nicht die Hände in den Schoß. Er arbeitet wieder als Anwalt, als freier Mitarbeiter in der Kanzlei seines Freundes Hans-Jörg Derra in der Frauenstraße. In den Fällen, mit denen er sich beschäftigt, tritt er aber nicht im Gerichtssaal auf, sondern ist im Hintergrund als Berater tätig. „Ich beschäftige mich im Moment sehr mit dem Thema Datenschutz“, sagt Gönner. Dabei geht es um eine EUVerordnung, die nächstes Jahr das Bundesdatenschutzgesetz ablöst. Viele Firmen und Einrichtungen werde diese Umstellung massiv betreffen, schildert der Jurist. Er bereitet beispielsweise Seminare für Unternehmen vor und arbeitet dabei mit der Ulmer Akademie für Datenschutz und IT-Sicherheit Udis zusammen. Im Gegensatz zu seinem Nachfolger Gunter Czisch gilt Gönner nicht gerade als IT-Experte. Er räumt ein: „Von der Technik verstehe ich wenig, aber von den juristischen Konsequenzen.“Und deshalb finde er das Thema hoch spannend. Privat pflegt er weiterhin einen eher sparsamen Umgang mit dem Computer. Er ist weder auf Facebook noch auf Twitter, hat aber immerhin eine E-Mail-Adresse.
In seiner Freizeit, von der er jetzt reichlich hat, liest er lieber viel, Zeitungen und Bücher. Und er pflegt alte Kontakte, etwa mit Unternehmern, um sich über die aktuelle Lage in der Wirtschaft auf dem Laufenden zu halten. Er engagiert sich bei der Stiftung Erinnerung und im Förderkreis für das Museum zur Geschichte von Christen und Juden in seiner Geburtsstadt Laupheim. Natürlich auch fürs Ulmer Münster. Er hat sich vorgenommen, öfter ins Theater Ulm zu gehen. Und er malt mehr als früher. In seiner Zeit als Oberbürgermeister hat er immer zum Jahresende eine Art „Abschlussbild“gemalt. Jetzt arbeitet er an drei Werken gleichzeitig, „die lasse ich dann auch mal ein paar Wochen ruhen“. Dass er im Ruhestand nicht à la Loriot in „Pappa ante Portas“den Haushalt umkrempeln will, hat er bereits vor einem Jahr versprochen, und daran hat er sich auch gehalten. „In den letzten 25 Jahren hat das bestens ohne mich funktioniert“, sagt er. „Da frosch ich nicht hinein, das wäre ja Amtsanmaßung.“Insgesamt habe sich daheim alles gut eingespielt. Mit seiner Frau Susanne Schwarzkopf-Gönner bleibt er weiter im Haus an der Heidenheimer Straße wohnen. Die Kinder gehen ihre eigenen Wege: Sabina, 21, studiert, Sebastian, 24, macht eine Ausbildung. Gönner hätte jetzt Zeit für lange Urlaube oder gar eine Weltreise, doch geplant hat er erst mal nichts: „Ich bin nicht so der große Reisende.“
Die Stadtpolitik verfolgt der 65-Jährige nach wie vor aufmerksam. „Ich habe einen sehr guten Kontakt zum Kollegen Czisch, aber ansonsten halte ich mich völlig raus“, sagt Gönner. „Unterm Strich fühle ich mich als Bürger gut regiert vom Team im Rathaus.“Eine Rückkehr in die Kommunalpolitik – etwa als Stadtrat – kommt für ihn nicht infrage. „Das ist abgehakt.“Auch die Landes- und Bundespolitik beobachtet er nur noch aus der Ferne. Selbst in seiner aktiven Zeit als Politiker hat er sich nie von den Genossen locken lassen, die ihn gerne in einer überregional herausgehobenen Position gesehen hätten. Den derzeitigen Höhenflug seiner Partei sieht der Sozialdemokrat als „eine ausschließliche Momentaufnahme“. Es gebe weder Anlass zu überbordender Freude für die SPD
noch zu Resignation für die Union. „Wichtig ist, dass da eine Konstanz hineinkommt“, sagt er zu den Umfragewerten der Sozialdemokraten. Über den Kanzlerkandidaten sagt Gönner: „Martin Schulz als Person schätze ich sehr.“
Heute wird Ivo Gönner für einige Stunden in sein geliebtes Rathaus zurückkehren und dabei wieder im Rampenlicht stehen. Denn die Stadt richtet anlässlich seines Geburtstags ab 11 Uhr einen Empfang aus, zu dem Oberbürgermeister Gunter Czisch Stadträte, politische Weggefährten und Freunde des langjährigen Stadtoberhaupts geladen hat. Gönner freut sich, will aber keine zu große Sache daraus machen: „Bei uns daheim war der Namenstag immer wichtiger.“Der ist erst am 19. Mai. Der heilige Ivo ist passenderweise der Schutzpatron der Juristen.