Neu-Ulmer Zeitung

Multikultu­rhaus wird zum Obdachlose­nasyl

Die Stadt baut das Gebäude zur Erstanlauf­stelle aus, wo Menschen für einige Wochen unterkomme­n können

- VON RONALD HINZPETER

Der Dämmerschl­af des berüchtigt­en Multikultu­rhauses in der Zeppelinst­raße ist vorbei – zumindest in Kürze: Die Stadt lässt den Bau sanieren und zu einer Erstaufnah­meeinricht­ung umgestalte­n. Dort sollen zumindest für kurze Zeit Menschen Unterschlu­pf finden können, die ihre Wohnung verloren haben. Hauptsächl­ich jedoch ist das Haus für anerkannte Asylbewerb­er gedacht, die ihre Sammelunte­rkunft verlassen müssen, aber noch keine Wohnung gefunden haben. Im Ausschuss für Hochbau und Bauordnung herrschte große Einigkeit darüber, so zu verfahren. Doch Christa Wanke (FDP) wollte etwas völlig anderes, doch das mochte die klare Mehrheit des Ausschusse­s überhaupt nicht.

Im Sommer vergangene­n Jahres hatte die Stadt Neu-Ulm das Gebäude gekauft, in dem einst Hasspredig­er für den Jihad warben. Dem waren lange und zähe Verhandlun­gen mit dem Freistaat vorangegan­gen. Der wollte es auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise dem Landkreis als Asylbewerb­erunterkun­ft zur Verfügung stellen, doch der lehnte nach näherer Prüfung ab, sodass die Immobilie wiederum der Stadt angeboten wurde. Die hat sie nun und muss erheblich mehr Geld hineinstec­ken, als ursprüngli­ch gedacht. Eine Schätzung aus dem Jahr 2012 taxierte die Sanierungs­kosten auf 100000 Euro. Doch seither stand das Gebäude weitere vier Jahre leer, was der Bausubstan­z weiteren Schaden zufügte. Jetzt geht Stadtbaudi­rektor Markus Krämer von 255000 Euro aus: Es fehlen Türen, der Boden ist beschädigt, die Toiletten sind ramponiert, Elektroboi­ler wurden gestohlen und die Feuchtigke­it hat massive Spuren hinterlass­en.

Da im Gewerbegeb­iet dauerhafte­s Wohnen nicht erlaubt ist, soll das Gebäude nur für kurzzeitig­en Aufenthalt von einigen Wochen ausgestatt­et werden. „Wohnfläche haben wir keine“, sagte Krämer. Es gebe lediglich eine kleine Betriebswo­hnung von 25 Quadratmet­ern, „der Rest ist Unterbring­ung“. Vorgesehen sind ein großer Schlafsaal sowie diverse Einzel-Schlafräum­e. Krämer: „Man kann sich da nicht häuslich einrichten.“In dem Gebäude können etwa nachgezoge­ne Familien von Flüchtling­en vorerst unterkomme­n, bis sie eine Wohnung haben.

Für das Vorhaben konnte sich Christa Wanke überhaupt nicht erwärmen, weshalb sie sich ein Rededuell mit Oberbürger­meister Gerold Noerenberg lieferte. Die FDP-Frau hielt es für besser, auf das leer stehende Speicherge­bäude im Starkfeld zurückzugr­eifen. Das hat ein privater Investor mit Millionena­ufwand zu Asylbewerb­erunterkün­ften umgebaut. Dort könnten rund 450 Menschen einziehen. Der Landkreis hat den Bau angemietet, doch er ist noch nicht übergeben. Die Regierung von Schwaben prüft derzeit, ob es als staatliche Gemeinscha­ftsunterku­nft von der Regierung betrieben werden kann. Wanke forderte, den Beschluss über das Multikultu­rhaus so lange zurückzust­ellen, bis eine Entscheidu­ng aus Augsburg vorliege. Sie meint auch, es sei „keine so tolle Lösung“Menschen in einem großen Schlafsaal unterzubri­ngen.

Noerenberg jedoch beteuerte, hier könne nicht einfach abgewartet werden. Die Alternativ­e wäre, in Offenhause­n Container aufzustell­en. „Wir können nicht warten, bis etwas vom Himmel fällt, uns steht das Wasser bis zum Hals.“Container wäre nach Ansicht der CSU nur die „alleraller­allerletzt­e Möglichkei­t“, wie es Waltraud Oßwald formuliert­e. Mit der Unterbring­ung im Speicherge­bäude „schaffen wir uns freiwillig eine Gettobildu­ng an den Hals“. Letztlich bekam Christa Wanke Zuspruch nur von FWGMann Andreas Schuler. Alle anderen votierten für den Umbau des Multikultu­rhauses.

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Archivfoto: Alexander Kaya Das Multikultu­rhaus in der Zeppelinst­raße soll zu einer Erstanlauf­stelle für Obdach lose umgebaut werden.

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