Botschafter aus dem Mittelalter
Bei den Bauarbeiten des Einkaufsquartiers Sedelhöfe wurden Reste der Stadtmauer und eines sagenumwobenen Turms gefunden. Ein Ulmer Stadtrat fordert sofortigen Baustopp
Fundamente und Mauerreste aus dem 14. bis 16. Jahrhundert wurden auf der Baustelle des geplanten Einkaufsquartiers Sedelhöfe gegenüber dem Bahnhof freigelegt. Derzeit werden die Funde von Archäologen untersucht, um dann vermutlich als Bauschutt zu enden. Jonathan Scheschkewitz vom Landesamt für Denkmalpflege in Esslingen und Grabungsleiter Steffen Killinger fotografieren und dokumentieren auf dem Baugelände Ulms Spuren aus dem Mittelalter, die trotz der zweistöckigen Unterkellerung von abgerissenen Gebäuden noch erhalten sind. Weite Teile der Sedelhöfe-Baugrube sind für die Archäologen ohne Wert, weil Baumaßnahmen der 70er-Jahre historische Fundamente zerstörten. An der Olgastraße aber wurden die Archäologen fündig.
Braun, rund und weich fallen die Reste von unzähligen Pfosten im Boden der Grube auf. An manchen Stellen, wo das Holz vollkommen verrottet ist, hinterließ das zerfallene Holz runde Löcher in der Erde. An vielen anderen Stellen ist das Holz des 14. Jahrhunderts zu lockerem Mulch geworden. Daneben ragt die unterste Lage der Stadtmauer der 1316 begonnenen Erweiterung Ulms aus dem Boden: 6,5 Meter unter dem heutigen Bodenniveau reichte die Befestigung bis auf die Sohle des ehemaligen Stadtgrabens hinab. Dessen Abzweigung aus der Kleinen Blau, ein im Mittelalter „Bescheißfalle“genannter Auslass, ist erhalten und wird gerade freigelegt.
Die vielen Pfahlreste, das verrottete Holz und Bänder von Torf im Boden zeigen eindeutig: Die Erweiterung der Stadtbefestigung im frühen 14. Jahrhundert war an dieser Stelle im Nordwesten der Stadt keine leichte Aufgabe. Es galt, hier im Schwemmland die Feuchtigkeit einigermaßen vom Mauerring fernzuhalten. An einer Stelle, erklärt Jonathan Scheschkewitz, ist nachweisbar, dass die Mauerkonstruktion auf dem weichen Boden sogar abkippte.
Entdeckte, noch gut erhaltene aufwendige Holzkonstruktionen sollten während des Baus der Stadtbefestigung stabilisieren. Und stabil musste die Anlage sein: Denn sie musste neuen Waffen standhalten. Die Archäologen entdeckten Reste der mit Erkern und Vorbefestigungen versehenen Bastion, die an dieser Stelle gestanden hatte und die ein Mann namens Hans Behan nach Plänen Albrecht Dürers gebaut hatte. „Wir stießen hier auf interessante Verteidigungstechnik des 16. Jahrhunderts“, sagt Jonathan Scheschkewitz. Für den Bau jener Bastion, die beispielsweise auf einem Plan aus dem Jahr 1597 sichtbar ist, war der Grüne oder Gremlinger Turm der ersten Stadtbefestigung im Jahr 1546 abgerissen worden. „Die grünen Dachziegelreste, auf die wir stoßen, zeigen das Recycling des 16. Jahrhunderts“, schmunzelt Scheschkewitz. „Man hat sie zum Verfüllen benützt.“Vom Grünen Turm, der wohl ein Brunnenwerk gewesen war, berichtete der erste Stadtchronist Felix Fabri 1488, dass der Name von der Farbe des Daches herrühre und der runde Turm eigentlich nach der Bürgerfamilie Gremlinger benannt war. Ein Rätsel des späten Mittelalters wird die Archäologie nicht mehr lösen können: Der Grüne Turm galt als unheimlich, weil laute Geräusche in ihm die Furcht vor Geistern auslösten.
Teile der Ausgrabungen werden künftig zu sehen sein: Im Rohbau des künftigen Hauses der Bürgerdienste, gleich neben den Sedelhöfen, sind bereits zwei Teilstücke der ehemaligen Ziegel-Stadtmauer eingebaut, die an dieser Stelle freigelegt worden war. Sie werden Besuchern des Gebäudes im Querschnitt die Mächtigkeit der 3,5 Meter dicken Befestigung zeigen.
Einen Baustopp fordert der Ulmer Stadtrat Hans Walter Roth (CDU) per E-Mail. Weil wertvolle Zeugnisse aus der Ulmer Stadtgeschichte aufgetaucht seien, müssten sämtliche Bauarbeiten „unverzüglich“eingestellt werden. Der „fahrlässige Umgang“wie mit den Resten des Geburtshauses von Albert Einstein dürfe sich nicht mehr wiederholen. Wie berichtet, spricht Roth in diesem Zusammenhang von „Frevel“, weil Überreste des Kellers des Einstein-Geburtshauses zerstört worden seien. Stadtverwaltung und Investor weisen diese Vorwürfe zurück.
Er gilt als einer der führenden Ökonomen der Republik: Lars Peter Feld, ein Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – besser bekannt als „fünf Wirtschaftsweisen“. Umso beutender ist es, wenn der Professor den Großraum Ulm als einen der Orte bezeichnet, in denen „das Herz der Republik“schlägt. „Wenn es hier nicht funktioniert, haben wir in ganz Deutschland ein Problem“, sagte er beim gestrigen Konjunkturgespräch der Ulmer Industrie- und Handelskammer. Wenngleich er zahlreiche Reformen forderte – vom Europäischen Bankensystem bis hin zur bundesdeutschen Steuerpolitik –, gehe es der Republik bestens. Die messbare Lücke zwischen einer pessimistisch geprägten öffentlichen Wahrnehmung und dem tatsächlichen Zustand Deutschlands sei nur psychologisch zu erklären.
Anhand von Fakten erläuterte Jonas Pürckhauer von der IHK, wie es um die Region bestellt ist: Dass zu Jahresbeginn die Geschäfte so rund wie selten zuvor laufen, ist dem gestern erschienenen Konjunkturbericht zu entnehmen. Sechs von zehn Unternehmen berichten von gut laufenden Geschäften.
Weitere 36 Prozent vermelden zumindest eine befriedigende Situation. Die Lageeinschätzungen seien damit so gut wie selten zuvor. Ursache dafür sind, so Pürckhauer, ordentliche Umsatzzahlen, nicht zuletzt durch privaten Konsum. Zudem hat sich die Ertragslage auf einem ohnehin hohen Niveau sogar noch einmal leicht verbessert. Gleichzeitig hält – allen Unkenrufen zum Trotz – die Zuversicht unter den Betrieben an. Unbeirrt von einer ungewissen internationalen Wirtschaftspolitik bleiben die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate von Optimismus geprägt. (heo) Ein 34-jähriger Mann ist am Donnerstagmorgen gegen 3.15 Uhr am Hauptbahnhof Ulm verhaftet worden. Beamte der Bundespolizei stellten im Rahmen einer Kontrolle fest, dass gegen den aus SachsenAnhalt stammenden Mann ein Untersuchungshaftbefehl der Staatsanwaltschaft Magdeburg wegen gefährlicher Körperverletzung vorlag. Der Festgenommene wurde dem zuständigen Richter am Amtsgericht Ulm vorgeführt, der den Haftbefehl in Vollzug setzte. Bundespolizisten brachten den 34-Jährigen danach in eine Justizvollzugsanstalt. (az)