Klingende Bibelgeschichte
Der Kammerchor der Uni Ulm führt mit Gästen in St. Elisabeth Mendelssohns „Elias“auf – und macht den alten Stoff verständlich
Der Kammerchor der Universität Ulm besteht erst seit dem Wintersemester 2012/13 und unterliegt – wie alle Universitätschöre – einer stärkeren Fluktuation als viele andere Chöre. Dennoch hat er sich unter seinem Gründer Manuel Sebastian Haupt bereits als anspruchsvolles Ensemble für große klassische Aufführungen profiliert. Normalerweise besteht der Chor aus etwa 60 Sängern. Für die Aufführung von Felix Mendelssohn Bartholdys „Elias“-Oratorium bereicherte Haupt das Ensemble um Sänger aus den von ihm geleiteten Chören der Singund Musikschule Kempten: Gemeinsam gelang in der Kirche St. Elisabeth – wie am Vortag in Langenau – eine glanzvolle Aufführung des 1846 uraufgeführten und am Alten Testament ausgerichteten Oratoriums um den Propheten Elias, der im neunten vorchristlichen Jahrhundert gelebt haben soll.
Mit emotionaler Dramatik einerseits, mit beeindruckender Dynamik, Präsenz und Präzision andererseits überzeugte der Chor unter der Leitung von Manuel Sebastian Haupt – der seinem Vater, Universitätsmusikdirektor Albrecht Haupt, nicht nur äußerlich, sondern auch gestisch beim Dirigat ähnelt – in den großen Chorsätzen des Oratoriums, in dem die Sänger als das Volk Israel und als die Baals-Priesterschaft im Kampf zwischen Polytheismus und Jahwe-Verehrung agieren.
Die Solisten zeigten homogen Klasse und hervorragende Textver- ständlichkeit: Daniel Blumenschein in der Titelpartie des Elias überzeugte stimmlich wie dramatisch in der Rolle des starken, eifrigen und zornigen Propheten; Blumenschein gelang im dreifachen Anruf Jahwes angesichts des toten Kindes der Witwe von Sarepta eine bei jedem Ruf sich fordernd steigernde Bitte um das Leben des Kindes. Ähnlich hochklassig und mimisch drohend agierte Youn-Seong Shim in der Rolle des Königs Ahab und seines Hofmeisters Obadjah. In der Doppelbesetzung Witwe/Engel agierte Catherina Witting mit klarem, strahlenden Sopran; Altistin Henriette Gödde als zweiter Engel und baalsgläubige Königin beeindruckte mit samtweicher Stimmführung.
Hohe Anerkennung verdienen die jungen Musiker des Schwäbischen Jugendsinfonieorchesters, die konzentriert und zuverlässig spielten. Und ein Lob verdient die Idee, im Programmheft von Mendelssohn verwendete Formulierungen zu erklären wie die Bedeutung von „oder ist übers Feld“; der Spott des Elias auf Baal und die ihn Verehrenden, der sich hinter der Formulierung in einem Rezitativ verbirgt, wäre sonst für den Zuhörer von heute kaum verständlich.