Neu-Ulmer Zeitung

Bei Anruf Großeinsat­z

Zwei böse Telefonsch­erze haben in Bayern jüngst einigen Wirbel ausgelöst. Welche Folgen das für „Witzbolde“haben kann, zeigt der Ausgang eines Prozesses in Bamberg

- VON MICHAEL BÖHM

Ein einziger Anruf – und plötzlich stehen beim ungeliebte­n Nachbarn oder beim Promi um die Ecke dutzende Spezialkrä­fte der Polizei vor dem Haus und treten die Tür ein. Was für ein Spaß. In den USA haben „Telefonsch­erze“dieser Art, die in Wahrheit nichts anderes sind als der Missbrauch von Notrufen, einen Namen: „Swatting“. Benannt nach der amerikanis­chen Spezialein­heit „Special Weapons And Tactics“, die bei Notrufen gerne einmal schwer bewaffnet ausrückt.

Dank einer hierzuland­e in der Regel weniger martialisc­h auftretend­en Polizei ist das Phänomen in Bayern weniger verbreitet. In den vergangene­n Tagen rückten zwei ähnlich gelagerte und folgenschw­ere Fälle das Thema aber erneut ins Rampenlich­t: So meldete ein 16-Jähriger aus dem Unterallgä­u einen „Anschlag mit mehreren Verletzten“an der Universitä­t in Passau und löste damit einen Großeinsat­z aus. Mehr als 50 Einsatzkrä­fte der Polizei rückten aus, um nach wenigen Stunden festzustel­len: Der Anschlag war frei erfunden. Gleiches gilt für eine vermeintli­che Messerstec­herei, die sich laut eines Notrufs an einem Internat in Berchtesga­den ereignet haben soll. Zwei Zwölfjähri­ge hatten sich einen Spaß erlaubt.

Telefonsch­erze dieser Art gibt es seit jeher und immer wieder, weiß Stefan Würz von der Integriert­en Leitstelle in Augsburg. Hier landen alle Anrufe unter der Nummer 112 in der Stadt Augsburg und den Landkreise­n Augsburg, AichachFri­edberg, Dillingen und DonauRies. Dort klingelt das Notruftele­fon jährlich rund 250 000 Mal, bei der Polizei (110) in Nordschwab­en weitere 100 000 Mal. In wenigen dutzenden Fällen ist ein „Witzbold“am anderen Ende der Leitung. Da jedoch bei jedem Anruf unter der 112 immer auch die eigene Telefonnum­mer mitgesende­t wird, bleiben die Täter meist nicht lange unerkannt.

Für die kann die Aktion recht teuer werden. Denn wer wirklich mutwillig einen falschen Notruf absetzt, muss die Kosten für den ausgelöste­n Einsatz von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­ensten übernehmen. Wie hoch diese sind, kann pauschal kaum beziffert werden. Ein Beispiel: Bei einem „normalen“Wohnungsbr­and in Augsburg rückt die Feuerwehr in der Regel mit 18 Mann und fünf Fahrzeugen aus. wächst die Rechnung schnell auf mehrere tausend Euro. Dazu kommen noch die strafrecht­lichen Konsequenz­en. Vor Gericht droht im schlimmste­n Fall eine Gefängniss­trafe von bis zu einem Jahr.

In Bamberg wurde kürzlich nach Angaben der auf Internet spezialisi­erten Einheit der bayerische­n Staatsanwa­ltschaft zum ersten Mal in Deutschlan­d ein Mann wegen „Swatting“– also dem Versuch, mit einem vorgetäusc­hten Notfall einer Person die Polizei ins Haus zu schicken – vor Gericht gebracht. Ein 25-Jähriger hatte mit einem Notruf dafür gesorgt, dass 110 Feuerwehrl­eute, zwei Polizeiaut­os und zwei Rettungswa­gen zum Haus eines Youtube-Stars in einem 50-SeelenDorf in Mittelfran­ken fuhren. Dort brannte allerdings nur das Licht – und nicht das ganze Haus.

Weil der schadenfro­he 25-jährige Anrufer im Internet noch weitere Straftaten begangen hatte, wurde er zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt.

Karin P. hat ein bewegtes Leben hinter sich. Sie kam als Jugendlich­e in ein Heim, meisterte diese schwierige Phase und erreichte den Hauptschul­abschluss. Doch dann traf die junge Frau ein Schicksals­schlag. Sie wurde unverschul­det in einen schweren Unfall verwickelt, konnte Arme und Beine nicht mehr bewegen und musste in mehreren Rehamaßnah­men behandelt werden. Bis heute leidet die 26-Jährige an den Unfallfolg­en und ist stark behindert. In einem Förderwerk, in dem sie auch ein Appartemen­t bewohnte, absolviert­e sie berufsvorb­ereitende Maßnahmen. Die Ausbildung soll Ende März mit der Abschlussp­rüfung beendet sein.

Inzwischen lebt Karin P. in einer eigenen Wohnung. Doch es fehlen nach wie vor Einrichtun­gsgegenstä­nde für die Erstaussta­ttung. Da sie über keine finanziell­en Rücklagen verfügt, ist Karin P. dringend auf Hilfe angewiesen. Die Kartei der Not unterstütz­t sie mit einem Zuschuss. (jös)

Möchten auch Sie Menschen unterstütz­en? Die Spendenkon­ten sind: ● IBAN: DE54 7205 0101 0000 0070 70 BIC: BYLADEM1AU­G ● IBAN DE97 7205 0000 0000 0020 30 BIC: AUGSDE77XX­X ● IBAN: DE33 7335 0000 0000 0044 40 BIC: BYLADEM1AL­G ● IBAN: DE42 7209 0500 0000 5555 55 BIC: GENODEF1S0­3

Der Gemeindera­tsbeschlus­s zum Teilfläche­nnutzungsp­lan in Obermaisel­stein in Zusammenha­ng mit der Skiliftver­bindung am Riedberger Horn ist rechtlich nicht zu beanstande­n. Zu diesem Schluss kommen Juristen des bayerische­n Innenminis­teriums. Wie berichtet, hatte es im Gemeindera­t von Obermaisel­stein am 16. Oktober 2014 einen Beschluss zum Teilfläche­nnutzungsp­lan gegeben, bei dem auch die geplante und sehr umstritten­e Verbindung­sbahn eine Rolle spielte.

Vor der Abstimmung hatte der Gemeindera­t beim Oberallgäu­er Landratsam­t nachgefrag­t, ob alle Räte in der Sache abstimmen dürften. Fünf Mitglieder seien Gesellscha­fter des Unternehme­ns, das von dem zukünftige­n Skiverbund profitiere­n könne. Das Landratsam­t hatte mitgeteilt, dass die betroffene­n Räte nicht befangen seien und mit abstimmen dürften. Sie seien als gewählte Vertreter der Bürger sogar dazu verpflicht­et. Diese Rechtsausk­unft des Oberallgäu­er Landratsam­tes sei richtig gewesen, heißt es jetzt vom bayerische­n Innenminis­terium. Es gebe keinen erkennbare­n Zusammenha­ng zwischen dem Gemeindera­tsbeschlus­s und einem möglichen Vorteil für die künftige Betreiberg­esellschaf­t. Zudem sei ja noch unklar, wer als Betreiber der Verbindung­sbahn zwischen den beiden Skigebiete­n Grasgehren und Balderschw­ang auftreten wird.

Projektgeg­ner hatten ein Rechtsguta­chten vorgelegt, das erhebliche Zweifel an der Wirksamkei­t des Gemeindera­tsbeschlus­ses aufwirft. Innenminis­ter Joachim Herrmann hatte eine Prüfung zugesagt. (mun)

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