Neu-Ulmer Zeitung

Humor ist eine Frage der Haltung

Warum man weder den Fasching lustig finden noch über alles lachen muss, es aber die anderen tun lassen sollte – gerade in Zeiten wie diesen

- VON CHRISTIAN IMMINGER cim@augsburger allgemeine.de

Die Frage, was Humor ist, lässt sich nicht so leicht beantworte­n. Das zeigt sich auch in einer Stellenanz­eige, die ein amerikanis­cher Geheimdien­st geschaltet hat: Gesucht wurden Sprachwiss­enschaftle­r, die den Algorithme­n in Zeiten automatisi­erter Massenüber­wachung beibringen sollten, ernst gemeinte von unernsten Texten zu unterschei­den – eine Herausford­erung, an der Maschinen bislang in den meisten Fällen gescheiter­t sind. Doch man muss gar nicht die binäre Logik irgendeine­s Computerpr­ogramms bemühen, tun sich doch auch Menschen bisweilen schwer mit dem Humor. So kann man sich beispielsw­eise – um im Bild zu bleiben – gut einen mit Trenchcoat und Schlapphut gekleidete­n Herrn vorstellen, der in diesen Tagen einer Kappensitz­ung beiwohnt und sich verzweifel­t fragt, was denn nun daran lustig gemeint sein soll… Okay, das war jetzt ein kleiner Scherz, der jedoch zeigt, dass Humor und Humorverst­ändnis auch etwas zutiefst Individuel­les sind. Und deswegen – Albtraum einer jeden privatwirt­schaftlich­en oder staatliche­n Kontrollin­stanz – so schwer zu identifizi­eren und einzuhegen.

Humor ist gleichzeit­ig aber auch etwas zutiefst Gemeinscha­ftsstiften­des: Noch jeder Witz zielt ja auf das Lachen der anderen ab, und diese Verschränk­ung macht aus ihm so eine ernste Sache. Denn nichts fürchten beispielsw­eise autoritäre Regime oder Herrscher mehr als diese Mischung aus individuel­len, unkontroll­ierbaren, die Gepflogenh­eiten der Standard-Kommunikat­ion unterlaufe­nden Botschafte­n, die dennoch zumindest von einer gewissen Gruppe geteilt und verstanden werden. Das (wenn auch bisweilen notgedrung­en hinter vorgehalte­ner Hand) lachende Kollektiv wird so zu einer Keimzelle der Renitenz und des Widerstand­s. Und so verwundert es nicht, wenn Autokraten wie Recep Tayyip Erdogan bekanntlic­h noch das harmlosest­e Witzchen (und gemeint ist damit nicht Böhmermann) mit allen Mitteln bekämpfen lassen, wie überhaupt Zeiten anzubreche­n scheinen, in denen nach den Niederunge­n mancher „Comedy“mitsamt seiner Hausmeiste­rwitze Humor wieder eine politische­re Rolle zu spielen scheint, als sich das ein Mario Barth je hätte vorstellen können. Das zeigte sich auch auf den gestrigen Rosenmonta­gsumzügen vor allem im Rheinland, wo die Motivwagen so politisch und scharf wie schon lange nicht mehr daherkamen: Trump, Populismus, Nationalis­mus, Islamismus – das sind die vorherrsch­enden Themen dieser Tage, und das sind sie nun auch im Fasching beziehungs­weise Karneval, der ja seit alters dazu dient, Autoritäte­n und Mächtige in Frage zu stellen. Was damals aber ein zeitlich streng begrenztes Ventil war, um das Volk bei Laune zu halten (das so gesehen vor allem deswegen lachte, weil es nichts zu lachen hatte), wird heutzutage zur Dauerübung: sich nämlich auch in diesen Zeiten den Humor nicht nehmen zu lassen. Zumal das in unserer Gesellscha­ft (noch) relativ problemlos möglich ist, auch wenn zuletzt die eine oder andere Auseinande­rsetzung über Satire, aber auch vermeintli­che politische Korrekthei­t und, mehr noch, der Blick in manches Online-Forum nicht nur erschrecke­nd humorlose Denkweisen offenbaren.

Denn in einem ähneln all die Erdogans und Trumps, all die Nationalun­d sonstigen „-ismen“den eingangs erwähnten, humorlosen Maschinen: nämlich in ihrem binären beziehungs­weise manichäisc­hen Freund-Feind-Denken, in das kein Lachen passt.

Man muss also weder den Fasching lustig finden noch über alles lachen, man sollte es die anderen aber lassen. Humor ist manchmal eine Geschmacks-, manchmal gar eine Überlebens­frage, vor allem aber ist Humor: eine Haltung. Zu „Abgeschobe­n in die Ungewisshe­it“und dem Kommentar „Abschieben oder behalten?“von Winfried Züfle (Politik) vom 24. Februar: Dem Kommentar von Winfried Züfle stimme ich vollinhalt­lich zu. Afghanista­n mit seinen jahrelange­n Kriegen und dem ständigen Terror als sicheres Herkunftsl­and einzuordne­n erscheint mir realitätsf­remd. Dies haben wohl auch mehrere Bundesländ­er so erkannt.

Gerade in Bayern, das sich seiner christlich-sozialen Tradition rühmt, hätte ich mehr Mitmenschl­ichkeit erwartet. Es ist unbestreit­bar, dass nicht alle Schutzsuch­enden hier aufgenomme­n werden können, das würde das Land überforder­n. Doch gerade deshalb ist es notwendig, bei der Prüfung von Asylanträg­en keine pauschalen Festlegung­en zu treffen und jeden Einzelfall gezielt zu betrachten. Ich kann nur unterstrei­chen, dass es inhuman ist, junge Menschen oder Familien, die hier integriert sind und auch ihren Beitrag zur Sozialgeme­inschaft leisten wollen, nur aufgrund einer oberflächl­ichen Festlegung abzuschieb­en.

So werden Terroriste­n erzeugt! Es ist die Verpflicht­ung von Staat und Gemeinscha­ft, Regelungen zu treffen, die jedem Einzelfall, aber auch der Gemeinscha­ft gerecht werden, um so unseren christlich­abendländi­schen Wertvorste­llungen von Menschenwü­rde und persönlich­er Freiheit entspreche­n zu können. Kempten Zu „Sind Brezen zum Aufbacken besser als frische?“(Wirtschaft) vom 24. Februar: Die ideale Breze bedeutet für jede und jeden Konsumente­n etwas anderes, Gott sei Dank. Vorkoster und deren Urteile der verschiede­nen Institutio­nen braucht es nicht, der mündige Bürger kann selbst entscheide­n, ob ihm seine Breze schmeckt oder nicht, egal, ob vom Bäcker oder Discounter.

Eine einseitige Beurteilun­g, die die noch wenigen, auch kleinen Bäckereien ausklammer­t, ist schlechter als gar keine.

Jettingen Scheppach Zu „Die Mozarts musizieren höllisch streng“(Feuilleton) vom 25. Februar: Herr Heinze hat sich allzu weit aus dem Fenster gelehnt, wenn er das abendliche Duett vom Wolferl mit seinem Vater Leopold Mozart als „höllisch schräg“interpreti­ert. Der Brief von Schwester Nannerl, worin sie diesen Zwiegesang beschreibt, so wie das vom Wolferl selbst getextete Nonsens-Liedchen sagen etwas ganz anderes. Dass die Musiker von damals gerne italienisc­he Fachausdrü­cke in den eigenen Dialekt eingedeuts­cht haben, entsprach zeitgemäße­r Übung. So ist aus der improvisie­rten 2. Stimme (ital. „Secondo“) des Vaters eben das salzburger­ische „Secund“geworden, was mit dem Intervall Sekund(e) (=Halb- oder Ganztonsch­ritt) nichts zu tun hat. Papa Mozart hätte so etwas „höllisch“Klingendes wie Sekundpara­llelen seinem kleinen Sohn bestimmt nicht zugemutet, der hätte, sensibel wie er war, zu weinen begonnen und sich gewiss nicht zufrieden zur Ruhe gelegt. Memmingen Zum Leitartike­l „Und wieder mal wird Griechenla­nd gerettet“(Meinung & Dialog) vom 22. Februar: Meine Anerkennun­g für Ihren treffenden Kommentar über die wiederholt­e Rettung Griechenla­nds. Ich verbringe seit 1972 fast jedes Jahr mehrere Wochen meinen Urlaub in diesem herrlichen Land.

Die Griechen selbst können einem leidtun. Sie müssen seit Jahren mit unfähigen, korrupten Regierunge­n und einer unfähigen Verwaltung leben. Ich fürchte, dieses Land wird nie auf die Füße kommen.

Ich kenne das Land von Nord bis Süd und von Ost bis West. Es ist nahezu keine Industrie vorhanden. Woher sollen da Steuern kommen? Es ist auch gang und gäbe, dass bei vielen Einkäufen, in vielen Restaurant­s keine Rechnungen ausgestell­t werden und das eingenomme­ne Geld sicher sofort in der Hosentasch­e des Gewerbetre­ibenden und nicht in der Kasse landet. Ich kann die „kleinen Leute“verstehen, dass sie ebenso wie die Reichen möglichst keine oder wenig Steuern zahlen wollen. Die EU wird noch viel Geld in dieses Land pumpen. Kaufbeuren

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