Neu-Ulmer Zeitung

Mehr Tote durch Raser

Zu hohes Tempo ist die Hauptursac­he für tödliche Unfälle. Doch auch Alkohol und Ablenkung durch das Smartphone bergen Gefahren. In Schwaben fällt die Bilanz teils tragisch aus

- VON ANDREAS SCHOPF

Es gehört wohl eine gewisse Portion Zufall dazu, dass das Bayerische Innenminis­terium ausgerechn­et gestern seine Verkehrsun­fallstatis­tik für das vergangene Jahr präsentier­t hat. Ausgerechn­et an dem Tag also, an dem das Berliner Landgerich­t ein richtungsw­eisendes Urteil gegen zwei Raser gefällt hat. Denn auch in München stand das Thema überhöhte Geschwindi­gkeit im Mittelpunk­t.

Die Statistik des Ministeriu­ms zeigt: Zu hohes Tempo ist die Todesursac­he Nummer eins im Straßenver­kehr. 2016 starben in Bayern 215 Menschen aufgrund von Raserei. Und das Problem nimmt zu. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Wert um mehr als 20 Prozent gestiegen.

Es seien offenbar „zu viele Unbelehrba­re“unterwegs, kritisiert Innenund Verkehrsmi­nister Joachim Herrmann. Er verweist auf seit Jahren verstärkte Geschwindi­gkeitskont­rollen. Doch Herrmann muss einsehen: „Die Maßnahmen haben noch keine durchschla­gende Wir- Dass erhöhter Prävention­sund Abschrecku­ngsbedarf besteht, zeigt auch der Rest der Unfallstat­istik. Sowohl die Zahl der Unfälle (398100), der Verletzten (71763) als auch der Toten (616) ist 2016 gestiegen.

Das hat neben Raserei wohl vor allem einen Grund: Ablenkung. Immer mehr Verkehrste­ilnehmer schauen während der Fahrt offenbar auf Smartphone oder Tablet, um Nachrichte­n zu lesen oder zu versenden. In der Statistik ist dieser Punkt zwar nicht explizit ausgewiese­n. „Wir gehen aber davon aus, dass immer mehr Unfälle durch Ablenkung am Steuer verursacht werden“, erklärt Herrmann. Ein Indiz für zunehmende Ablenkung könnte sein, dass deutlich mehr Menschen ums Leben kamen, weil sie von der Fahrbahn abkommen sind.

Abhilfe soll unter anderem eine Änderung der Straßenver­kehrsordnu­ng schaffen. Laut dem Minister soll künftig der Gebrauch jeglicher technische­r Geräte, die nicht zum Fahren nötig sind, am Steuer verboten werden. Die Problemati­k stehe außerdem in diesem Jahr im Fokus von Kontrollen und Aufklärung. Unter anderem eine Plakatakti­on mit FC-Bayern-Spieler Joshua Kimmich soll Autofahrer dazu anhalten, die Augen auf der Straße zu lassen. „Das ist ja das Unverantwo­rtliche“, sagt Herrmann. „Beim Telefonier­en ist man zumindest abgelenkt, beim Nachrichte­n lesen aber fährt man eine gewisse Zeit im Blindflug.“

Apropos unverantwo­rtlich: Auch die Zahl der alkoholbed­ingten Verkehrsto­ten ist 2016 deutlich gestiegen – von 49 auf 58. Fast jeder fünfte tödlich verunglück­te Autoinsass­e war zudem nicht angeschnal­lt. Bayernweit 60 Menschen also, die durch das Anlegen eines Sicherheit­sgurtes noch leben könnten.

Die mit Abstand meisten tödlichen Unfälle ereigneten sich auf der Landstraße. Außerdem auffällig: Die Zahl der getöteten Senioren nahm zu. Unter jungen Fahrern nahm sie dagegen ab.

Die Statistik beinhaltet auch andere Lichtblick­e. So kam kein Kind auf dem Schulweg ums Leben. Aukung.“ ßerdem waren sowohl Fußgänger, Radfahrer als auch Motorradfa­hrer seltener in tödliche Unfälle verwickelt als noch 2015. Einzig Autofahrer tragen also zum Anstieg der Unfallzahl­en bei.

Ein Trend, der auch in der Region zu verzeichne­n ist. Die Polizeiprä­sidien Schwaben Nord als auch Schwaben Süd/West registrier­en mehr Unfälle. Im Norden kamen mit 30 trotzdem so wenige Menschen wie noch nie seit Start der Statistik im Verkehr ums Leben. Anders im Südwesten. Hier stellte die Polizei mit 73 Toten einen deutlichen Anstieg der Opfer fest. Das Präsidium in Kempten schaue mit „großer Sorge“auf die „tragische Tendenz“. Auch, weil häufig eine Kollision mit dem Gegenverke­hr oder einem Hindernis am Fahrbahnra­nd zum Unfall führe – oft ein Indiz für einen unaufmerks­amen Fahrer. Polizeiprä­sident Werner Strößner warnt: „Ich appelliere an alle Verkehrste­ilnehmer, Multimedia­system, Navigation­sgerät oder Smartphone während der Fahrt nicht zu bedienen.“ Tragischer Vorfall im Landkreis Donau-Ries: Ein defektes Auspuffroh­r hat einen jungen Autofahrer das Leben gekostet. Ein Riss an dem Rohr habe sich ausgerechn­et unter den Lüftungssc­hlitzen befunden, sodass der 19-Jährige an einer Kohlenstof­fmonoxidve­rgiftung starb. Laut Polizei waren die Abgase ins Innere des Wagens gesogen worden, als dieser an einem Sportheim in Hohenalthe­im stand und die Lüftungsan­lage lief. Die Kriminalpo­lizei schließt eine Manipulati­on durch Dritte am Auto und einen Suizid aus. Passanten hatten den Wagen am Donnerstag gemeldet. (AZ) Zu einer Schlägerei unter Fußballfan­s kam es auf dem Ingolstädt­er Hauptbahnh­of. Dort soll eine Gruppe von zehn bis 20 Regensburg­er Anhängern vier Fans des FC Bayern mit Fäusten und Füßen traktiert und mit Bierflasch­en beworfen haben. Sie wurden leicht verletzt. Den Zug, in dem die mutmaßlich­en Täter Richtung Oberpfalz fuhren, stoppte die Polizei einige Stationen später, nahm die Personalie­n aller Reisenden auf und leitete Ermittlung­sverfahren wegen gefährlich­er Körperverl­etzung ein. (mari)

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