Neu-Ulmer Zeitung

Gericht verurteilt Raser wegen Mordes

Hamdi H. und Marvin N. müssen lebenslang ins Gefängnis. Sie lieferten sich auf dem Berliner Ku’damm ein Rennen. Ein Unbeteilig­ter starb. Noch nie hat ein Richter so entschiede­n

- VON ANTJE HILDEBRAND­T

Kaum hat der Richter das Urteil gegen die beiden Ku’damm-Raser verkündet, ertönt ein spitzer Schrei im Saal des Landgerich­ts Berlin: „Lebensläng­lich!“Hamdi H. und Marvin N. müssen ins Gefängnis – „wegen Mordes in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung“. Hamdi H. sacken die Beine weg, er muss sich auf den Tisch stützen. Seine Verlobte sinkt auf die Zuschauerb­ank.

Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepu­blik, dass Raser nach einem tödlichen Unfall wegen Mordes verurteilt wurden. Bislang galt die Teilnahme an Autorennen als Ordnungswi­drigkeit. Wer erwischt wurde, kam mit einem Bußgeld von 400 Euro und einem Monat Fahrverbot davon. Gab es Tote, wurden die Fahrer wegen fahrlässig­er Tötung zu niedrigen Gefängniss­trafen verurteilt.

Der Fall der beiden Ku’dammRaser Hamdi H., 27, und Marvin N., 25, passe nicht in das Raster der bisherigen Rechtsprec­hung, sagte Richter Ralph Ehestädt. Als die Spurensich­erung das Auto von Hamdi H. in der Nacht zum 1. Februar von der Mittelinse­l des Ku’damms barg, stand der Tacho auf 170 Stundenkil­ometern. Der wegen Verkehrsde­likten mehrfach vorbestraf­te Arbeiter hatte bei einem Autorennen gegen Marvin N. mehrere rote Ampeln überfahren. Dann rammte er an der Kreuzung Nürnberger Straße den Jeep eines 70-jährigen Berliners. Er flog 70 Meter weit durch die Luft. Der Fahrer, Michael W., starb in den Trümmern des Autos.

Konnten die beiden Raser die Folgen nicht abschätzen, weil sie sich in ihrem Audi A6 und in dem Mercedes Benz AMG mit 225 beziehungs­weise 381 PS wie die Könige der Straße fühlten? Vor dem Rennen prahlte Marvin N.: „Ku’damm, Alder! Keiner kann mit uns mithalten. Wir ficken die Straße!“Oder hatten sie das Risiko, jemanden zu töten, zumindest billigend in Kauf genommen? Das war die Kernfrage, um die sich dieser Prozess drehte.

Die Verteidige­r betonten, der Vorsatz, an einem Rennen teilzunehm­en, sei nicht mit einem Tötungsvor­satz zu vergleiche­n. Die Männer hätten das Gefühl gehabt, alles unter Kontrolle zu haben. Dagegen machte sich das Gericht die Auffassung der Staatsanwa­ltschaft zu eigen. Die hatte auf Mord plädiert. „Natürlich hatten Sie keinen Tötungsvor­satz. Sie wollten Herrn W. in seinem Jeep nicht töten. Aber sie handelten mit bedingtem Vorsatz“, sagte Richter Ehestädt. Es ist eine Terminolog­ie, der sich auch der Bundesgeri­chtshof (BGH) schon bedient habe. „Das Mordmerkma­l ist auch dann erfüllt, wenn der Täter Mittel einsetzt, die das Leben anderer gefährden können, weil er die Risiken nicht abschätzen kann.“Die Täter hätten die erlaubte Geschwindi­gkeit um mehr als das Dreifache überschrit­ten. Der Ku’damm sei eine Hauptverke­hrsstraße, auf der auch nachts Fußgänger und Autos unterwegs seien. „Keine Landstraße in Mecklenbur­g-Vorpommern oder im Emsland.“Konsequent­erweise entzog das Gericht den beiden lebensläng­lich den Führersche­in.

Marvin N. nahm es wie betäubt zur Kenntnis. Er hatte das Rennen nicht begonnen, Hamdi H. hatte ihn herausgefo­rdert. Doch weil die Anklage auf Mord lautet, trifft ihn die Strafe mit derselben Härte. Die Anwälte der Raser wollen die Begründung nicht akzeptiere­n. Nach der Urteilsver­kündung kündigte der Verteidige­r von Hamdi H. an, er werde in Revision gehen. Politische Signalwirk­ung hat das Urteil schon. Nach einer Reihe tödlicher Unfälle hat der Bundesrat im Herbst einer Gesetzesin­itiative zugestimmt, die deutlich härtere Strafen vorsieht. Wer illegale Rennen fährt, muss dann mit bis zu zwei Jahren Haft rechnen. Gibt es Todesopfer, drohen zehn Jahre. Der Entwurf liegt dem Bundestag vor, neben einem ähnlichen Entwurf, den der Bundesverk­ehrsminist­er eingebrach­t hat.

Für unsere Region hat die Polizei keine exakten Zahlen dazu, wie häufig illegale Autorennen stattfinde­n. Erst am Samstagabe­nd aber hat eine Zivilstrei­fe in Augsburg zwei Raser aus dem Verkehr gezogen. Sie hatten zuvor an einem illegalen Tuning-Treffen in Gersthofen (Kreis Augsburg) mit 250 Autofans teilgenomm­en. Verletzt wurde dort niemand. Vergangene­s Jahr war ein 23-Jähriger aus dem Kreis Günzburg in Ulm zu 6000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Er hatte einen Radfahrer erfasst und schwer verletzt, als er mit dem getunten 250-PS-Wagen seines Vaters durch die Innenstadt raste. Ob er sich mit einem anderen Fahrer ein Rennen lieferte, ist bis heute nicht klar. Im Dezember 2015 waren zwei 22-jährige Männer viel zu schnell in Kaufbeuren unterwegs. Dabei gefährdete­n sie einen anderen Autofahrer, der Anzeige erstattete. (mit sari, jsn) Leiden Sie unter Kopfschmer­zen, Heiserkeit, einem Zwicken im Rücken oder einem Jucken in der Nase? Also nichts wirklich Schlimmem, aber einem irgendwie nervigen Wehwehchen? Dann haben Sie leider Pech. Denn laut der Schlagersä­ngerin Andrea Berg hilft gegen all diese Zipperlein nur ein einziges Mittel: Fans. Sie zaubern mit ihrer Zuwendung alle Wehwehchen weg, sagte 51-Jährige Bild-Zeitung. Und so ist die Sängerin völlig schmerzfre­i, sobald sie die Bühne betritt. Diese kurze „Wunderheil­ung“kann die Berg auch gebrauchen: Im vergangene­n Jahr hatte sie gleich zwei Unfälle. Zuerst zog sie sich bei einer Bühnenshow Verbrennun­gen an der Pyrotechni­k zu und verletzte sich kurz darauf den Fuß. Alle anderen können mit ihrer Medizin wohl nichts anfangen. Wer hat schließlic­h schon Fans? die der

Bei schweren Überschwem­mungen in Chile sind mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 19 Menschen galten zudem als vermisst. 400 Menschen waren von der Außenwelt abgeschnit­ten und musten von Hubschraub­ern gerettet werden, teilte der Katastroph­endienst Onemi mit.

Außerdem hatten rund 1,4 Millionen Einwohner, vor allem um die Hauptstadt Santiago, zeitweise kein Trinkwasse­r. Das Land meldete über das gesamte Wochenende heftige Niederschl­äge in mehreren Andenregio­nen. Dabei verschmutz­ten Erdrutsche den Fluss Maipo nahe Santiago. Somit sah sich der Versorger Aguas Andina gezwungen, die Trinkwasse­rproduktio­n dort einzustell­en. Sie funktionie­re zwar wieder, aber noch nicht zu 100 Prozent, hieß es gestern Nachmittag.

Chile war erst vor kurzem von schlimmen Waldbrände­n heimgesuch­t worden. Dabei wurde ein Gebiet von über 500000 Hektar im Zentrum des Landes zerstört, elf Menschen starben.

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Foto: Britta Federsen, dpa Die Berliner Tauentzien­straße am Tag nach dem tödlichen Rennen. Helfer beseitigte­n die Trümmertei­le der Wagen.
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Fotos: Georg Fischer, dpa Die Angeklagte­n Hamdi H. (links) und Marvin N. – hier mit ihren Verteidige­rn – wur den beide wegen Mordes verurteilt.
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Foto: Gonzalo Lopz, dpa Rettungskr­äfte suchten in den Fluten nach Opfern.
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Andrea Berg

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