Wie gewonnen, so zerronnen
„La La Land“wird zum besten Film erklärt, muss die Ehrung aber wieder abgeben. Das war jetzt die erste von zwei Pannen rund um die Oscars. Alle Deutschen gehen leer aus
Mit dem Satz „Und der Oscar geht an …“sowie der dazugehörigen kleinen Pause für die Spannungssteigerung werden Legenden geboren und Sieger gekürt. Und am dramatischsten ist dieser Satz, wenn es zum Finale der jährlichen OscarGala zur Verleihung der angesehensten Filmpreise der Welt in Los Angeles um die Kategorie des Besten Films geht. Auch am Sonntagabend hielten die Gäste im Hollywood & Highland Center sowie Millionen Menschen an den Fernsehgeräten den Atem an. Was sie dann erlebten, war tatsächlich Oscar-reif, urteilte die New York Times umgehend: Wenn das in einem Film geschehen wäre, hätte es keiner geglaubt.
Das Musical „La La Land“und der Streifen „Moonlight“über das Leben eines afroamerikanischen Homosexuellen galten als Favoriten für den Hauptpreis der diesjährigen Oscars. In den Stunden zuvor hatte „La La Land“trotz Nominierung in 14 Kategorien mit sechs Statuen weniger Preise erhalten als erwartet – was die Spannung vor dem entscheidenden Augenblick noch weiter erhöhte. Und: Der Film-Veteran Beatty zögerte länger als üblich, als er die Karte aus dem Umschlag zog; er schaute seine Kollegin Faye Dunaway in diesem Moment sogar etwas ratlos an.
Dann sprach Dunaway – vermeintlich – erlösende Worte: „La La Land“. Jubel brandete auf, das Team des Film-Musicals strömte auf die Bühne; alles schien, wie es sein sollte. Es gab die üblichen Reden, Umarmungen, Freudentränen.
Bis „La La Land“-Produzent Jordan Horowitz ans Mikrofon trat und Geschichte machte. Er hatte entdeckt, dass sein Film fälschlicherweise zum Sieger erklärt worden war. Nun hielt er die Karte mit dem tatsächlichen Gewinner des Abends hoch und sagte: „Moonlight“habe gewonnen. In der darauf ausbrechenden Verwirrung sprach Horowitz die Macher von „Moonlight“von der Bühne herab direkt an: „Das ist kein Witz, kommt rauf.“
Der Verwechslung Lösung: Ein Mitarbeiter der Veranstalter hatte Beatty und Dunaway mit dem Umschlag für die Kategorie Beste Hauptdarstellerin auf die Bühne geschickt, die bereits von Emma Stone („La La Land“) gewonnen worden war. Deshalb schaute Beatty so verunsichert. „Das war nicht, weil ich witzig sein wollte“, erklärte er diesen Moment später.
Und so war etwas Unglaubliches wie in einem Hollywood-Film passiert. „Moonlight“, ein Film des schwarzen Regisseurs Barry Jenkins, siegte mit dem Mini-Budget von 1,5 Millionen Dollar über das zwanzigmal so teure Musical „La La Land“, von dem viele Beobachter vor der Oscar-Nacht einen Durchmarsch mit zehn oder mehr Preisen erwartet hatten. In seiner Ehrlichkeit spielte Produzent Horowitz die Rolle eines tragischen Helden, der die Auszeichnung des Lebens nach wenigen Minuten wieder aus der Hand geben muss. Nicht einmal im Traum könne das wahr sein, kommentierte „Moonlight“-Regisseur Jenkins. Und Emma Stone sprach vom verrücktesten Oscar-Moment aller Zeiten.
Der Patzer bei der Preisverleihung ließ wichtigere Aspekte der Oscar-Show – sowie eine zweite Peinlichkeit – in den Hintergrund rücken: Zum ersten Mal seit 2007 gab es mehr als einen afroamerikanischen Sieger bei den Schauspielern: Mahershala Ali aus „Moonlight“und Viola Davis aus „Fences“siegten bei den Nebendarstellern. „Moonlight“-Regisseur Jenkins geWarren wann zudem einen Oscar für die Adaption des Dramas, das seinem Film zugrunde lag. Nicht schlecht für eine Veranstaltung, die immer wieder scharf kritisiert wurde, weil afroamerikanische Schauspieler und Regisseure ignoriert worden waren. Und auch die vielen Kommentare zu dem in Hollywood äußerst unbeliebten Donald Trump wurden von dem Ausrutscher in den Schatten gestellt.
Die zweite Peinlichkeit? In einem Gedenkvideo für die 2016 gestorbenen Menschen aus dem Filmbusiness haben die Produzenten ein falsches Foto verwendet: Gedacht werden sollte der australischen Kostümdesignerin Janet Patterson; gezeigt wurde ein Foto der weiterhin aktiven Produzentin Jan Chapman, die häufig mit Patterson zusammengearbeitet hat.
By the way: Sämtliche deutsche Hoffnungen wurden in Hollywood enttäuscht. Weder der Dokumentarfilmer Marcel Mettelsiefen, noch der Komponist Hauschka, noch Maren Ade („Toni Erdmann“) gewannen einen Oscar. Mettelsiefen war mit einer Doku über eine Flüchtlingsfamilie nominiert gewesen, Hauschka für Musik zu „Lion“.
Brecht war sein Leben. Wie kein Zweiter kannte der Berliner Germanist Werner Hecht jeden Buchstaben, den der Dichter geschrieben hatte. Hecht verfasste die „Brecht-Chronik“und betreute als einer der Herausgeber die 30-bändige Große Berliner und Frankfurter Ausgabe der Werke Bertolt Brechts. Mit 90 Jahren ist Werner Hecht am Sonntag nach einer schweren Herzoperation in Berlin gestorben.
Am 18. Dezember 1926 wurde er in Leipzig geboren. Bei Hans Mayer und Ernst Bloch hatte Hecht in seiner Heimatstadt studiert, bevor er 1959 von Helene Weigel als Dramaturg ans Berliner Ensemble engagiert wurde. Hecht sollte einer der engsten Vertrauten und Mitarbeiter von Brechts Witwe werden. Nach ihrem Tod leitete er von 1976 bis 1990 im Haus an der Chausseestraße das Brecht-Zentrum der DDR, eine Einrichtung des Ministeriums für Kultur. Damit war er auch verantwortlich für die Organisation und Koordinierung vielfältiger wissenschaftlicher und kulturpolitischer Aktivitäten zum Werk Brechts. So leitete er 1977 die Öffnung des Brecht-Weigel-Hauses in Buckow als Museum ein. Diesem hatte Hecht noch sein Utting-Konvolut hinterlassen, Unterlagen zu Brechts Erwerb eines Hauses am Ammersee.
Hecht gab in den 70er Jahren Brechts Journale heraus. Ab 1988 erschienen die Bände der neuen Werkausgabe, die auch der BrechtChronik (1997) zugrunde lag. Seine umfangreiche Quellensammlung wurde 2000 von der Arbeitsstelle Brecht an der Uni Karlsruhe erworben. Als Forscher befasste sich Hecht besonders mit Brechts DDRJahren, seinem „Leben in schwierigen Zeiten“. 2014 arbeitete Hecht anhand detaillierter Dokumente Brechts Probleme mit dem Regime auf.
Der Bildhauer Alf Lechner ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 91 Jahren in Obereichstätt, wo sich auch der „Lechner Skulpturenpark“befindet. Alf Lechner hinterlässt ein Werk von über 700 skulpturalen Schöpfungen sowie 4000 Zeichnungen. Bekannt war er für seine tonnenschweren Stahlskulpturen. Der gebürtige Münchner, der zunächst als Zeichner und Industriedesigner arbeitete, war früh vom Werkstoff Stahl fasziniert.
Seine ersten Skulpturen schuf er Anfang der 1960er Jahre. „Was keinen Widerstand bietet, interessiert mich nicht!“, sagte Alf Lechner. Sein ganzes Künstlerleben hat er sich mit geometrischen Grundformen befasst – in den vergange- nen drei Jahrzehnten fast ausschließlich mit dem Kubus. Das Leitmotiv seines Schaffens: „Systematisch geordnetes Denken ist sinnlich wahrnehmbar.“
Lechner, einer der renommiertesten Bildhauer Deutschlands, lebte in Obereichstätt im Altmühltal, wo er aus einem aufgelassenen Eisenhüttenwerk eine Art Gesamtkunstwerk mit Skulpturenpark gestaltete. Unweit davon gibt es noch einen zweiten Ort, der seinem Werk verpflichtet ist: das Alf Lechner Museum in Ingolstadt. Zudem prägen Arbeiten Lechners in vielen Städten den öffentlichen Raum. (mls)