Neu-Ulmer Zeitung

Wie gewonnen, so zerronnen

„La La Land“wird zum besten Film erklärt, muss die Ehrung aber wieder abgeben. Das war jetzt die erste von zwei Pannen rund um die Oscars. Alle Deutschen gehen leer aus

- VON THOMAS SEIBERT

Mit dem Satz „Und der Oscar geht an …“sowie der dazugehöri­gen kleinen Pause für die Spannungss­teigerung werden Legenden geboren und Sieger gekürt. Und am dramatisch­sten ist dieser Satz, wenn es zum Finale der jährlichen OscarGala zur Verleihung der angesehens­ten Filmpreise der Welt in Los Angeles um die Kategorie des Besten Films geht. Auch am Sonntagabe­nd hielten die Gäste im Hollywood & Highland Center sowie Millionen Menschen an den Fernsehger­äten den Atem an. Was sie dann erlebten, war tatsächlic­h Oscar-reif, urteilte die New York Times umgehend: Wenn das in einem Film geschehen wäre, hätte es keiner geglaubt.

Das Musical „La La Land“und der Streifen „Moonlight“über das Leben eines afroamerik­anischen Homosexuel­len galten als Favoriten für den Hauptpreis der diesjährig­en Oscars. In den Stunden zuvor hatte „La La Land“trotz Nominierun­g in 14 Kategorien mit sechs Statuen weniger Preise erhalten als erwartet – was die Spannung vor dem entscheide­nden Augenblick noch weiter erhöhte. Und: Der Film-Veteran Beatty zögerte länger als üblich, als er die Karte aus dem Umschlag zog; er schaute seine Kollegin Faye Dunaway in diesem Moment sogar etwas ratlos an.

Dann sprach Dunaway – vermeintli­ch – erlösende Worte: „La La Land“. Jubel brandete auf, das Team des Film-Musicals strömte auf die Bühne; alles schien, wie es sein sollte. Es gab die üblichen Reden, Umarmungen, Freudenträ­nen.

Bis „La La Land“-Produzent Jordan Horowitz ans Mikrofon trat und Geschichte machte. Er hatte entdeckt, dass sein Film fälschlich­erweise zum Sieger erklärt worden war. Nun hielt er die Karte mit dem tatsächlic­hen Gewinner des Abends hoch und sagte: „Moonlight“habe gewonnen. In der darauf ausbrechen­den Verwirrung sprach Horowitz die Macher von „Moonlight“von der Bühne herab direkt an: „Das ist kein Witz, kommt rauf.“

Der Verwechslu­ng Lösung: Ein Mitarbeite­r der Veranstalt­er hatte Beatty und Dunaway mit dem Umschlag für die Kategorie Beste Hauptdarst­ellerin auf die Bühne geschickt, die bereits von Emma Stone („La La Land“) gewonnen worden war. Deshalb schaute Beatty so verunsiche­rt. „Das war nicht, weil ich witzig sein wollte“, erklärte er diesen Moment später.

Und so war etwas Unglaublic­hes wie in einem Hollywood-Film passiert. „Moonlight“, ein Film des schwarzen Regisseurs Barry Jenkins, siegte mit dem Mini-Budget von 1,5 Millionen Dollar über das zwanzigmal so teure Musical „La La Land“, von dem viele Beobachter vor der Oscar-Nacht einen Durchmarsc­h mit zehn oder mehr Preisen erwartet hatten. In seiner Ehrlichkei­t spielte Produzent Horowitz die Rolle eines tragischen Helden, der die Auszeichnu­ng des Lebens nach wenigen Minuten wieder aus der Hand geben muss. Nicht einmal im Traum könne das wahr sein, kommentier­te „Moonlight“-Regisseur Jenkins. Und Emma Stone sprach vom verrücktes­ten Oscar-Moment aller Zeiten.

Der Patzer bei der Preisverle­ihung ließ wichtigere Aspekte der Oscar-Show – sowie eine zweite Peinlichke­it – in den Hintergrun­d rücken: Zum ersten Mal seit 2007 gab es mehr als einen afroamerik­anischen Sieger bei den Schauspiel­ern: Mahershala Ali aus „Moonlight“und Viola Davis aus „Fences“siegten bei den Nebendarst­ellern. „Moonlight“-Regisseur Jenkins geWarren wann zudem einen Oscar für die Adaption des Dramas, das seinem Film zugrunde lag. Nicht schlecht für eine Veranstalt­ung, die immer wieder scharf kritisiert wurde, weil afroamerik­anische Schauspiel­er und Regisseure ignoriert worden waren. Und auch die vielen Kommentare zu dem in Hollywood äußerst unbeliebte­n Donald Trump wurden von dem Ausrutsche­r in den Schatten gestellt.

Die zweite Peinlichke­it? In einem Gedenkvide­o für die 2016 gestorbene­n Menschen aus dem Filmbusine­ss haben die Produzente­n ein falsches Foto verwendet: Gedacht werden sollte der australisc­hen Kostümdesi­gnerin Janet Patterson; gezeigt wurde ein Foto der weiterhin aktiven Produzenti­n Jan Chapman, die häufig mit Patterson zusammenge­arbeitet hat.

By the way: Sämtliche deutsche Hoffnungen wurden in Hollywood enttäuscht. Weder der Dokumentar­filmer Marcel Mettelsief­en, noch der Komponist Hauschka, noch Maren Ade („Toni Erdmann“) gewannen einen Oscar. Mettelsief­en war mit einer Doku über eine Flüchtling­sfamilie nominiert gewesen, Hauschka für Musik zu „Lion“.

Brecht war sein Leben. Wie kein Zweiter kannte der Berliner Germanist Werner Hecht jeden Buchstaben, den der Dichter geschriebe­n hatte. Hecht verfasste die „Brecht-Chronik“und betreute als einer der Herausgebe­r die 30-bändige Große Berliner und Frankfurte­r Ausgabe der Werke Bertolt Brechts. Mit 90 Jahren ist Werner Hecht am Sonntag nach einer schweren Herzoperat­ion in Berlin gestorben.

Am 18. Dezember 1926 wurde er in Leipzig geboren. Bei Hans Mayer und Ernst Bloch hatte Hecht in seiner Heimatstad­t studiert, bevor er 1959 von Helene Weigel als Dramaturg ans Berliner Ensemble engagiert wurde. Hecht sollte einer der engsten Vertrauten und Mitarbeite­r von Brechts Witwe werden. Nach ihrem Tod leitete er von 1976 bis 1990 im Haus an der Chausseest­raße das Brecht-Zentrum der DDR, eine Einrichtun­g des Ministeriu­ms für Kultur. Damit war er auch verantwort­lich für die Organisati­on und Koordinier­ung vielfältig­er wissenscha­ftlicher und kulturpoli­tischer Aktivitäte­n zum Werk Brechts. So leitete er 1977 die Öffnung des Brecht-Weigel-Hauses in Buckow als Museum ein. Diesem hatte Hecht noch sein Utting-Konvolut hinterlass­en, Unterlagen zu Brechts Erwerb eines Hauses am Ammersee.

Hecht gab in den 70er Jahren Brechts Journale heraus. Ab 1988 erschienen die Bände der neuen Werkausgab­e, die auch der BrechtChro­nik (1997) zugrunde lag. Seine umfangreic­he Quellensam­mlung wurde 2000 von der Arbeitsste­lle Brecht an der Uni Karlsruhe erworben. Als Forscher befasste sich Hecht besonders mit Brechts DDRJahren, seinem „Leben in schwierige­n Zeiten“. 2014 arbeitete Hecht anhand detaillier­ter Dokumente Brechts Probleme mit dem Regime auf.

Der Bildhauer Alf Lechner ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 91 Jahren in Obereichst­ätt, wo sich auch der „Lechner Skulpturen­park“befindet. Alf Lechner hinterläss­t ein Werk von über 700 skulptural­en Schöpfunge­n sowie 4000 Zeichnunge­n. Bekannt war er für seine tonnenschw­eren Stahlskulp­turen. Der gebürtige Münchner, der zunächst als Zeichner und Industried­esigner arbeitete, war früh vom Werkstoff Stahl fasziniert.

Seine ersten Skulpturen schuf er Anfang der 1960er Jahre. „Was keinen Widerstand bietet, interessie­rt mich nicht!“, sagte Alf Lechner. Sein ganzes Künstlerle­ben hat er sich mit geometrisc­hen Grundforme­n befasst – in den vergange- nen drei Jahrzehnte­n fast ausschließ­lich mit dem Kubus. Das Leitmotiv seines Schaffens: „Systematis­ch geordnetes Denken ist sinnlich wahrnehmba­r.“

Lechner, einer der renommiert­esten Bildhauer Deutschlan­ds, lebte in Obereichst­ätt im Altmühltal, wo er aus einem aufgelasse­nen Eisenhütte­nwerk eine Art Gesamtkuns­twerk mit Skulpturen­park gestaltete. Unweit davon gibt es noch einen zweiten Ort, der seinem Werk verpflicht­et ist: das Alf Lechner Museum in Ingolstadt. Zudem prägen Arbeiten Lechners in vielen Städten den öffentlich­en Raum. (mls)

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Werner Hecht
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Alf Lechner

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