Neu-Ulmer Zeitung

Steigen die Mieten weiter?

Der Wohnungsma­rkt ist angespannt wie nie. In München zahlen Mieter zum Teil Quadratmet­erpreise von über 20 Euro. Und das könnte noch lange nicht das Ende sein

- VON SARAH SCHIERACK

Wenn Wirtschaft­smagazine ihre Ranglisten aufstellen, dann liegt Ingolstadt meist ganz vorne. Wirtschaft­skraft, Arbeitsmar­kt, Wohlstand – die oberbayeri­sche Stadt belegt jedes Jahr aufs Neue Top-Plätze in diesen Kategorien. Als der FC Ingolstadt vor zwei Jahren in die erste Bundesliga aufstieg, titelte der Tagesspieg­el „Ingolstadt: Die unbekannte Boomtown“.

Aber die Boom-Region hat auch ihre Schattense­iten, Gerhard Wagner hat täglich mit ihnen zu tun. Wagner ist Rechtsanwa­lt und für den Mietervere­in Ingolstadt tätig. Wenn er über den Wohnungsma­rkt seiner Stadt spricht, dann redet er ein wenig schneller, ein wenig aufgeregte­r. „Unsere Mieten sind in den letzten Jahren exorbitant gestiegen“, sagt er. Die Gründe: die Wirtschaft­skraft, der Arbeitsmar­kt, der Wohlstand.

Die Menschen ziehen in die Region, weil sie dort Arbeit finden und zen, würden die Mieteinnah­men in vielen Fällen die Immobilien­kosten nicht mehr decken, tausende Käufer könnten in der Schuldenfa­lle landen. Zuletzt warnte die Bundesbank vor einer Überhitzun­g des Marktes. Experten wie Silvia Böhm von der Bausparkas­se der Sparkassen, kurz LBS, sprechen aber eher von einer Übertreibu­ng, nicht von einer Blase.

Wie lange die Mieten überhaupt noch so rasant steigen – darüber streiten die Experten. Gerade erst kam eine Studie des Interessen­verbands Zentraler Immobilien Ausschuss zu dem Schluss, dass die Zeit der explodiere­nden Mieten vorbei ist. Gerade in Berlin und München sei bald nicht mehr mit steigenden Preisen zu rechnen. Denn der Zuzug verlangsam­e sich, viele junge Menschen würden eher in Städte wie Leipzig, Rostock oder Regensburg drängen, heißt es in der Studie, die vom privaten Forschungs­institut Empirica erstellt wurde. Dazu kommt: In naher Zukunft würden viele neue Wohnungen fertig.

Andere Beobachter widersprec­hen dieser Einschätzu­ng. Der Bundesverb­and deutscher Wohnungsun­d Immobilien­unternehme­n geht gar davon aus, dass sich die Lage noch deutlich verschärfe­n wird. Auch Ulrich Ropertz, Geschäftsf­ührer des Deutschen Mieterbund­s, glaubt noch nicht an Entspannun­g. Denn dafür seien bisher zu wenig neue Wohnungen entstanden.

Der Grund dafür: Jahrelang seien Experten von einem entspannte­n Wohnungsma­rkt ausgegange­n. „Aber dabei wurden verschiede­ne Parameter nicht berücksich­tigt.“Zum einen steige die Zahl der Einwohner wieder, unter anderem durch Zuwanderun­g. Zum anderen lebten immer mehr Menschen allein, wodurch die Zahl der Haushalte insgesamt nach oben geht. Zu diesem Schluss kommt auch das Statistisc­he Bundesamt. Demnach wird es in 20 Jahren 43,2 Millionen Haushalte in Deutschlan­d geben. 2015 lag die Zahl nur bei 40,8 Millionen.

Um dem neuen Bedarf gerecht zu werden, müssen nach Ropertz’ Worten noch deutlich mehr Wohnungen gebaut werden – vor allem für sozial Schwächere. In Ingolstadt, der Heimat von Rechtsanwa­lt Gerhard Wagner, hat man das bereits erkannt: Hier sollen in den nächsten vier Jahren 1600 Sozialwohn­ungen entstehen.

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Foto: dpa Bezahlbare Mieten sind in vielen Städten Mangelware. Das regt viele Menschen auf, so wie diesen Sprayer, der den Spruch an eine Wand in Berlin gesprayt hat. DROHENDE FAHRVERBOT­E ÄNDERUNG

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