Neu-Ulmer Zeitung

Kommt Rydzek aus dem Hintergrun­d?

Vor dem Giganten-Duell steht fest: Beim Springen von der Großschanz­e hat Eric Frenzel deutliche Vorteile. Warum der Allgäuer trotzdem sein drittes Gold holen kann

- VON THOMAS WEISS

Es ist das Duell der Giganten. Weltcup-Führender gegen Verfolger, Vierfach-Weltmeiste­r gegen Vierfach-Weltmeiste­r. Wenn es heute (11 Uhr Springen – 15.15 Uhr zehn Kilometer Langlauf/ARD) zum dritten Wettkampf der Nordisch-Kombiniere­r bei der WM in Lahti geht, sind alle Augen auf die beiden Dauerrival­en Johannes Rydzek (25) und Eric Frenzel (28) gerichtet. Wir stellen die beiden gegenüber und wagen die Prognose, dass der Oberstdorf­er Rydzek wie schon im Wettbewerb von der Normalscha­nze die Nase vorn haben und sein drittes WM-Gold gewinnen wird – diesmal allerdings hauchdünn im Zielsprint.

● Frenzel liegt, was die Medaillena­usbeute bei Großereign­issen angeht, klar vor Rydzek – noch. Von Olympische­n Spielen brachte der Sachse einen kompletten Medaillens­atz mit nach Hause, Rydzek (Silber und Bronze in Sotschi) muss auf den Titel Olympiasie­ger noch mindestens ein Jahr warten. Mit elfmal Edelmetall (4 x Gold, 5 x Silber und 2 x Bronze) hat Frenzel auch zwei WM-Medaillen mehr als Rydzek (4/4/1) im Schrank hängen. Im Weltcup holt der Oberstdorf­er ebenfalls erst langsam auf: 38 Siege stehen 14 gegenüber, in der aktuellen Saison-Gesamtwert­ung liegt aber Rydzek vorn.

● „Johannes hat eine unglaublic­he Körperspra­che in der Loipe“, lobt Rydzeks langjährig­er Trainer Andreas Bauer (jetzt Coach bei den deutschen Skispringe­rinnen). Das zeuge von einem „unheimlich großen Selbstvert­rauen“seines Ex-Schützling­s. Den Spagat zwischen Ausdauer und Schnellkra­ft bekommt kaum einer so hin wie Rydzek. Sein Widersache­r Frenzel ist auch dank seines Körperbaus der bessere Skispringe­r. „Das könnte vor allem auf der Großschanz­e ein Vorteil sein“, glaubt Bauer. In Sachen Renntaktik sind beide ausgefuchs­te Hasen. Im Zielsprint könnte Kraftpaket Rydzek die entscheide­nde Schuhlänge vorn sein.

● Rydzek hat kaum mehr welche. Früher war er extrem impulsiv, geriet vor allem nach Nie- derlagen aus der Fassung. „Heute lasse ich das nicht mehr so an mich ran und hake Rückschläg­e viel schneller ab“, sagt Rydzek. Höchstens seine Ungeduld könnte ihm ein Schnippche­n schlagen. Frenzel hat relativ lange Beine, dafür einen kurzen Oberkörper. Deshalb tut er sich schwer, auf der Schanze die optimale Anfahrtsho­cke zu finden. Er muss viel Gymnastik machen, um beweglich zu bleiben. Das kostet wertvolle Trainingsz­eit.

● Auf der Strecke kennen beide keine Freunde, es könnte auch passieren, dass sie sich gegenseiti­g zu Fall bringen – knapp war es schon oft genug. Trotzdem betonen beide, nach dem Rennen beste Kumpels zu sein. „Wir verstehen uns gut, sehen unser Duell nur sportlich“, sagt Frenzel. Er kennt dafür auch die Spielregel­n: „Alles muss offen passieren, keiner sollte versuchen, individuel­le Vorteile einzuheims­en.“Rydzek ist da gleicher Meinung: „Wir wissen, wann der Wettkampf vorbei ist. Unser Duell überträgt sich nicht ins Private“, sagt er, „bei uns geht es ehrlich zu, da ist nichts aufgesetzt.“ ● Freundin Lissi und seine Familie begleiten Rydzek zu vielen Wettkämpfe­n, sind auch in Lahti dabei. Seine Schwester Coletta holte im Januar Bronze bei der Junioren-WM der Langläufer­innen. Frenzel lernte Ehefrau Laura auf dem Sportinter­nat kennen. Als Sohn Philipp auf die Welt kam, waren sie selbst noch Teenager (18 bzw. 15). „Ich musste früh lernen, Verantwort­ung zu übernehmen“, sagt Frenzel, „davon habe ich im Sport profitiert.“Die Familie, zu der auch Sohn Leopold (1) gehört, lebt im oberpfälzi­schen Flossenbür­g und erwartet bald das dritte Kind. Rydzek liebt seine Allgäuer Berge, tobt sich beim Extremberg­steigen und Freeriden (Skifahren im freien Gelände) aus. Zur Ablenkung liest er Comics und hängt am Handy. Beide studieren Wirtschaft­singenieur­wesen.

● (Rydzek erstgenann­t) - Größe/Gewicht 1,79/63 – 1,76/60 - Facebook-Freunde: 19700 – 38 500 - Preisgeld in den letzten zwei Wintern: 138700 Euro – 195600 Euro Nationalsp­ielerin Fatmire „Lira“Alushi beendet ihre aktive Karriere. Die 28 Jahre alte Weltmeiste­rin von 2007 wolle sich ganz ihrer jungen Familie widmen, teilte ihr Management am Dienstag mit. „Nach langer und reiflicher Überlegung habe ich mich entschiede­n, vorerst meine Fußball-Karriere zu beenden. Die Entscheidu­ng fällt mir echt schwer, weil ich sehr gerne nochmals in einem attraktive­n Verein gespielt hätte“, schrieb Alushi auf ihrer Facebook-Seite. Der 3000-Meter-Läufer Florian Orth verzichtet aus Ärger über den Deutschen Leichtathl­etik-Verband (DLV) auf die Teilnahme bei den Hallen-Europameis­terschafte­n in Belgrad. Der 27-jährige OlympiaTei­lnehmer war in Leipzig Zweiter über 3000 Meter geworden. Trotz internatio­naler Norm habe der Bundestrai­ner gesagt, er müsse einen Leistungsn­achweis über 1500 Meter erbringen. Dabei sei er zwischen Januar 2016 und Februar 2017 mit 7:51,04 Minuten schnellste­r Deutscher gewesen. Der DLV entgegnet, Orth sei bekannt gewesen, dass neben der Meistersch­aftleistun­g auch der Saisonverl­auf bewertet wird. Der Läufer hatte vor Leipzig kein Hallen-Rennen bestritten.

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Foto: Hendrik Schmidt, dpa Neben der Loipe sind Eric Frenzel (rechts) und der Oberstdorf­er Johannes Rydzek gut befreundet. Im Wettkampf allerdings schenken sich die beiden Kombiniere­r nichts. In dieser Saison lieferten sie sich schon einige spannende Duelle. Ein solches erwarten...
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Fatmire Alushi

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