Bürgerinitiative macht „Schluss mit dem Schmusekurs“
Befürworter der Babystation attackieren die Wirtschaftsprüfer. Regierung von Schwaben kann noch nicht beurteilen, ob der Bürgerentscheid Bestand hat oder nicht
Muss der Bürgerentscheid für die Babystation im Illertisser Krankenhaus umgesetzt werden oder wird er gekippt? Um diese Frage zu beantworten, soll nun die Regierung von Schwaben eine Stellungnahme abgeben. Das hat der Krankenhausausschuss vor gut vier Wochen so entschieden, allerdings konnten sich die Fachleute in Augsburg noch nicht mit dem Thema befassen, denn ihnen fehlt noch ein Teil der dafür notwendigen Unterlagen. Unterdessen ist die Bürgerinitiative „Geboren im Süden“nicht untätig geblieben, sie hat ihrerseits gestern an die Regierung geschrieben und kritische Fragen gestellt. Darin wurde jetzt auch erstmals öffentlich gemacht, wie viel Geld die Wirtschaftsprüfer von KPMG für ihre Arbeit bekommen.
„Schluss mit dem Schmusekurs“, lautet die Parole, die Wolfgang Karger als Sprecher der Initiative gegenüber unserer Zeitung ausgegeben hat. Mit dem Schreiben an die wollen es die Kämpfer für die Illertisser Babystation nicht belassen: Sie machen jetzt die Bürgermeister der Süd-Gemeinden mobil. Die treffen sich nächste Woche in Illertissen, um darüber zu beraten, wie nicht nur die Geburtshilfe an der Illertalklinik gerettet werden kann, sondern das gesamte Krankenhaus.
Wie berichtet, will der Landkreis Neu-Ulm von der Regierung wissen, ob der Bürgerentscheid für die Illertisser Geburtshilfe tatsächlich vollzogen werden muss, da mittlerweile eine völlig neue Lage eingetreten sei: Die Verluste der Stiftungsklinken lagen in den vergangenen beiden Jahren deutlich höher, als das bis zum Zeitpunkt der Volksabstimmung bekannt war.
Doch offenbar sind in Augsburg noch nicht alle nötigen Unterlagen eingegangen, wie Regierungssprecher Karl-Heinz Meyer gestern auf Nachfrage unserer Zeitung sagte. Eine Prüfung des Sachverhalts sei daher bis jetzt nicht möglich gewesen: „Erst muss alles auf den Tisch.“ Wie lange die Augsburger Juristen über den Unterlagen brüten werden, bis sie zu einer Einschätzung der Lage kommen, mochte Meyer nicht sagen. Es solle jedoch eine „zeitnahe Entscheidung“geben.
In ihrem Schreiben an die Regierung wirft die Bürgerinitiative der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die für den Landkreis eine umfassende Klinikstrukturreform erarbeiten soll, vor, sie habe die Geburtshilfe kaputtgerechnet. So formuliert es Karger. Von KPMG seien Maximalforderungen für den Betrieb einer Geburtshilfestation aufgestellt worden. Die Berater kommen zum Ergebnis, es seien 79 Vollzeitstellen notwendig, um die Babystation als sogenannte Hauptabteilung betreiben zu können. Das bedeutet bis zu 97 Beschäftigte. In dem Schreiben der Initiative an die Regierung heißt es: „Hinsichtlich der personellen Ausstattung haben unsere Recherchen ergeben, dass ein solcher Personalschlüssel in keiner einzigen Geburtshilfe in Deutschland vorgehalten wird, beiRegierung spielsweise auch nicht an der geburtshilflichen Hauptabteilung am Kreiskrankenhaus Günzburg, mit der wir in Kontakt stehen.“Die Berechnungen von KPMG zielten „ganz klar darauf ab, dass jedwede Bemühungen, die Geburtshilfe neu zu installieren, von vorneherein unmöglich werden.“
Anrüchig findet die Initiative, dass nach ihren Informationen die Beratungsgesellschaft im Vorfeld des Bürgerentscheids im Oktober „den Wahlkampf der Kreistagsfraktionen für das Ratsbegehren finanziell unterstützt haben soll“.
Apropos Finanzen: Nach Berechnungen der Bürgerinitiative hat der Landkreis Neu-Ulm an KPMG bereits 700000 Euro gezahlt. Zusammen mit den Honoraren für die Berater Ralf Pinnau und die Berliner Peretinos AG summierten sich die Honorare bisher auf rund 1,1 Millionen Euro. Auf Nachfrage wollte Kreis-Sprecher Jürgen Bigelmayr, zum KPMG-Auftragsvolumen keine Angaben machen. Gestern liefen dazu noch Verhandlungen.