Steuergelder selbst für Kassenknüller
Müssen massentaugliche Komödien wie „Fack ju Göhte“und sogar Hollywood-Produktionen finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln erhalten? Warum die deutsche Filmförderung den Erfolg belohnt
Die deutsche Filmförderung hat etliche scharfe Kritiker, die ihr regelmäßig skandalöse Verschwendung von Steuergeldern vorwerfen. Und Kopfschütteln gibt es immer wieder auch im Bund der Steuerzahler. Etwa 2015, als der Film „Fack ju Göhte 2“ins Kino kam. Weil der Deutsche Filmförderfonds (DFFF) diese Fortsetzung eines der erfolgreichsten deutschen Filme mit 1,24 Millionen Euro unterstützte – und zwar aus Steuergeldern.
Doch nicht nur das. Für die Herstellung des Filmes erhielt die Produktionsfirma noch weiteres Geld, unter anderem von der Filmförderungsanstalt (FFA). Dabei war dieser Film über einen ehemaligen Bankräuber, der eine Gesamtschulklasse unterrichtet, von Anfang an auf kommerziellen Erfolg ausgerichtet. Fast 7,7 Millionen Zuschauer hat er dann auch ins Kino gelockt. Und zur Belohnung stellte die FFA der Produktionsfirma 2016 noch einmal zwei Millionen Euro bereit – als sogenannte Referenzfilmförderung, die erfolgreichen Filmen zusteht. Dieses Geld muss allerdings in eine neue Produktion fließen.
Aber braucht „Fack ju Göhte 3“, der 2017 gedreht wird, dieses Startkapital tatsächlich? Wäre die neuerliche Fortsetzung nicht ohnehin nach dem Gewinn mit Teil 2 gekommen? Ist der deutsche Filmförderfonds überhaupt dazu da, SchülerKomödien zu bezuschussen?
Schnitt. Knapp scheinen die Fördergelder für Filme mit kulturellem Anspruch und bedenkenswerter Botschaft. Zwar erhält auch der Dokumentarfilmer und Produzent Valentin Thurn aus demselben Fördertopf einen Zuschuss für künftige Projekte. Qualifiziert hat er sich mit dem Dokumentarfilm „10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?“, der sich mit der ansteigenden Weltbevölkerung beschäftigt. Aber bei Thurn beläuft sich die Fördersumme auf nur rund 72 000 Euro. Dabei sei es absolut nicht möglich, solch eine Dokumentation ohne Fördergelder zu drehen – so der Filmemacher. Dass Spielfilme höhere Zuschüsse bekommen sollten, gesteht Thurn sogar zu. Gleichwohl sei die Frage zu stellen, wofür genau das Fördersystem eigentlich existiere.
Die erfolgreichen Produzenten und Filmschaffenden selbst sind selbstverständlich nicht der Meinung, dass sie für ihre Projekte zu viel Geld erhalten. Und sie dürfen sich jetzt noch mehr freuen: Kulturstaatsministerin Monika Grütters verkündete jüngst: Der Deutsche Filmförderfonds wird von 50 Mil- lionen Euro in 2016 auf 75 Millionen 2017 aufgestockt. Das solle den Filmstandort Deutschland stärken – weitere Erhöhungen seien nicht ausgeschlossen. Gleichzeitig gilt: Von diesem Geld profitieren nicht nur deutsche, sondern auch internationale Produktionen, so sie zumindest teilweise in Deutschland gedreht werden. Die deutsch-amerikanische Co-Produktion „A Cure for Wellness“beispielsweise erhielt 2015 die höchste DFFF-Fördersumme von 8,1 Millionen Euro.
Ein aktuelles Beispiel mit ebenfalls hoher Fördersumme ist die Komödie „Vier gegen die Bank“, zu Weihnachten 2016 in die Kinos gekommen. Die vier, das sind Til Schweiger, Matthias Schweighöfer, Michael Herbig und Jan Josef Liefers. Zusammen überfallen sie im Film lustigerweise eine Bank. Auch hier gilt: Eine Komödie mit solch prominenter Besetzung hat an sich gute Voraussetzungen, eine Menge Zuschauer in die Kinos zu locken. „Vier gegen die Bank“erhielt 1,9 Millionen Euro aus dem DFFF, hinzu kamen 500 000 Euro der FFA und weitere 800 000 Euro vom Medienboard Berlin-Brandenburg, einer regionalen Filmförderung mit Sitz in Potsdam. Macht summa summarum 3,2 Millionen.
Das jedoch ist nötig, sagt Jens Steinbrenner von der Produzentenallianz – und wird grundsätzlich: bei einem geschätzten Budget von 13 Millionen Euro wirtschaftlich gesehen dennoch ein Flop.
Auch an billigeren erfolgreichen Filmen würde in der Regel „ nur der Verleih Geld verdienen, wenn überhaupt“, sagt Steinbrenner. Der Grund dafür sei das Finanzierungssystem hierzulande. Deutsche Produktionsfirmen hätten kaum Eigenkapital. Deshalb werde normalerweise knapp die Hälfte des Budgets von Verleihern – zum Beispiel Warner Bros. oder Universal Pictures – als sogenannte Minimumgarantie finanziert. Erst wenn der Verleiher diese Minimumgarantie und die Verleihvorkosten für Werbung und Distribution eingespielt hat, werde die Produktionsfirma am weiteren Gewinn beteiligt. Die meisten Filme, die an der Kinokasse erfolgreich sind, zahlten sich für Produzenten erst aus, wenn der fehlende Betrag etwa durch TV-Vermarktung und DVD-Verkauf zusammenkomme. Überflieger wie Fack ju Göhte gebe es, sie blieben aber die Ausnahme.
Immerhin stammt nur ein Teil der Filmförderungen aus Steuergeldern. Der DFFF setzt sich komplett aus öffentlichen Geldern zusammen, doch die Finanzierung regionaler Filmförderanstalten ist unterschiedlich: Der FilmFernsehFonds Bayern etwa ist eine GmbH, deren Gesellschafter der Freistaat und die Landeszentrale für Neue Medien sind – plus öffentlich-rechtliche Sender wie ZDF und BR sowie private Fernsehanbieter wie ProSieben, Sat.1 und RTL. Ein Mix aus Steuern, Rundfunkbeitrag und Wirtschaftsinvestitionen fließt zusammen. Dagegen stammt der Haushalt der FFA aus der Branche selbst: Kinobetreiber, Videowirtschaft und Fernsehsender zahlen eine Abgabe an die Förderanstalt. Ein Teil der Fördermittel der FFA sind auch bedingt zurückzahlungspflichtige Darlehen. Das heißt: Macht ein Produzent Gewinn, muss er Fördermittel erstatten. Und dies wird auch erwartet: Die Produktionen „sollten wirtschaftlichen Erfolg haben“, sagt Thomas Schulz von der Filmförderungsanstalt, „die FFA ist dazu da, deutsche Filme zu fördern, die die Leute interessieren“.
Jene erwähnte Referenzfilmförderung, die „Fack ju Göhte 2“noch einmal zwei Millionen Euro von der FFA eingebracht hatte, ist laut Schulz ein „Belohnungsförderungssystem“. Der Zuschuss muss nicht zurückgezahlt werden, jedoch in eine neue Produktion fließen. Seine Höhe bemisst sich nach einem Punktesystem. Gewertet werden nicht nur Zuschauerzahlen, sondern auch Filmpreise und Festivalauftritte – damit auch Filme von kulturellem Anspruch eine Chance auf Zuschuss haben. Der Deutsche Filmpreis etwa bringt so viele Punkte wie 200000 Zuschauer. Schulz: „Das Geld soll einen Produzenten dazu befähigen, neue Filme zu entwickeln, die wieder Erfolg im Kino versprechen.“
Und so wird es auch künftig sowohl bei den Förderumständen als auch bei der deutlichen Kritik an der deutschen Filmförderung bleiben: Weniger aus kulturellen, viel mehr aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus unterstützt der Staat aus Steuergeldern finanziell erfolgreiche Filme. Das System soll eine Winwin-Situation für Filmschaffende und Staat schaffen. Denn an einem Dreh sind ungezählte Menschen beteiligt, die ein Gehalt bekommen und Abgaben zahlen.
Letztlich sollen die Steuereinnahmen die Ausgaben übertreffen. Ohne Förderung aber besteht die Gefahr, dass weniger Filme in Deutschland entstehen. Für die Entschlüsselung des Albumtitels reicht das kleine Latinum, und das Ergebnis zeigt klar Natalia Mateos Richtung: „De Profundis“bedeutet „Aus der Tiefe“. Sie geht tatsächlich dahin, wo es mitunter wehtut und kein populistischer Blumentopf zu gewinnen ist. Das kann man bei jemandem, der erst 2016 den Echo Jazz als Nachwuchskünstlerin erhielt, nicht automatisch voraussetzen. Die 33-Jährige präsentiert hintergründige Eigenkompositionen sowie eine schlaue Auswahl von Lieblingssongs. Und sie singt auch auf Polnisch, der Sprache ihres Geburtslandes, viel sogar. Für ihre eigenständige Rezeptur aus modernem Jazz, slawischer Folklore und SingerSongwriter-Ästhetik braucht es Raum, den ihre Band wie auf dem Vorgänger „Heart Of Darkness“auch bereitstellt. Mateo fordert vom Hörer Geduld bei dieser hochemotionalen Berg-und-Tal-Fahrt über kantige, melancholische, laute und leise Erhebungen. (rk-) **** *
Act
Dass der Augsburger Sopransaxofonist und Bassklarinettist Christian Elin eine akademische Ausbildung genoss, dass er der Neuen Musik und dem Jazz gleichermaßen nahesteht, dies bleibt unverkennbar in Schönklang-Tonbildung und intelligenter Kompositionsstruktur auf seiner neuen CD „Some kind of blues“, die er zusammen mit dem begnadeten Piano-Rhythmiker Maruan Sakas aufnahm. Hier tönt präzis gesetzter Composer-Jazz, durchdacht aber nicht gekünstelt elaboriert, melodiebetont, aber nicht einfältig emotional. Christian Elin bewegt sich schlafwandle- risch sicher durch die gut fünf Okta- ven zwischen dem tiefsten Instrument der Klarinettenfamilie bis zum höchsten Instrument der Saxofonfamilie – und wenn hier schlafwandlerisch steht, so ist damit auch die häufig träumerische, kontemplative Gestimmtheit angesprochen, die seiner Cantus-firmus-Entwicklung innewohnt. Das Piano ist ihm Stütze und Dialog-(Wider-)Partner. (rh) **** *
raccanto