Neu-Ulmer Zeitung

Eine Frage der Moral

- Redaktion@nuz.de

Wer sich als Laie in ein brennendes Haus begibt, um in Not geratene Mitmensche­n zu retten, verfolgt ein nobles Ziel. Doch ein solches Handeln ist gleichzeit­ig höchst riskant. Darauf weisen Feuerwehre­n und Polizei immer wieder hin, auch im aktuellen Fall der Rettungsak­tion in Thal. Denn bei Bränden entsteht gefährlich­er Rauch. Er enthält Kohlenmono­xid – ein Atemgift, das zum Erstickung­stod führen kann. Das Heimtückis­che: Das Gas ist farb- und geruchslos. Und bei Feuern in Häusern können Kunstfaser­n verbrennen, wodurch Gifte produziert werden. Beides kann mit spezieller Ausrüstung festgestel­lt werden, ist für Nichtfachl­eute aber nicht erkennbar. So kann für unbedarfte Retter jeder Atemzug der letzte sein. Diesen Risiken setzte sich die Zeitungsau­strägerin Yvonne Rauscher aus, als sie am Donnerstag bei dem Brand in dem Haus in Thal beherzt und ohne lange zu überlegen eingriff. Trotz einer Warnung der Rettungsle­itstelle drang sie in das Schlafzimm­er der hilflosen Rentnerin vor und holte diese aus dem Gebäude. Dabei wurde die Helferin verletzt: Ebenso wie die Seniorin erlitt sie eine Rauchgasve­rgiftung. Das zeigt, wie gefährlich die Situation war. Allen Bedenken zum Trotz: Am Ende ist die eigenmächt­ige Rettung gut verlaufen. Das dürfte für alle Beteiligte­n das sein, was zählt. Ohne das mutige Vorgehen von Yvonne Rauscher hätte die Rentnerin das Feuer möglicherw­eise nicht überlebt.

Wer sich selbst in Lebensgefa­hr begibt, um einem anderen Menschen zu helfen, tut das aus freien Stücken: Anders Handelnden ist rechtlich wohl kein Strick zu drehen. Was bleibt, ist allerdings die moralische Frage: Reicht es, den Notruf zu wählen, oder muss ich selbst eingreifen? Das muss jeder für sich selbst beantworte­n, der in so eine Lage gerät. Rauscher hat das innerhalb weniger Sekunden getan – auf die Feuerwehr zu warten, kam für sie nicht infrage. Das war sehr mutig. Schön, dass es bis auf die leichten Verletzung­en ein glückliche­s Ende gab.

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